Ausgangspunkt ist das Erkennen
und Wissen um die vier edlen Wahrheiten (ariya-sacca), die
allen Buddhistischen Ausrichtungen/Schulen zugrunde liegen.
- die Wahrheit vom Leiden,
(dukkha)
- von der Leidensentstehung,
(dukkhasamudāya)
- der Leidenserlöschung,
(dukkhanirodha)
- der zur Leidenserlöschung
führende Achtfache Pfad, (dukkhanirodhagāminī
patipadā)
Die erste Wahrheit, die Wahrheit
vom Leiden, von der Unzulänglichkeit lehrt, dass alles Dasein
unbefriedigend und dem Leiden unterworfen ist. Dies ist zu durchschauen.
(Dukkha Sacca)
Die zweite Wahrheit ist die Wahrheit von der Ursache des Leidens:
Die Ursachen des Leidens sind Gier, Hass und Verblendung. Sie sind
zu überwinden. (Samudāya Sacca)
Die dritte Wahrheit ist die Wahrheit von der Aufhebung des Leidens:
Erlöschen die Ursachen, erlischt das Leiden. Dies ist zu verwirklichen.
(Nirodha Sacca)
Die vierte Wahrheit gibt an, wie man die endgültige Leidenserlöschung
erreichen kann. Hierbei handelt es sich um den edlen Achtfachen Pfad.
Er ist zu gehen. (Magga Sacca)
Der Edle Achtfache
Pfad:
Der Edle Achtfache Pfad ist der Weg, der uns zur eigenen entgültigen
Leiderlösung führen kann. Er ist die letzte der vier edlen
Wahrheiten und ein Teil der 37 erforderlichen Dinge zur Erleuchtung
(bodhipakkhiyadhamma).
Der Begriff "Edler Achtfacher Pfad" setzt sich aus Edel,
Acht, Fach und Pfad zusammen.
Edel bedeutet; von hoher, wertvoller Qualität.
Die Acht
ist nicht nur eine Zahl (Anzahl), sondern man findet das Wort Acht
auch in den Begriffen wie z. Bsp. "sich in Acht nehmen"
vorsichtig sein, mit etwas behutsam umgehen oder "nicht außer
Acht lassen". Weiterhin "Acht geben, Acht haben" was
soviel bedeutet wie; die Aufmerksamkeit auf etwas richten. In diesem
Fall bedeutet dies, dass der Achtfache Pfad mit Achtsamkeit beschritten
werden sollte. Ohne Achtsamkeit ist keines der Glieder des achtfachen,
"achtsamen" Pfades zu üben und zu verwirklichen.
Das Wort "Fach" bedeutet unter anderem:
Unterteilung, etwas in Fächer unterteilen.
Das Wort Pfad, wird im deutschen als "schmaler
Weg" definiert. Auf den edlen achtfachen Pfad übertragen,
kann man es so verstehen: Ein schmaler Weg/Pfad ist nicht so bequem
wie zum Beispiel eine breite Asphaltstraße. Er ist mühsamer
zu begehen und es ist mit mehr Anstrengungen verbunden. Auch sollte
man Achtsam sein um nicht "daneben" zu treten und vom Weg
abzukommen.
Der edle achtfache Pfad setzt sich zusammen aus:
rechte Erkenntnis (Sammā Diṭṭhi),
rechte Gesinnung (Sammā Saṅkappa),
rechtes Reden (Sammā Vācā),
rechtes Tun (Sammā Kammanta), rechte
Lebensführung (Samā Ājīva), rechte
Anstrengung (Sammā Vāyāma) rechte
Achtsamkeit (Sammā Sati), rechte Geistessammlung
(Sammā Samādhi).
Ich denke, dass der achtfache Pfad nicht als ein geradeaus laufender
Pfad/Weg, auf dem eines nach dem anderen "abgearbeitet"
wird anzusehen ist, sondern eher wie ein Fächer, da die einzelnen
Glieder/Fächer nicht nacheinander, sondern miteinander, interaktiv
praktiziert werden. Eines entsteht immer wieder aus dem Anderen, aber
alle gemeinsam führen zu einem Ziel.
Bei einem Fächer sind alle Fächerabschnitte miteinander
verbunden. Je nachdem wie weit man ihn ausklappt, kommen die einzelnen
Elemente/Fächer zum Vorschein.
