Fünfte Lektion

Übungsstück:
(Fortsetzung v. Milindapañha s. o.)

Opammaṃ karohī’ti. - Yathā mahārāja kocid eva
Gleichnis mache. Wenn Großkönig, irgend ein (eben)
puriso padīpaṃ padīpeyya, kiṃ so sabbarattiṃ
Mensch eine Lampe anzündete, (was) diese die ganze Nacht
dīpeyyā’ti. Āma bhante, sabbarattiṃ dīpeyyā’ti.
würde leuchten? Ja Herr, die ganze Nacht sie würde leuchten.
Kin nu kho mahārāja ya purime yāme
(Was) nun Großkönig, welche in der ersten Nachtwache
acci sā majjhime yāme accī’ti.
Flamme diese in der mittleren Nachtwache Flamme?
Na hi bhante ti. Yā majjhime yāme
Nein, (so) Herr. Welche in der mittleren Nachtwache
acci sā pacchime yāme accī’ti.
Flamme diese in der letzten Nachtwache Flamme?
Na hi bhante ti. Kin nu kho mahārāja añño
Nein, (so) Herr. (Was) nun Großkönig, eine andere
so ahosi purime yāme padīpo, añño
diese war in der ersten Nachtwache Lampe, eine andere
majjhime yāme padīpo, añño pacchime
in der mittleren Nachtwache Lampe, eine andere in der letzten
yāme padīpo ti? Na hi bhante, taṃ yeva nissāya
Nachtwache Lampe? Nein (so) Herr, auf diese eben gestützt
sabbarattiṃ padīpito’ti. Evaṃ eva kho mahārāja
die ganze Nacht sie hat geleuchtet. So eben nun Großkönig
dhammasantati sandahati, añño uppajjati
die Fortdauer der Dinge besteht, ein anderer entsteht,
añño nirujjhati, apubbaṃ acarimaṃ viya
ein anderer vergeht, nicht vorher nicht nachher als ob
sandahati, tena na ca so na ca añño
verhält es sich, darum weder dieser noch ein anderer
pacchimaviññāṇasaṃgahaṃ gacchatī’ti.
zum letzten Bewusstseinsmoment (so) geht.
Bhiyyo opammaṃ karohī’ti. Yathā mahārāja kīraṃ
Noch ein Gleichnis mache. Wenn Großkönig Milch
duyhamānaṃ kālantarena dadhi parivatteyya
frisch gemolkene mit der Zeit saure Milch sich verwandelte,
dadhito navanītaṃ, navanītato ghataṃ
aus der sauren Milch Butter, aus der Butter Schmalz
parivatteyya yo nu kho mahārāja evaṃ vadeyya
sich verwandelte, wer nun Großkönig so spräche
yaṃ yeva kīraṃ, taṃ yeva dadhi, taṃ yeva navanītaṃ
was eben Milch, was eben saure Milch, was eben Butter,
taṃ yeva ghatan, ti sammā nu kho mahārāja
das eben Butterschmalz, (so) richtig nun wohl Großkönig
vadamāno vadeyyā ti? Na hi bhante, taṃ yeva
redend er würde reden? Nein (so) Herr, auf das eben
nissāya sambhūtan’ti. Evaṃ eva kho mahārāja
gestützt (ist es) entstanden. So eben nun Großkönig
dhammasantati sandahati, añño uppajjati,
die Fortdauer der Dinge verhält sich, ein anderer entsteht,
añño nirujjhati, apubbaṃ acarimaṃ viya
ein anderer vergeht, wie nicht vorher nicht nachher gleichsam
sandahati tena na ca so na ca añño
verhält es sich, darum weder dieser, noch ein anderer
pacchimaviññāṇasaṃgahaṃ gacchatī’ti.
zum letzten Bewusstseinsmoment (so) geht.

Anmerkungen:
kocid: durch Anhängen von -ci an das Fragepronomen entsteht das unbestimmte Pronomen koci = irgend jemand, kiñci = irgend etwas.
Im Pāli enden alle Wörter mit einem Vokal oder Niggahītaṃ.
Die Schlusskonsonanten der älteren Sprache, ved + sans, sind weg gefallen. Manchmal erscheint aber noch die ältere Form eines Schluss-d vor anlautendem Vokal, z.B. bei kocid eva = irgend einer (wobei eva unübersetzt bleibt), etad avoca = dieses sagte er.
padīpeyya Wz dīp = leuchten, von einer Lampe.
Wenn an die Wz aya angefügt wird, entsteht der Kausativ, eine Verbform, die ausdrückt: bewirken, dass der in der Wz bezeichnete Vorgang geschieht. Dieses "aya" wird oft zu "e" zusammengezogen, wie "ava" zu "o" in hoti.
Die Vorsilbe pa- entspricht unserem "vorwärts" oder "hervor", drückt aber oft nur eine Verstärkung aus. Also dīpayati oder dīpeti = machen, dass etwas leuchtet, beleuchten, Licht entsenden; padīpeti = anzünden, brennen lassen; padīpeyya = er, sie, es möchte, könnte anzünden; padīpita ppp = angezündet, brennend.
dadhito und navanītato sind seltenere Formen des Ab
taṃ yeva ist eine andere Schreibweise für tañ ñeva (s. 4. Lektion)

