Zweite Lektion

Übungssätze (auswendig zu lernen!):

Na jatāhi na gottena na jaccā
Nicht durch Haarflechten nicht durch Familie nicht durch Kaste
hoti brāhmaṇo yamhi saccañ ca dhammo
wird (man) ein Brahmane, bei welchem Wahrheit sowohl Recht
ca so sucī so ca brāmaṇo.
als auch dieser rein dieser und ein Brahmane. (Dhp 393)

Udakaṃ hi nayanti nettikā
Das Wasser nämlich führen die Brunnenbauer,
usukārā namayanti tejanaṃ
die Pfeilschmiede biegen den Pfeil
dāruṃ namayanti tacchakā
das Holz biegen die Zimmerleute,
attānaṃ damayanti paṇḍitā.
sich selbst zähmen die Weisen. (Dhp 80)

Sabbe saṅkhārā aniccā
Alle Gebilde unbeständig
ti yadā paññāya passati
so wenn durch Weisheit er sieht,
atha nibbindatī dukkhe
dann er macht sich frei vom Leiden.
esa maggo visuddhiyā.
Dies (ist) der Weg zur Reinheit. (Dhp 277)

Sabbe saṅkhārā dukkhā ti yadā paññāya passati
atha nibbindatī dukkhe esa maggo visuddhiyā.
(Dhp 278)

Sabbe dhammā anattā ti yadā paññāya passati
atha nibbindatī dukkhe esa maggo visuddhiyā.
(Dhp 279)

Anmerkungen:
jaccā ist eine Zusammenziehung aus jātiyā.
Hier wurde wegen des Versmaßes das i weggelassen. Das übriggebliebene ty lautet wie cc.
In saccañ ca ist das auslautende ṃ an das folgende c angeglichen, also zum palatalen ñ geworden. sucī ist N sing von sucin.
attānaṃ ist A von attan. Erklärung für beides in der 3. Lektion.
ti oder iti bezeichnet den Schluss eines Zitates oder eines Objektsatzes, hat die selbe Bedeutung wie bei uns " " und bleibt unübersetzt.
In nibbindatī ist das i des Versmaßes wegen verlängert.
anattā ist N sing des Substantives anattan (Erklärung s. 3. Lektion). Dies ist wichtig! Der Sinn ist also nicht: Alle Dinge sind wesenlos (Adjektiv pl), sondern: Alle Dinge sind nicht das Selbst, nicht das Ich (Substantiv sing).

Übersetzung:
Nicht durch geflochtenes Haar, nicht durch Familienzugehörigkeit,
nicht durch die Kaste wird man ein Brahmane.
Bei wem Wahrheit und Recht (zu finden) ist,
der ist rein und der ist ein Brahmane.

Wasser leiten die Brunnenbauer, die Pfeilschmiede biegen den Pfeil,
Holz biegen die Zimmerleute, sich selbst zähmen die Weisen.
(Wortspiel: nayanti, namayanti, damayanti)

Alle Gebilde sind unbeständig. Wer dies in Weisheit schaut,
der wendet sich vom Leiden ab. Dies ist der Weg zur Läuterung.
Alle Gebilde sind leidvoll, unbefriedigend. Wer ...
Alle Dinge sind nicht das Ich. Wer ...

Vokabeln:
nayati Wz nī = führen dieses Verb erweitert den Wz-Vokal ī zu aya
namayati Wz nam = biegen, beugen
passati Wz pas = sehen
nibbindati Wz vid + Vorsilbe nir- = hinwegfinden, frei werden von, überdrüssig werden (mit L !)
Die Wz vid schaltet bei der Stammbildung n ein: vind; r+v=bb; bhavati (hoti) Wz bhū = werden, sein. Das ū der Wz wird bei der Stammbildung zu ava gedehnt. hoti ist eine häufige Nebenform, bei der das bh zu h verflüchtigt und ava zu o zusammengezogen wird.

gotta n = Familie dukkha n = Leiden, Plage, Pein
brāhmaṇa m = Brahmane dukkha (Adj) = unbefriedigend, leidvoll
sacca n = Wahrheit sucin (Adj) = rein
nettika m = Brunnenbauer tejana n = Pfeil
eso, esa, so m = dieser taccaka m = Zimmermann
sabbe pl = alle paṇḍita m = Gelehrter, Weiser
atha = dann yadā = wenn, wann
attan m = das Ich, Selbst an-attan m = das Nicht-Ich
udaka n = Wasser magga m = der Weg
usukārā m = Pfeilschmied visuddhi f = Reinheit, Lauterkeit
a-nicca = unbeständig, nicht ewig nicca = ewig, beständig
ca - ca (nachgestellt) = sowohl als auch, und  