Auch beim achtfachen Pfad sind nicht alle Pfadglieder immer gleichermaßen
präsent. Mal überwiegt das eine, mal das andere und manchmal
ist alles gleichzeitig vorhanden. Alle Fächerelemente laufen
unten an einem Punkt, dem Ziel zusammen, vereinigen sich dort zu einem
Ganzen, zu einem Ergebnis.
Gehen wir
nun einmal näher auf die einzelnen Pfad - Glieder
ein:
Rechte Erkenntnis bedeutet: die vier edlen Wahrheiten
verstehen: das Leiden, den Ursprung des Leidens, das Ende des Leidens
und den zum Ende des Leidens führenden Pfad.
Was aber ist das Leiden, der Ursprung des Leidens und das Ende des
Leidens?
Leiden entsteht durch Leiden-schaft. Wie das Wort schon sagt, Leidenschaft
schafft Leiden. Leidenschaften beinhalten unter Anderem "Etwas
haben wollen", Etwas begehren, Etwas behalten/erhalten wollen.
Es ist die Gier nach etwas. Die stärkste Gier ist die Lust.
Nehmen wir ein Beispiel:
Man ist, wie häufig in unserer heutigen Gesellschaft anzutreffen,
"Single". Man möchte aber nicht mehr alleine bleiben,
da der Leidensdruck der Einsamkeit und das Fehlen von Intimität
mit einem Partner zu groß geworden sind. Das erste mal
Leiden.
Man begibt sich auf die Suche. Man geht in Discos, auf Veranstaltungen,
gibt vielleicht sogar Kontaktanzeigen auf. Man trifft einige Leute,
macht "Dates". Die Enttäuschung wird immer größer,
da meist das passende nicht auf Anhieb dabei ist. Das 2. mal
Leiden.
Jetzt trifft man auf jemanden, in den man sich mächtig verliebt.
Welch Freude kann man jetzt denken. Pustekuchen! Jetzt
geht es erst richtig los. Man rennt ums Telefon. Ruft er sie/er an
oder nicht. Man stellt sich Fragen wie: Gefalle ich dem anderen? Bin
ich nicht zu dick, zu dumm, zu groß zu klein usw. Meint er/sie
es ernst mit mir? Usw. usw. Das 3. mal Leiden.
Geht man jetzt davon aus, dass es bei beiden gefunkt hat und beide
sich "Ewige Liebe" geschworen haben, sollte man nun meinen:
Jetzt bricht eine schöne Zeit voller Freude und vollkommenen
Glücks an. Genau das habe man ja gewollt. Wieder Pustekuchen.
Man ist verblendet vom Rausch des angeblichen Glücks. Den ganzen
Tag leidet man unter der Trennung von dem anderen. Man will immer!
zusammen sein. Man will permanent genießen. Man will jede glückliche
Minute behalten, das Glücksgefühl des Zusammenseins so schnell
wie möglich wieder haben. Den ganzen Tag leidet man unter dem
Getrenntsein von dem anderen, ja man hasst oft sogar die Zeit des
getrennt seins. Das 4. mal Leiden.
Hinzu kommt die Eifersucht. Die Eifersucht auf andere Menschen, die
gerade mit dem Partner zusammen sind, während man von ihm getrennt
ist. Die Eifersucht auf Hobbys und Interessen des Partners. Schließlich
geht diese Zeit, die er damit verbringt auch von der gemeinsamen Zeit
ab, in der man glücklich sein könnte. Das 5.
mal Leiden.
Während aller Phasen kämpft man dann auch noch gegen Verlustängste
an. Wird mein Partner mich irgendwann verlassen. Was ist wenn er krank
wird? Was ist wenn er vor mir stirbt? Zum 6. mal Leiden.
Bis hierhin also schon 6 mal Leiden, bei einer Sache von der man sich
doch nur Glück erhofft hat. Man könnte jetzt, bei diesem
Beispiel bleibend, noch eine ganze Zeit so weitermachen. Dieses Beispiel
kann man mit jedem X-beliebigen Beispiel austauschen, was irgendwie
mit Haben-Wollen, Begehren, Ego, Leiden-schaften, zu tun hat und das
ist fast alles in unserem Leben. Ob es jetzt das viel zu teure Auto
ist was man haben will oder die höhere Position auf der Arbeitsstelle,
das neue Paar Schuhe, eine Sammelleidenschaft usw.
