Neunte Lektion

Übungssätze aus dem Mahāparinibbānasutta:

Yathā kho pan’ Ānanda etarahi bhikkhū aññamaññaṃ
Wie nun aber Ānanda jetzt die Mönche einer den anderen
āvusovādena samudācaranti, na vo mam’ accayena
Freund-Anrede anreden mit, nicht nach meinem Hinübergehen
evaṃ samudācaritabbaṃ, theratarena Ānanda bhikkhunā
so soll angeredet werden, vom Älteren, Ānanda, Mönch
navakataro bhikkhu nāmena vā gottena vā āvusovādena
jüngerer Mönch mit Namen oder mit Familie oder mit Freund
vā samudācaritabbo, navakatarena bhikkhunā therataro
oder anzureden von dem jüngeren Mönch der Ältere
bhikkhu bhante ti vā āyasmā ti vā samudācaritabbo.
Mönch mit Herr ist oder Ehrwürden ist anzureden.
Alaṃ Ānanda mā soci mā paridevi, na nu etaṃ Ānanda
Genug, Ānanda, nicht trauere, nicht wehklage, nicht nun dies Ānanda
mayā paṭigacc’ eva akkhātaṃ sabbeh’ eva piyehi
von mir früher schon erklärt, von allen eben Lieben
manāpehi nānābhāvo vinābhāvo
Angenehmen ein Verschieden-werden, Getrennt-werden,
aññathābhāvo, taṃ kut’ ettha Ānanda labbhā:
Anders-werden, das woher hier Ānanda, erreichbar
yaṃ taṃ jataṃ bhūtaṃ saṅkhataṃ palokadhammaṃ
das, was geboren, geworden, gestaltet, dem Zerfall unterworfen,
taṃ vata mā palujjīti, n’etaṃ ṭhānaṃ vijjati.
das wahrlich soll nicht zerfallen, nicht dieser Zustand wird gefunden.

Aus dem Udāna:
Acchijji vaṭṭaṃ, byāgā nirāsaṃ,
Abgeschnitten wurde das Rad, erreicht hat er die Wunschlosigkeit,
visukkhā saritā na sandati, chinnaṃ vaṭṭaṃ
vertrocknete Fluss nicht fließt, das abgeschnittene Rad
na vattati, es’ ev’ anto dukkhassa.
nicht rollt, dies eben das Ende des Leidens. (VII, 2)

Bhavavippahānāya kho pan’ idaṃ
Um von diesem Dasein loszukommen nun aber dieser
brahmacariyaṃ vussati.
Reinheitswandel wird gelebt. (III,10)

Anmerkungen:
byāgā = vyāgā = vi-ā-gā, Aorist von Wz gam = gehen d.h. fort- oder loskommen von; er ist losgekommen

Übersetzung:
Wie aber, Ānanda, die Mönche jetzt einander mit "lieber Freund" anreden, so sollt ihr euch nach meinem Hinscheiden nicht mehr anreden.
Von einem älteren Mönch soll ein jüngerer mit seinem (Vor-)Namen oder mit seinem Familien (namen) oder mit "lieber Freund" angeredet werden, von einem jüngeren Mönch soll ein älterer mit "Herr" oder mit "Ehrwürdiger" angeredet werden.
Genug, Ānanda, trauere nicht, weine nicht! Ist nicht von mir früher schon erklärt worden, dass alles, was uns lieb und angenehm ist, anders werden muss, dass wir uns von ihm trennen müssen, dass es sich verändern muss? Um wieviel weniger, Ānanda, wäre hier dies zu erlangen:
Das, was geboren, geworden, gestaltet, dem Verfall geweiht ist, das, wahrlich möge nicht zerfallen? Ein solcher Fall findet sich nicht. Um von dem Dasein loszukommen, führt man diesen reinen Lebenswandel.
Abgeschnitten ist das Rad (der Wiedergeburten), erreicht hat er die Wunschlosigkeit, der ausgetrocknete Fluss fließt nicht mehr,
das abgeschnittene Rad dreht sich nicht mehr.
Dies ist das Ende des Leidens.

Oder:
Das Rad ist zerbrochen, das Wünschen gestillt;
vertrocknet der Strom, kein Wasser mehr quillt.
Zerbroch’nes Rad kann nicht mehr sich drehen,
So musste das Leiden zu Ende gehen.