 

i- und u- Deklination:
Substantive dieser Deklination, deren Stamm auf -i oder -u endet, sind männlich (z.B. aggi = Feuer, bhikkhu = Mönch) oder sächlich
(z.B. dāru = Holz, akkhi = Auge).

 
singular
plural
N
aggi
bhikkhu
aggayo, aggī
bhikkhavo, bhikkhū
G+D
aggino
bhikkhuno
aggīnaṃ
bhikkhūnaṃ
A
aggiṃ
bhikkhuṃ
aggayo, aggī
bhikkhavo, bhikkhū
I+Ab
agginā
bhikkhunā
aggīhi
bhikkhūhi
L
aggismiṃ,
bhikkhusmiṃ
aggīsu
bhikkhūsu
 
aggimhi,
bhikkhumhi
 
aggini

Die Sächlichen, der i- und u- Stämme haben im N sing, im A sing und im N pl und A pl je zwei Formen:

singular
plural
N A akkhi, akkhiṃ akkhīni, akkhī
N A dāru, dāruṃ dārūni, dārū

Im übrigen werden sie wie die Männlichen dekliniert.

ā- und i- Deklination:
Sustantive, deren Stamm auf -ā oder -i endet, sind weiblich.
(z.B. jaṭā = Haarflechte, jāti = Geburt, Kaste)

 
singular
plural
N
jaṭā
jāṭi
jaṭā, jaṭāyo
jāṭī, jāṭiyo
G
jaṭāya
jāṭiyā
jaṭānaṃ
jāṭīnaṃ
D
jaṭāya
jāṭiyā
jaṭānaṃ
jāṭīnaṃ
A
jaṭaṃ
jāṭiṃ
jaṭā, jaṭāyo
jāṭī, jāṭiyo
I
jaṭāya
jāṭiyā
jaṭāhi, jaṭābhi
jāṭīhi, jāṭībhi
Ab
jaṭāya
jāṭiyā
jaṭāhi, jaṭābhi
jāṭīhi, jāṭībhi
L
jaṭāya, jaṭāyaṃ
jāṭiyā, jāṭiyaṃ
jaṭāsu
jāṭīsu
V
jaṭe
jāṭi
jaṭā
jāṭī, jāṭiyo

Weibliche, deren Stamm auf -ī , -u oder -ū endet, werden ebenso dekliniert.

Deklination der Pronomina:
Relativpronomen yo = welcher, Fragepronomen ko = wer

singular
plural
m
f
n
m
f
n
N
yo
yaü
ye
yāni
G
yassa
yassā
yassa
yesaṃ
yāsaṃ
yesaṃ
D
yassa
yassā
yassa
yesaṃ
yāsaṃ
yesaṃ
A
yaṃ
yaṃ
yaṃ
ye
yāni
I
yena
yāya
yena
yehi
yāhi
yehi
Ab
yasmā
yāya
yasmā
yehi
yāhi
yehi
 
yamhā
yamhā
L
yasmiṃ
yassaṃ
yasmiṃ
yesu
yasu
yesu
 
yamhi
yamhi

ko (wer?) hat im Sächlichen N und A: kiṃ (was?) keinen Plural. Ansonsten wird es wie yo dekliniert.

Aus der Pronominaldeklination sind die Endungen -asmā und -amhā für den Ablativ und -asmiṃ und -amhi für den Lokativ in die Nominaldeklination, die Deklination der Substantive und Adjektive, m und n übergegangen. Es finden sich also neben Ab dhammā auch dhammasmā und dhammamhā, neben Ab verā auch verasmā und veramhā, neben L dhamme auch dhammasmiṃ und dhammamhi, neben L vere auch verasmiṃ und veramhi, ferner aggismā, aggimhā, bhikkhusmā, bhikkhumhā.

 

Lesestück:

Na jaṭāhi na gottena na jaccā hoti brāhmaṇo,
yamhi saccañ ca dhammo ca sucī so ca brāhmaṇo. (Dhp 293)

Udakaṃ hi nayanti nettikā, usukārā namayanti tejanaṃ,
dāruṃ namayanti tacchakā, attānaṃ damayanti paṇḍitā. (Dhp 80)

Sabbe saṅkhārā aniccā ti yadā paññāya passati,
atha nibbindatī dukkhe, esa maggo visuddhiyā. (Dhp 277)

Sabbe saṅkhārā dukkhā ti yadā paññāya passati,
atha nibbindatī dukkhe, esa maggo visuddhiyā. (Dhp 278)

Sabbe dhammā anattā ti yadā paññāya passati,
atha nibbindatī dukkhe, esa maggo visuddhiyā. (Dhp 279)