Diese Leiden-schaften, Begierden aber halten unser Lebensrad in Gang
und führen immer und immer wieder zu neuem Leiden.
Worin liegt aber jetzt die Ursache, die Wurzel des Leidens?
Der Ursprung liegt in Gier, Hass und Verblendung/Täuschungen.
Erkennt man die Wurzeln allen Leidens und schafft man es sie zu eliminieren,
auszurotten, wird die Ursache des Leidens und somit das Leiden selbst
beseitigt sein.
Rechte Erkenntnis bedeutet also unter anderem, das
Erkennen und das Wissen um die Leiden erzeugenden Wurzeln, aber auch
das Erkennen und Wissen um die Ursachen/Wurzeln die zur Leidensauflösung
führen können. Diese Wurzeln sind Gierlosigkeit, Hasslosigkeit,
keinen Verblendungen mehr anheim fallen und das Erkennen des Pfades
der zur Auflösung allen Leidens führen kann.
Wie kann man aber das Wissen um diese Dinge erlangen? Wissen kann
man auf drei Arten erlangen. Da gibt es das
- auf Nachdenken beruhendes
Wissen (cinta-mayā paññā). Es ist das
Wissen, das man ohne es von anderen gehört oder gelesen zu
haben durch eigenes Nachdenken erlangt hat.
- auf Erlernen beruhendes
Wissen (suta-mayā paññā). Dieses Wissen
erlangt man durch lesen und hören von Anderen.
- auf Geistesentfaltung beruhendes
Wissen (bhāvanā-mayā paññā).
Dieses Wissen erlangt man in der Sammlung/Meditation.
Meines Erachtens kann man
vollkommenes und allumfassendes Wissen aber nur in der Kombination
aller drei Arten erlangen.
Hört sich alles erst einmal recht einfach an, aber "Erkennen,
Einsicht und daraus entstehendes Wissen, Weisheit", umfasst ein
recht weites Gebiet und spielt sich zu einem großen Teil auf
der meditativen geistigen und feinstofflichen Ebene ab.
Das heisst, bei dem zum achtfachen Erlösungspfad gehörenden
Wissen handelt es sich zumeist um das Hellblickwissen (vipassanā-paññā).
Dies bedeutet, dass es sich hierbei um die vorbereitende und bewirkende
Durchschauung aller Daseinsgebilde als vergänglich (anicca),
leidvoll (dukkha) und unpersönlich (anattā)
handelt, was aber eine gewisse Übung und Konditionierung
voraussetzt. Diese Durchschauung/Erkenntnis gilt auch als Voraussetzung
zum Eintritt in die vier Stufen der Heiligkeit, die da sind:
- der Stromeingetretene
(sotāpanna),
- der Einmalwiederkehrende
(sakadāgāmi),
- der Nichtwiederkehrende
(anāgami),
- der Heilige (arahat).
Je mehr Wissen/Weisheit in
einem aufsteigt, desto mehr entwickelt sich Rechte Gesinnung.
Rechte Gesinnung bedeutet: Keine Begehrlichkeiten und Leidenschaften
mehr in sich erzeugen, kein Übelwollen hegen, kein Leid verursachen
wollen. Es ist eine Gesinnung frei von Sinnenlust, Hass und Grausamkeit.
Rechte Gesinnung entwickelt sich parallel zu den gewonnenen Erkenntnissen.
Denn je mehr man erkennt, wie denn alles funktioniert, die Erkenntnis
von Ursache und Wirkung, die Erkenntnis vom bedingten Entstehen usw.
desto mehr löst man sich von allen unheilvollen Gedanken und
Handlungen und entwickelt "Rechte Gesinnung". Ein deutsches
Sprichwort drückt dies sehr deutlich aus: "Einsicht ist
der erste Schritt zur Besserung."
"Rechte Erkenntnis"
und "Rechte Gesinnung" kann man unter dem Oberbegriff Einsicht
(paññā) zusammenfassen.
Die nächsten 3 Glieder;
Rechte Rede, Rechtes Tun und Rechte Lebensführung befassen sich
mit der Sittlichkeit (sīla).