 

Vokabeln:

paridevati Wz div = klagen + pari = wehklagen bhāva m = Werden, Entstehen
cariya n = Lebenswandel Brahma~ = heiliger, reiner ~
bhavati Wz bhū = werden, sein ppp bhūta = geworden vinā = ohne, außer
kuto = woher, um wieviel weniger saritā f = Fluss
vinābhāva m = Ohne-Werden, d.h. Getrenntsein, Trennung etarahi = jetzt
ṭhāna n = Umstand, Zustand, Fall labbhā = erreichbar
visukkha = ausgetrocknet / vertrocknet nāma n = Name
accaya m = Tod, Hingehen alaṃ = genug
paloka n = Verfall, Zerbrechen nirāsa n = Wunschlosigkeit
paṭigacc’eva = vorsorglich, früher schon aññathā = anders, sonst
samudācarati Wz car = wandern, + sam-ud-ā = anreden aññaṃ = anders, außerdem
jāyati Wz jan = geboren werden ppp jāta = geboren aññe = die Anderen, der Rest
aññamaññaṃ = einander, wechselseitig añña (Pron) = anders
piya = lieb, angenehm, beliebt, geliebt, gern habend nānā = verschieden
socati Wz suc = trauern, betrauern Kummer leiden āvuso Anrede = lieber Freund
manāpa = den Geist gewinnend d.h. angenehm, reizend vāda m = Rede, Anrede
akkhāti Wz khyā = sehen + ā = sichtbar machen = bekanntgeben, verkünden
saṅkharoti Wz kar = machen + sam = zusammenmachen  
vippahāna n = Aufgeben, Fahrenlassen, Loskommen(von)  
vaṭṭati Wz vaṭṭ = kreisförmig, rund sich drehen, sich gehören
vaṭṭa n = Kreis, ~lauf, (Rad)  
! vattati = erfolgen, geschehen, vorgehen, bestehen  
vatteti = (Leben) führen (Macht) ausüben  

 

Steigerung der Adjektive:
Der Komperativ wird gebildet durch Anfügen von -tara an den Stamm.
Beispiele:
thera = alt wird zu theratara = älter
nava = neu wird zu navatara = neuer, jünger
Superlative sind seltener. (s. Vorsilbe abhi- oder sam- )
Verkleinerungsformen enden oft mit -ka.

Konjugation:
Der verneinende Imperativ wird ausgedrückt durch mā mit dem Aorist.
Bsp.: mā soci = trauere nicht
mā paridevi = weine nicht

Das Passiv wird aus dem Passivstamm gebildet, welcher durch Anfügung von -ya oder -iya oder -īya an die Wz entsteht.
Bsp.: Wz ñā = kennen wird ñāyati = erkannt werden
Wz ji = besiegen wird jīyati = besiegt werden

Bei konsonantisch auslautenden Wz wird das y dem vorhergehenden Konsonanten angeglichen, assimiliert.
Bsp.: Wz luj = zerbrechen, zerstören + Vorsilbe pa- = das selbe; aus pa-luj-ya wird palujja, also palujjati = er wird zerbrochen, zerstört; mā palujji = er möge nicht zerbrochen, zerstört werden
Wz vid = finden, aus vid-ya wird vijja, also vijjati = er wird gefunden (der Präsens-Stamm schaltet n ein: vindati = er findet)
Wz chid = ab-, schneiden; Passiv-Stamm chid-ya = chijja, also chijjati = wird abgeschnitten; Aorist achijji = wurde abgeschnitten (auch hier ein n eingeschaltet: chindati = schneiden, ab~ )
Die Wz vas und vac und ähnliche verwandeln sich bei der Bildung des Passivstammes in vus und vuc und ähnliche; Wz vas = wohnen, leben; Passiv: vus-ya = vussa, also vussati = wird gelebt.
Wz vac = sagen Passiv: vuc-ya = vucca, also vuccati = wird gesagt, es heißt.
Wz vah = fahren, fortbewegen; Passiv: vuh-ya = vuyha, also vuyhati = wird fortgefahren, fortgeführt, fortbewegt (er, sie, es)

Die Flexion des Passivs ist die gleiche wie die der a-Stämme.
(Bsp.: vadati = sagen)

 

Lesestück:
Yathā kho pan’ Ānanda etarahi bhikkhū aññamaññaṃ āvusovādena samudācaranti, na vo mam’ accayena evaṃ samudācaritabbaṃ, theratarena Ānanda bhikkhunā navakataro bhikkhū nāmena vā gottena vā āvusovādena vā samudācaritabbo, navakatarena bhikkhunā therataro bhikkhu bhante ti vā āyasmā ti vā samudācaritabbo. Alaṃ Ānanda mā soci mā paridevi, na nu etaṃ Ānanda mayā paṭigacc’ eva akkhātaṃ sabbeh’ eva piyehi manāpehi nānābhāvo vinābhāvo aññathābhāvo, taṃ kut’ ettha Ānanda labbha: yaṃ taṃ jataṃ bhūtaṃ saṅkhataṃ palokadhammaṃ, taṃ vata mā palujjīti, n’etaṃ ṭhānaṃ vijjati. (Mahāparinibbānasutta)

Bhavavippahānāya kho pan’ idaṃ brahmacariyaṃ vussati.
(Udāna III, 10)
Acchijji vaṭṭaṃ, byāgā nirāsaṃ, visukkhā sarita na sandati,
chinnaṃ vaṭṭaṃ na vattati, es’ev’ anto dukkhassa.
(Udāna VII, 2)