Zehnte Lektion

Übungsstück aus dem Dhammacakkapavattanasutta (Saṃ. V, 420):

Evaṃ me sutaṃ. Ekaṃ samayaṃ Bhagavā Bārāṇasiyaṃ
So von mir gehört. Zu einer Zeit der Erhabene in Benares
viharati Isipatane migadāye. Tatra kho bhagavā
weilte bei Isipatane im Gazellenhain. Da nun der Erhabene
pañcavaggiye bhikkhū āmantesi:
die zur Fünfergruppe gehörigen Mönche redete an:
dve ’me, bhikkhave antā pabbajitena na sevitabbā.
zwei diese Mönche, Enden von dem Fortgezogenen nicht zu befolgen.
Katame dve? Yo cāyaṃ kāmesu kāmasukhallikānuyogo
Welche zwei? Sowohl was dieses bei den Lüsten auf Wohl und Lust erpichte,
hīno gammo pothujjaniko anariyo anatthasaṃhito
niedrige, gemeine, weltliche, unedle, nicht mit Heil verbundene,
yo cāyaṃ attakilamathānuyogo dukkho anariyo
als auch was dieses auf Selbstqual erpichte, leidige, unedle
anatthasaṃhito, ete kho bhikkhave ubho ante
nicht mit Heil verbundene, diese nun, Mönche, beiden Enden
anupagamma majjhimā paṭipadā tathāgatena
vermieden habend der mittlere Pfad von dem Vollendeten
abhisambuddhā cakkhukaraṇī ṭāṇakaraṇī upasamāya
völlig erkannt, der Augen machende, Einsicht machende, zur Ruhe
abhiññāya sambodhāya nibbānāya saṃvattati.
zu höherem Wissen, zum Erwachen, zum Nibbāna hinführt.
Katamā ca sā bhikkhave paṭipadā tathāgatena
Welcher und dieser Mönche Pfad vom Vollendeten
abhisambuddhā cakkhukaraṇī ñāṇakaraṇī upasamāya
völlig erkannte, Augen machende, Einsicht machende, zur Ruhe
abhiññāya sambodhāya nibbānāya saṃvattati?
zu höherem Wissen, zum Erwachen, zum Nibbāna hinführt?
Ayaṃ eva ariyo aṭṭhaṅgiko maggo, seyyath’ īdaṃ:
Dieser eben edle achtgliedrige Weg, nämlich dieses:
sammādiṭṭhi sammāsaṇkappo sammāvācā sammākammanto
rechte Ansicht, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Tun,
sammāājīvo sammāvāyāmo sammāsati sammāsamādhi.
rechte Lebensführung, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Konzentration.
Ayaṃ kho sā bhikkhave majjhimā paṭipadā tathāgatena
Dieser nun diese Mönche mittlerer Pfad von dem Vollendeten
abhisambuddhā cakkhukaraṇī ñāṇakaraṇī upasamāya
völlig erkannte, Augen machende, Einsicht machende, zur Ruhe
abhiññāya sambodhāya nibbānāya saṃvattati.
zu höherem Wissen, zum Erwachen, zum Nibbāna hinführt.
Idaṃ kho pana bhikkhave dukkhaṃ ariyasaccaṃ:
Dies nun aber, Mönche, (ist) vom Leiden die edle Wahrheit:
jāti pi dukkhā, jarā pi dukkhā, vyādhi pi dukkhā,
Geburt ist leidvoll, Altern ist leidvoll, Krankheit ist leidvoll,
maraṇaṃ pi dukkhā, appiyehi sampayogo dukkho,
Sterben ist leidvoll, mit Unliebem verbunden sein ist leidvoll
piyehi vippayogo dukkho, yaṃ p’icchaṃ na labhati
von Liebem getrennt sein ist leidvoll, dass den Wunsch nicht erlangt
taṃ pi dukkhaṃ, saṃkhittena pañc’upādānakkhandhā
das ist leidvoll, zusammengefasst die fünf Gruppen des Anhaftens
pi dukkhā. Idaṃ kho pana bhikkhave dukkhasamudayaṃ
sind leidvoll. Dies nun aber, Mönche, (der)Leidensentstehung
ariyasaccaṃ: yāyaṃ taṇhā ponobbhavikā
edle Wahrheit: Was dieser Durst, der zu Wiederdasein führende
nandirāgasahagatā tatratatrābhinandinī
mit Freude und Lust verbundene, sich hier und da ergötzende,
seyyath’idaṃ: kāmataṇhā bhavataṇhā vibhavataṇhā.
nämlich dies: Sinnlichkeitsdurst, Werdedurst, Vernichtungsdurst.
Idaṃ kho pana bhikkhave dukkhanirodhaṃ ariyasaccaṃ:
Dies nun aber Mönche (der)Leidensvernichtung edle Wahrheit:
yo tassā yeva taṇhāya asesavirāganirodho
welche eben dieses Durstes restlose, Leidenschaftslose, Vernichtung,
cāgo paṭinissaggo mutti anālayo. Idaṃ kho pana bhikkhave
Aufgeben, Ablegen, Befreiung, Abkehr. Dies nun aber Mönche
dukkhanirodhagāminī paṭipadā ariyasaccaṃ
(der)zur Leidensvernichtung führende Pfad edle Wahrheit
ayaṃ eva ariyo aṭṭhaṇgiko maggo, seyyath’idaṃ:
dieser eben edle achtgliedrige Weg, nämlich dieses:
sammādiṭṭhi sammāsaṇkappo sammāvācā sammākammanto
rechte Ansicht, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Tun,
sammāājīvo sammāvāyāmo sammāsati sammāsamādhi.
rechter Lebenserwerb, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Konzentration.