Rechtes Reden bedeutet: Nicht lügen, keine üble
Nachrede führen, keine rohen Worte gebrauchen und nicht unnütz
schwatzen.
Rechtes Tun bedeutet: Kein Leben zerstören, nichts nehmen,
was nicht (freiwillig) gegeben wird, keinen unkeuschen Lebenswandel
führen.
Rechte Lebensführung bedeutet: Falsche, karmisch unheilsame
Lebensführung meiden und heilsame Dinge in sich entstehen lassen
und erhalten. Falsche Lebensführung ist zum Beispiel: Unaufrichtigkeit,
Verrat, Verdächtigung, Aushorchen, Wucher; ferner Handel mit
Waffen, mit lebenden Wesen, mit Fleisch, mit berauschenden Getränken
und mit Gift.
Auf diesen drei Gliedern basieren die Sīlas1,
die sittlichen Übungsregeln für Laien und Mönche. Für
Laien gelten fünf Sīlas. Sie lauten:
- Kein Lebewesen töten
oder verletzen.
- Nichts nehmen was nicht
(freiwillig) gegeben wird.
- Keine unheilsamen sexuellen
Beziehungen pflegen.
- Nicht lügen oder unheilsam
reden und kein unnutzes Geschwätz führen.
- Sich nicht durch berauschende
Mittel, die Unachtsamkeit verursachen das Bewusstsein trüben
Wer den achtfachen Pfad gewissenhaft
praktiziert, gewinnt dadurch immer wieder eigene "neue"
Erkenntnisse, immer mehr Weisheit und wird meines Erachtens die fünf
Sīlas für Laien automatisch für sich erweitern
um mehr Geistesruhe zu erlangen. Mehr Geistesruhe kann man erlangen
durch: Völlige sexuelle Enthaltsamkeit, ergänzend zum 3.
sīla und Sinnenzügelung in Form von Verzicht auf
zerstreuende Unterhaltung, Tanzen, Singen, Musik oder Spiele. Also
Verzicht auf alle Dinge die den Geist am meisten ablenken und "fesseln".
Die Dinge die immer wieder neues Begehren, "Haben wollen"
in einem wecken und unweigerlich zu der damit verbundenen "Unruhe"
führen.
Geistesruhe ist aber eine Voraussetzung um die nächsten 3 Glieder
des Edlen Achtfachen Pfades;
Rechte Anstrengung, Rechte Achtsamkeit
und Rechte Geistessammlung erfolgreich
zu praktizieren.
Zusammenfassen kann man diese 3 Glieder unter dem Oberbegriff; Sammlung
(samādhi).
Samādhi bedeutet "Versenkung, Konzentration, Andacht,
Meditation" und sollte einhergehen mit samatha(Gemütsruhe),
die durch Achtsamkeit entsteht. Um Gemütsruhe, beziehungsweise
innere Beruhigung (samatha) zu erlangen, ist es hilfreich
sich in den Sīlas zu üben. Denn durch eine ethisch
korekkte Lebensweise reduziert man störende Einflüsse und
Ablenkungen des Geistes und macht so eine Meditation erst möglich.
Dies erfordert aber unter Anderem Rechte Anstrengung.
Rechte Anstrengung bedeutet: Mit aller Kraft seinen Geist
konditionieren, um in sich den Willen zu erzeugen, keine bösen,
unheilsamen Gedanken mehr aufkommen zu lassen, vorhandene böse,
unheilsame Gedanken zu vertreiben, rechte Gedanken zu erwecken und,
wenn sie da sind, zu stärken und zu mehren.
Rechte Anstrengung beinhaltet
Die Vier Rechten Anstrengungen (sammā-padhāna),
die auch ein Teil der 37 erforderlichen Dinge zur Erleuchtung sind.
Die Vier Rechten Anstrengungen sind:
- Die Anstrengung
zwecks Zügelung (saṃvāra-padhāna).
Diese Anstrengung dient
der Zügelung oder Vermeidung aller unheilsamen Dinge wie zum
Beispiel böse Gesinnung, üble Nachrede, lügen usw.
- Die Anstrengung
zwecks Überwindung (pahāna-padhāna).
Diese Anstrengung dient
der Überwindung aller unheilsamen Dinge.
- Die Anstrengung
zwecks Entfaltung (bhāvanā-padhāna).