Übersetzung:
"Mache ein Gleichnis!" "Wenn jemand eine Lampe anzündete, könnte diese wohl eine ganze Nacht brennen?" "Ja, Herr, sie könnte die ganze Nacht brennen." "Ist nun, großer König, die Flamme in der ersten Nachtwache die selbe, wie die Flamme in der mittleren Nachtwache?" "Nein, Herr." "Ist die Flamme in der mittleren Nachtwache die selbe, wie die Flamme in der letzten Nachtwache?" "Nein, Herr." "War nun, großer König, eine andere Lampe in der ersten Nachtwache da, eine andere in der mittleren Nachtwache da, eine andere in der letzten Nachtwache?" "Nein Herr, vermittels der selben (Lampe) hat das Licht die ganze Nacht gebrannt." "Genau so, großer König, verhält sich die Fortdauer der lebenden Wesen, ein anderer entsteht, ein anderer vergeht, sie besteht, als ob sie ununterbrochen (ohne vorher und nachher) wäre. Daher gelangt man nicht als der selbe, aber auch nicht als ein anderer zum letzten Bewusstseinsmoment."
"Mache noch ein Gleichnis!" "Wenn, großer König, frisch gemolkene Milch mit der Zeit sauer wird, wenn aus der sauren Milch Butter, aus der frischen Butter, Butterschmalz wird, und wenn nun, großer König, jemand sagte: 'was frische Milch ist, das selbe ist saure Milch, das selbe ist frische Butter, das selbe ist Butterschmalz', würde der so Redende, großer König, wohl recht reden?" "Nein Herr, vermittels jener ist es entstanden." "Genau eben so, großer König, verhält sich die Fortdauer der lebenden Wesen, der eine entsteht, der andere vergeht, sie besteht, als ob sie ununterbrochen wäre. Darum gelangt man nicht als der selbe, aber auch nicht als ein anderer zum letzten Bewusstseinsmoment."

 

Vokabeln:

sandahati Wz dhā = zusammensetzen verbinden, verhalten (wie)
nirujjhati Wz rudh = untergehen, vernichtet, aufgelöst werden
purisa m = Mensch, Person padīpa m = Lampe
parivattati Wz vatt = umwenden yāma m = Nachtwache
viññāṇa n = Bewusstsein acci f = Flamme
navanīta n = frische Butter khīra n = Milch
saṃgaha m = Zusammenfassung ghata n = Butterschmalz
santati f = Fortdauer dadhi n = saure Milch
antara n = das Innere āma = ja
kālantara n = Zeitraum kāla m = Zeit
yathā = wie, sobald als purima = früheste, erste
viya entspricht iva = wie, als wenn, als ob majjhima = mittlere
tena (I von taṃ) = durch das, darum pacchima = letzte
sambhūta ppp von Wz bhū + sam = hervorgebracht, entstanden
apubba acarima = nicht d. frühere (vorher), nicht d. spätere(nachher)

 

 

Konjugation Präsens indikativ von Wz as = sein

 
singular
präsens
1. Person asmi, amhi = ich bin asma, amha = wir sind
2. Person asi = du bist attha = ihr seid
3. Person atthi = er, sie, es ist santi = sie sind

Das Partizip präsens medii mit bald aktivischer, bald passivischer Bedeutung wird gebildet durch Anfügung von -māna an den Präsensstamm.
duyhati (pass.) = gemolken werden;
duyhamāna = gemolken werdend, bzw. (Milch,) die soeben gemolken wird;
vadati Wz vad = sagen, reden;
vadamāna = redend, einer, der redet.

Das Partizip perfekt passiv (ppp) wird gebildet durch Anfügung von -ta oder -na an die Wz des Verbes; -ta oft mit dem Bindevokal -i.
Bsp.: padīpita = angezündet; danta = gezähmt; kata = gemacht, getan
(von Wz kar = machen, wobei das r ausgestoßen wird)
gata = gegangen (von Wz gam = gehen)

Lesestück:
Opammaṃ karohī’ti.
Yathā mahārāja kocid eva puriso padīpaṃ padīpeyya, kiṃ so sabbarattiṃ dīpeyyā’ti.
Āma bhante, sabbarattiṃ dīpeyyā’ti.
Kin nu kho mahārāja yā purime yāme acci sā majjhime yāme accī’ti.
Na hi bhante ti. Yā majjhime yāme acci sā pacchime yāme accī’ti.
Na hi bhante ti. Kin nu kho mahārāja añño so ahosi purime yāme padīpo, añño majjhime yāme padīpo, añño pacchime yāme padīpo ti.
Na hi bhante, taṃ yeva nissāya sabbarattiṃ padīpito ti.
Evaṃ eva kho mahārāja dhammasantati sandahati, añño uppajjati añño nirujjhati, apubbaṃ acarimaṃ viya sandahati, tena na ca so na ca añño pacchimaviññāṇasaṃgahaṃ gacchatī’ti.
Bhiyyo opammaṃ karohī’ti.
Yathā mahārāja khīraṃ duyhamānaṃ kālantarena dadhi parivatteyya, dadhito navanītaṃ, navanītato ghataṃ parivatteyya, yo nu kho mahārāja evaṃ vadeyya: yaṃ yeva khīraṃ taṃ yeva dadhi, taṃ yeva navanītaṃ, taṃ yeva ghatan ti sammā nu kho mahārāja vadamāno vadeyyā ti. ---
Evaṃ eva kho mahārāja dhammasantati sandahati, añño uppajjati añño nirujjhati, apubbaṃ acarimaṃ viya sandahati, tena na ca so na ca añño pacchimaviññāṇasaṃgahaṃ gacchatī’ti.