Anmerkungen:
Bārāṇasiyaṃ Isipatane migadāye: bei zusammengesetzten Ortsangaben steht im Pāli der größte Bezirk an der Spitze, gefolgt von den nächstkleineren. (Anm.: Benares = Varāṇasi)
dve’me: hier ist ein i ausgefallen wegen des vorhergehenden e
cāyaṃ ist zusammengezogen aus ca ayaṃ, ebenso yāyaṃ aus yā ayaṃ
seyyath’idaṃ = seyyathā idaṃ; wegen der Zusammenziehung der Vokale ā und i ist i zu ī gedehnt; seyyathā ist mundartlich (magadha) für taṃ - yathā = wie dies, d.h.: gerade wie, nämlich, das heißt.

Übersetzung:
So habe ich gehört:
Einst weilte der Erhabene im Gazellenhain bei Isipatane zu Benares.
Da sprach der Erhabene die "Gruppe der fünf Mönche" so an:
"Diesen zwei Extremen darf sich nicht hingeben, wer der Welt entsagt hat. Welchen zwei? Was hinsichtlich der sinnlichen Lüste, diese auf Lust und Glück erpichte, niedrige, gemeine, weltliche, unedle, zu Unheil führende und was diese auf Selbstquälerei erpichte, leidvolle, unedle, unzweckmäßige ist, diese beiden Übertreibungen (Extreme) hat der Vollendete vermieden und den Mittleren Pfad vollkommen erkannt, der sehend macht, Erkenntnis schafft, zur Beruhigung, zu höherem Wissen, zum Erwachen, zum Nibbāna führt."
(Genauer: Diese beiden Extreme vermeidend, führt der vom Vollendeten vollkommen erkannte ... Weg ...)
"Und welches ist der vom Vollendeten ... usw.?
Es ist dieser edle achfältige Weg, nämlich: rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Tun, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung und rechte Konzentration (Geistessammlung).
Dies ist ... usw. Und dies ist die edle Wahrheit vom Leiden: Geburt ist leidvoll, Altern ist leidvoll, Krankheit ist leidvoll, Sterben ist leidvoll, mit Unliebem verbunden sein, von Liebem getrennt sein ist leidvoll, das Erwünschte nicht erlangen ist leidvoll, kurz, die fünf Gruppen des Anhaftens sind leidvoll.

Dies ist die edle Wahrheit vom Ursprung des Leidens:
Es ist dieser Durst, der zur Wiedergeburt führende, der mit Freude und Leid verbundene, und sich hier und da ergötzende, nämlich der Durst nach Sinnenlust, der Daseinsdurst, der Zerstörungsdurst.
Dies ist die edle Wahrheit von der Auflösung des Leidens:
Es ist eben dieses Durstes restlose Vernichtung (zur Leidenschaftslosigkeit), das Aufgeben, Ablegen, Freiwerden und die Abkehr.
Dies ist die edle Wahrheit von dem zur Leidfreiheit führenden Weg:
Es ist dieser edle achtgliedrige Weg, nämlich: rechte Ansicht, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Konzentration."

Vokabeln:

samādhi m = Sammlung, Konzentration upādāna n = Ergreifen, Haften
samudaya m = Entstehen labhati Wz labh = erlangen
rāga m = Farbe, Leidenschaft virāga m = Entfärbung, ~losigkeit
attha m = Zweck, Nutzen, Wert, Heil, Geld anattha m = Unwert, Zwecklosigkeit
nandi m = Freude, Vergnügen allika = ergeben, anhänglich
cakkhu n = Auge dāya m = Hain
abhiññā f = höheres Wissen vagga m = Gruppe, Schar
nibbāna n = Erlöschen kāma m = sinnliche Lust, ~ Gier
saṇkappa m = Entschluss, Gesinnung sukha n = Glück, Wohlbehagen
kammanta m = Tun, Tat vāyāma m = Kampf
kilamatha n = Erschöpfung, Quälerei paṭipadā f = Pfad, rechter Pfad
ponobbhavika = zu Wiedergeburt führend upasama m = Beruhigung, Ruhe
sambodhi f = vollkommenes Erwachen anālaya m = Abkehr, Nichtverlangen
sesa = übrig asesa = restlos
katama = welche, welcher vācā f = Rede, das Reden
diṭṭhi f = (falsche)Ansicht, Anschauung, Theorie ājīva m = Lebensführung
miga m = Wild, Gazelle jarā f = Altern
vyādhi f = Krankheit maraṇa n = Sterben, Tod
gamma = dörflich, gemein (gāma) anuyoga = erpicht auf, eifrig
icchā f = Wunsch, Gewünschtes nirodha m = Vernichtung
ariya = edel anariya = unedel
khandha m = Gruppe, Aggregat karaṇa = machend, bewirkend
hīna = niedrig, gering, klein tatra = dort
paṭinissaga m = Ablegen appiya = unlieb
mutti f = Befreiung, Erlösung cāga m = Aufgeben, Verlassen
pi (nachgestellt) = und, auch pi ... pi = sowohl als auch
sevati Wz sev = dienen, folgen, sich hingeben, frönen pothujjanika = weltlich
sati f = Erinnerung, Gedenken, Besonnenheit, Achtsamkeit
sahagata ppp Wz gam + saha = mit- d.h. mitgegangen, begleitet
saṃkhittena I des ppp Wz khip = werfen, + Vors. sam- = zusammen d.h. zusammengefasst, kurz
atta- (in Zusammensetzung) = selbst- abhinandin = sich ergötzend ( f + ī )
ubho (Adj pl) = beide gāmin = führend ( f + ī )

Ubho ist (neben dve = zwei) die einzige Dual-Form des Pāli.
Deklination:
N ubho, G+D ubhinnaṃ, A ubho, I+Ab ubhohi, ubhehi, L ubhesu, Vok ubho


Lesestück:
Evaṃ me sutaṃ. Ekaṃ samayaṃ Bhagavā Bārāṇasiyaṃ viharati Isipatane migadāye. Tatra kho bhagavā pañcavaggiye bhikkhū āmantesi:
Dve’me bhikkhave antā pabbajitena na sevitabbā.
Katame dve? Yo cāyaṃ kāmesu kāmasukhallikānuyogo hīno gammo pothujjaniko anariyo anatthasaṃhito, yo cāyaṃ attakilamathānuyogo dukkho anariyo anatthasaṃhito, ete kho bhikkhave ubho ante anupagamma majjhimā paṭipadā tathāgatena abhisambuddhā cakkhu-karaṇī ñāṇakaraṇī upasamāya abhiññāya sambodhāya nibbānāya saṃvatta-ti. Katamā ca sā bhikkhave paṭipadā tathāgatena abhisambuddhā cakkhukaraṇī ñāṇakaraṇī upasamāya abhiññāya sambodhāya nibbānāya saṃvattati.
Ayaṃ eva ariyo aṭṭhaṅgiko maggo seyyath’īdaṃ:
sammādiṭṭhi sammāsaṇkappo sammāvācā sammākammanto sammāājīvo sammāvāyāmo sammāsati sammāsamādhi.
Ayaṃ kho sā bhikkhave majjhimā paṭipadā tathāgatena abhisambuddhā cakkhukaraṇī ñāṇakaraṇī upasamāya abhiññāya sambodhāya nibbānāya saṃvattati.
Idaṃ kho pana bhikkhave dukkhaṃ ariyasaccaṃ:
jāti pi dukkhā, jarā pi dukkhā, vyādhi pi dukkhā, maraṇaṃ pi dukkhaṃ appiyehi sampayogo dukkho, piyehi vippayogo dukkho, yaṃ p’icchaṃ na labhati, taṃ pi dukkhaṃ, saṃkhittena pañc’ upādānakkhandhā pi dukkhā.
Idaṃ kho pana bhikkhave dukkhasamudayaṃ ariyasaccaṃ:
yāyaṃ taṇhā ponobbhavikā nandirāgasahagatā tatratatrābhinandinī, seyyath’īdaṃ: kāmataṇhā bhavataṇhā vibhavataṇhā.
Idaṃ kho pana bhikkhave dukkhanirodhaṃ ariyasaccaṃ:
yo tassā yeva taṇhāya asesavirāganirodho cāgo paṭinissaggo mutti anālayo.
Idaṃ kho pana bhikkhave dukkhanirodhagāminī paṭipadā ariyasaccaṃ ayaṃ eva ariyo aṭṭhaṅgiko maggo, seyyath’īdaṃ:
sammādiṭṭhi sammāsaṇkappo sammāvācā sammākammanto sammāājīvo sammāvāyāmo sammāsati sammāsamādhi.