Sie dient der Entfaltung
aller heilsamen Dinge, der Entfaltung der 7 Erleuchtungsglieder. (bojjhaṅga).
- Die Anstrengung
zwecks Erhaltung (anurakkhana-padhāna).
Diese Anstrengung dient
der Erhaltung aller heilsamen Dinge.
Diese Anstrengungen setzen Willenskraft und Energie (viriya)
voraus. Wie viel Anstrengung und Willenskraft auf dem edlen achtfachen
Pfad vonnöten ist wird in dem Buch "Buddhistische Evangelien"
von Karl Seidenstücker, wo er aus dem Pālikanon zitiert
deutlich:
"Kämpfer, Kämpfer, so nennt man uns, o Herr. Inwiefern
denn sind wir Kämpfer? Wir kämpfen um hohe Tugend, um hohe
Erkenntnis, um hohe Geisteszucht - deshalb heißen wir Kämpfer.
Die welche den Pfad beschreiten, sind Kriegern gleich, die mit zahlreichen
Feinden hart kämpfen. Wohl gehen alle aus der Festung in voller
Bewaffnung, aber unter ihnen sind einige zaghaft, einige treten auf
halbem Wege den Rückzug an, einige werden in dem Handgemenge
überwältigt, einige kehren heim als Sieger. Wenn ihr Erleuchtung
erlangen wollt. müsst ihr standhaft eures Weges ziehen, entschlossenen
Herzens, mutig, ohne Furcht, in welcher Umgebung ihr euch auch immer
befindet und jeden üblen Einfluss, der euch begegnet müsst
ihr (in euch) zerstören, denn nur so werdet ihr das Ziel erreichen."
Dieses Zitat sagt eigentlich
alles aus und zeigt mit welcher Energie, Willenskraft, Mut und Tapferkeit
rechte Anstrengung einhergeht. Willenskraft benötigt man auch
für das nächste Glied des achtfachen Pfades, Rechte
Achtsamkeit.
Rechte Achtsamkeit
bedeutet: Eifrig, mit klarem Geist und besonnen den Körper, die
Gefühle, die Gedanken und die Eigenschaften des Geistes achtsam
zu betrachten.
Jemand, der achtsam ist, achtet stets wachsam auf die Absichten, die
hinter seinen Gedanken stehen, und auf alle Aktivitäten seines
Körpers. Achtsamkeit ist einer der essentiellen Ausgangspunkte
der Meditation. Besser ausgedrückt, jederzeit und immerzu sollte
man sich die Achtsamkeit vergegenwärtigen (sati + upaṭṭhāna).
Man soll sich besinnen und sich die Besinnung vergegenwärtigen.
Was aber bedeutet "Achtsamkeit", bzw. "Besinnung",
"sich auf etwas besinnen"? Es bedeutet, sich etwas ins Gedächtnis
zurückzurufen, sich zu erinnern, im Gedächtnis zu behalten,
Nicht-Vergesslichkeit, Nachsinnen. Dabei helfen die vier Grundlagen/Säulen
der Achtsamkeit (sati = "Fähigkeit" und
paṭṭhāna = "Errichten"). Sie beinhalten
folgende Betrachtungen:
- Die Betrachtung
des Körperlichen (kāyānupassanā).
Bei der Betrachtung des
Körperlichen erkennt man die Unvollkommenheit und Vergänglichkeit
des Körpers und damit schwindet das An-Haften sowohl an der eigenen
Körperlichkeit, das eigene Selbst bzw. Ich, als auch an anderen
körperlichen Formen. Dadurch kann man frei von Angst und Furcht,
einsichtiger, geduldiger und frei von Verblendungen werden.
- Die Betrachtung
der Gefühle (vedanānupassanā).
Beim Betrachten der Gefühle,
wie sie entstehen und vergehen, wie sie sich, manchmal auch aus verschiedenen
Teilen, aufbauen und sich dann wieder auflösen, kann man erkennen,
dass alle Gefühle unbeständig sind. Auch in ihnen kann man
kein eigenes bleibendes Selbst beziehungsweise Ich finden. Das Resultat
ist, dass jegliche Anhaftung an Gefühle schwinden kann und man
frei werden kann von Begierde, Zorn, ruheloses Nachgrübeln und
Skepsis.
- Die Betrachtung
des Bewusstseins (cittānupassanā).
Bei dieser Betrachtung
bemerkt und erkennt man die gerade vorhandenen Bewusstseinszustände.
Ist das Bewusstsein gerade gierig oder gierlos, gehässig oder
hasslos, verblendet oder unverblendet, gesammelt oder ungesammelt
und so weiter.
- Die Betrachtung
der Geistesobjekte (dhammānupassanā).
Bei dieser Betrachtung kann
man bemerken ob eine der fünf Hemmungen Sinnenlust, Übelwollen,
Stumpfheit und Mattigkeit, Aufgeregtheit und Gewissensunruhe, skeptischer
Zweifel anwesend ist oder nicht. Man kann bemerken wie sie entstehen,
wie sie überwunden werden und wie sie künftig nicht mehr
entstehen. Man kann auch zum Beispiel bemerken, ob eines der 7 Erleuchtungsglieder
(bojjhaṅga) in einem vorhanden ist oder nicht.
Diese Meditationspraxis findet man ausführlich im Satipaṭṭhāna-Sutta
beschrieben.
Außer in der Meditation
kann (sollte) die Achtsamkeit bei jeder täglichen Verrichtung
geübt und kultiviert werden. Wenn man spült, spült
man. Wenn man telefoniert, telefoniert man. Man konzentriert sich
auf eine Tätigkeit und macht sich bewusst, WAS man gerade in
diesem Moment tut. Man konzentriert sich auf das Hier und Jetzt. Es
wird keine Zerstreuung zugelassen, wie z.B. Telefonieren und Computerspielen
gleichzeitig und obendrein läuft noch das Radio. Jede Handlung
ist von Achtsamkeit geprägt. Bei jeder Tätigkeit können
die vier Betrachtungen geübt werden. Achtsamkeit zu konditionieren,
hat noch einen weiteren Nutzen. Da man alles mit Bedacht tut, ist
es leichter, sich ethisch korrekt zu verhalten, was wieder zu einer
Gemütsruhe führt, die auch Voraussetzung für Rechte
Geistessammlung ist.
Rechte Geistessammlung
Man kann dieses Glied des achtfachen Pfades auch mit Rechter Vertiefung
bezeichnen. Es handelt sich hierbei um die 1., 2., 3. und 4. Vertiefung.
Die Objekte der rechten Vertiefung sind die Vier Grundlagen
der Achtsamkeit.
- Achtsamkeit auf den Körper
(kāyānupassanā)
- Achtsamkeit auf die Gefühle
(vedanānupassanā)
- Achtsamkeit auf den Geist
(cittānupassanā)
- Achtsamkeit auf die Geistesobjekte
(dhammānupassanā,)
Die Werkzeuge für die
"Rechte Vertiefung" sind die; Vier Rechten Anstrengungen
(sammā-padhāna)
- Anstrengung der Sinnenzügelung
(saṃvāra padhāna)
- Anstrengung zur Überwindung
(pahāna padhāna)
- Anstrengung zur Entfaltung
(bhāvanā padhāna)
- Anstrengung zur Erhaltung
(anurakkhana padhāna)
Des weiteren sind erforderlich
für die "Rechte Vertiefung"; Die sieben Faktoren
der Erleuchtung (bojjhaṅga)
- Achtsamkeit (sati-sambojjhaṅga)
- Ergründung von Gesetzmäßigkeiten
(dhammavicaya-sambojjhaṅga)
- Willenskraft, Anstrengung
(viriya-sambojjhaṅga)
- Verzückung, Freude
(pīti-sambojjhaṅga)
- Ruhe, Gestilltheit (passaddhi-sambojjhaṅga)
- Sammlung, Konzentration
(samādhi-sambojjhaṅga)
- Gleichmut (upekkhā-sambojjhaṅga
Fassen wir zusammen:
Wie schon am Anfang erwähnt, handelt es sich hier nicht
um einen Pfad, wo einzelne "Stationen" nacheinander abgearbeitet
werden.
Die ersten beiden Punkte "Rechte Erkenntnis" und "Rechte
Gesinnung", die Einsicht voraussetzen, entwickeln sich meist
erst nach und nach. Allerdings muss man sagen, dass Rechte Erkenntnis
der wichtigste Bestandteil und die eigentliche Stütze aller Punkte
des gesamten Pfades sind. Sie entwickelt sich ganz allmählich
vom keimhaften Verständnis ab bis zum höchsten Hellblickwissen.
Erkenntnis ist die unmittelbare Bedingung um die vier überweltlichen
Stufen der Heiligkeit und das Nibbāna zu verwirklichen. Das heißt,
Abwendung von allen vergänglichen, leidbehafteten Dingen und
Loslösung von jeder vergänglichen Form und die Vernichtung
der Gier nach immer wieder neuer Existenz. Einsicht erlangt man meist
erst, indem man sich zuerst in den Sīlas, in der Sittlichkeit
übt. Das heißt sich ethisch korrekt verhält.
Darunter gehören Punkt 3 "Rechte Rede",
Punkt 4 "Rechte Tat" und Punkt 5 "Rechter
Lebenserwerb", zusammengefasst zum Oberbegriff Sittlichkeit.
Indem man sich in den Sīlas, Sittlichkeit übt, kann
es erst zur eigenen Geistesruhe kommen. Geistesruhe bedeutet unter
anderem, kein schlechtes Gewissen belastet den Geist. Der Geist kann
zur Ruhe kommen und man legt den Grundstein, die Voraussetzung um
sich in den folgenden Punkten zu üben.
Ohne Geistesruhe sind Punkt 6 "Rechte Anstrengung",
Punkt 7 "Rechte Achtsamkeit"
und Punkt 8 "Rechte Sammlung", zusammengefasst
unter dem Oberbegriff Sammlung (samādhi) nicht möglich.
Nur mit einem beruhigten Geist ist man in der Lage zu meditieren,
zu lernen und dadurch immer mehr zu erkennen und zu verinnerlichen.
Erst wenn man diese Punkte kultiviert, steigt immer mehr Erkenntnis,
Punkt 1 "Rechte Erkenntnis" und die damit
einhergehende "Rechte Gesinnung" Punkt
2 auf. Diese beiden Punkte kann man zum Oberbegriff Einsicht/Weisheit
(paññā) zusammenfassen.
Übt man den achtfachen Pfad entfalten sich auch alle weiteren
29 der 37 erforderlichen Dinge zur Erleuchtung. Siehe Saṃyutta
Nikāya 45.155.
Um diesen Pfad zu beschreiten bedarf es viel Geduld mit sich selbst
und Ausdauer. Denn eines darf man nicht vergessen: Wir alle sind Menschen
mit mehr oder minder großen Fehlern und Schwächen. Indem
man den Pfad beschreitet, wird man nicht von heute auf morgen ein
andere, besserer Mensch und erlangt Erleuchtung. Es geht nur Schritt
für Schritt und der Weg kann für manchen sehr lang und steinig
werden. Manchmal muss man auch Umwege gehen, wenn bildlich gesprochen
dicke Felsen zum Beispiel in der Meditation den Weg versperren. Auch
muss es karmisch gerade passen, um gewisse Fortschritte erst machen
zu können.
Hilfreich beim Üben des achtfachen Pfades kann es sein, wenn
man sich seine eigenen Ziele definiert. Man kann sich, wenn man möchte,
erst einmal kleinere "Nahziele" setzen.
Zum Beispiel, einen Tag lang sich ganz bewusst in "Rechter Rede"
üben oder sich täglich eine bestimmte Zeit zum meditieren
nehmen und so weiter.
Am Anfang steht unter anderem
auch oft die Frage nach dem Beweis, dass der Übungs-Pfad auch
wirklich "funktioniert".
Den endgültigen Beweis von außen wird, kann es nicht geben,
da viele Erkenntnisse auch im "feinstofflichen Bereich",
in der Meditation erlangt werden. Um diese Bereiche und Erkenntnisse
aber zu beschreiben, fehlt es manchmal einfach an Worten und Ausdrücken
in unserer Sprache. Des weiteren sind die Erlebnisse und das Empfinden
so unterschiedlich wie es Menschen gibt. Sie sind abhängig von
Charakter, Mentalität, Kultur und vorangegangen Erfahrungen.
Dadurch werden die gleichen Dinge manchmal unterschiedlich benannt.
Einige Menschen haben über
ihre Erfahrungen und Erkenntnisse auf diesen Übungspfad geschrieben
und geredet. Man kann ihnen glauben oder auch nicht.
Glauben bedeutet aber Nichtwissen und Wissen, Erkenntnis entsteht
meist erst auf dem Übungspfad.
Es gibt 2 Möglichkeiten: Entweder man sagt; "Alles Humbug"
und lässt es bleiben oder man vertraut erst einmal eine Zeit
lang dem Buddha und seinen Lehren, sozusagen als Option und probiert
es aus.
Wer sich nun mehr mit dem
achtfachen Pfad beschäftigen möchte, findet die passenden
Lehrreden unter anderem in der Gruppierten Sammlung, der Saṃyutta
Nikāya 45 und Aṅguttara Nikāya, Das Dreier Buch, 8. Kapitel:
Ānanda Vagga und im Satipaṭṭhāna-Sutta
Möget ihr alle euer
Ziel erreichen.
Anhang:
Rechte Erkenntnis
(Sammā-Diṭṭhī)
|
III.
Einsicht/Weisheit
(Paññā)
|
Rechte Gesinnung
(Sammā-Saṅkappa)
|
Rechtes Reden
(Sammā-Vācā)
|
I.
Sittlichkeit
(Sīla)
|
Rechtes Tun
(Sammā-Kammanta)
|
Rechte Lebensführung
(Sammā-Ājīva)
|
Rechte Anstrengung
(Sammā-Vāyāma)
|
II.
Sammlung
(Samādhi)
|
Rechte Achtsamkeit
(Sammā-Sati)
|
Rechte Geistessammlung
(Sammā-Samādhi)
|
Die 37 erforderlichen
Dinge zur Erleuchtung (bodhipakkhiyadhamma)
Die Vier Grundlagen der Achtsamkeit (satipaṭṭhāna)
- Achtsamkeit auf den
Körper (kāyānupassanā)
- Achtsamkeit auf die
Gefühle (vedanānupassanā)
- Achtsamkeit auf den
Geist (cittānupassanā)
- Achtsamkeit auf die
Geistesobjekte (dhammānupassanā)
Die Vier Rechten Anstrengungen
(sammā-padhāna)
- Anstrengung der Sinnenzügelung
(saṃvāra padhāna)
- Anstrengung zur Überwindung
(pahāna padhāna)
- Anstrengung zur Entfaltung
(bhāvanā padhāna)
- Anstrengung zur Erhaltung
(anurakkhana padhāna)
Die Vier Wege zum
Erfolg (iddhipāda)
- Wille, Streben, Absicht
(chanda)
- Willenskraft, Anstrengung,
Bemühen (viriya)
- Reinheit des Bewusstseins
(cittā)
- Erforschen, Erwägen
(vīmaṃsā)
Die Fünf Fähigkeiten
(indriya)
- Vertrauen, Glauben
(saddhā)
- Willenskraft, Anstrengung
(viriya)
- Achtsamkeit (sati)
- Sammlung, Konzentration
(samādhi)
- Weisheit (paññā)
Die Fünf Kräfte
(bala)
- Vertrauen, Glauben
(saddhā)
- Willenskraft, Anstrengung
(viriya)
- Achtsamkeit (sati)
- Sammlung, Konzentration
(samādhi)
- Weisheit (pañña)
Der Edle Achtfache
Pfad (ariya aṭṭhaṅga-magga)
- Rechte Ansicht (sammā
diṭṭhi)
- Rechte Gesinnung
(sammā saṅkappa)
- Rechte Rede (sammā
vācā)
- Rechtes Handeln (sammā
kammanta)
- Rechter Lebenserwerb
(sammā ājīva)
- Rechte Anstrengung
(sammā vāyāma)
- Rechte Achtsamkeit
(sammā sati)
- Rechte Konzentration
(sammā samādhi)
Die sieben Faktoren
der Erleuchtung (bojjhaṅga)
- Achtsamkeit (sati-sambojjhaṅga)
- Ergründung von
Gesetzmäßigkeiten (dhammavicaya-sambojjhaṅga)
- Willenskraft, Anstrengung
(viriya-sambojjhaṅga)
- Verzückung,
Freude (pīti-sambojjhaṅga)
- Ruhe, Gestilltheit
(passaddhi-sambojjhaṅga)
- Sammlung, Konzentration
(samādhi- sambojjhaṅga)
- Gleichmut (upekkhā-sambojjhaṅga)
|