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Was sagt
der Buddha zu Gott?
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Ein Vortrag von Dhammamuninda Bhikkhu Berlin, 18. 03. 2018 |
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Unser Ausgangspunkt ist der Eingottglaube (Monotheismus): "Gott" ist nicht ein himmlisches Wesen unter vielen, sondern das höchste, eine, von dem alles ausgeht. Er ist der Schöpfer, Weltenlenker, Schöpfung und der Richter des Menschen. Alle anderen himmlischen Wesen sind seine Geschöpfe. Zumeist geht der Eingott-Glauben davon aus, dass Gott ein persönliches Wesen sei, ein "Ich-bin", mit dem der Mensch in Beziehung treten kann. Der Gläubige kann mit Gott sprechen, und Gott ruft ihn bei seinem Namen. Das heißt, Gott anerkennt das Person-sein und die Individualität des Menschen und kann als himmlischer Vater bezeichnet werden. Die Menschen wissen von Gott, weil er durch die Propheten, das sind auserwählte Boten Gottes, zu den Menschen spricht. Im Rahmen des Eingottglaubens wird jedoch auch folgendes behauptet "Ausgehend von der Schöpfung, das heißt von der Welt und von der menschlichen Person, kann der Mensch mit der bloßen Vernunft Gott gewiss als Ursprung und Ziel aller Dinge und als höchstes Gut, als Wahrheit und als unendliche Schönheit erkennen." (Zitat aus dem Katholischen Katechismus, Kompendium).
Für den Eingottglauben ist Gott ein unsterbliches Wesen und sein himmlisches Reich hat kein Ende. Allein diese Vorstellung ist gänzlich inkompatibel mit der Lehre des Buddha. "Sabbe saṅkhārā anicca" oder "anicca vata saṅkhārā": alles Zusammengesetzte ist vergänglich. Wieso ist der monotheistische Gott "zusammengesetzt" (saṅkhata)? Jedes Wesen entsteht in Abhängigkeit. Ein Vater ist deshalb Vater, weil er ein Kind hat, er ist es in Abhängigkeit. Eine Person ist nur dann eine Person, wenn sie ein Gegenüber hat. Man erkennt sich am anderen. Aus der Sicht des Buddha ist Gott selbst notwendigerweise entstanden, geworden. Den Lehrreden des Pāli-Kanon zufolge hat der Buddha den Eingottglauben ernst genommen. Ich meine, er hat ihn nicht einfach als Dummheit abgetan, sondern hat eingehend erklärt, wie die Sichtweise des Eingottglaubens zustande kommt. Das werden wir anhand einiger Zitate untersuchen. Im Brahmajāla-Sutta, der ersten Lehrrede der längeren Sammlung (Dīgha Nikāya), geht der Buddha auf 62 verschiedene religiöse Sichtweisen ein, die zur damaligen Zeit verbreitet waren. Darunter befand sich auch der Eingottglaube, mit Gott als unsterbliches himmlisches Wesen. Besonders interessant ist, dass der Buddha den Eingottglauben nicht in erster Linie zur menschlichen Verirrung erklärt, sondern ihm sogar ein himmlisches Fundament gibt. Weil im Himmel selbst eine Sinnestäuschung entsteht, überträgt sich diese auch auf den Menschenbereich. Alles in allem erscheint der Eingottglaube also als Halbwahrheit oder relative Wahrheit.
Die Erklärung der 62 falschen Sichtweisen beginnt mit der Ewigkeitsansicht, also der Ansicht eines ewigen Selbst und einer ewigen Welt. Der Buddha erklärt diese Anischt so: es gibt Asketen und Brahmanen, die mit Anstrengung hohe Geistessammlung entfalten und sich an viele frühere Leben erinnern können. Manche von ihnen erinnern sich sogar an frühere Universen (saṃvattaṃ-vivaṭṭaṃ). Dadurch entsteht in ihnen die Vorstellung und der Glaube an eine ewige Seele und eine ewige Welt. Als nächstes wird das Zustandekommen der Ansicht jener erklärt, die zum Teil Ewigkeitsansicht vertreten und zum Teil Nicht-Ewigkeitsansicht (DN I,2.1). Das ist die Passage, die unser Thema anspricht. Im Gegensatz zur vorausgegangenen Erklärung der Ewigkeitsansicht schwenkt der Buddha nun zunächst auf eine kosmologische Erklärung um. Er beginnt mit dem, was die moderne Wissenschaft heute in etwa mit dem Begriff Big crunch (großer Zusammenbruch durch beschleunigtes Zusammenziehen unter Einwirkung der Gravitationskraft) bezeichnen würde.
"Bhikkhu's, es kommt nach Ablauf einer langen Periode endlich einmal die Zeit, daß diese Welt vergeht. Wenn das geschieht, dann verflüchtigen sich die Kreaturen größtenteils in (das Reich der) Strahlenwesen (ābhassara). Dort leben sie mit Körpern, die Geist sind, ihre Nahrung ist Freude, sie strahlen in eigenem Lichte, bewegen sich in der Luft, wohnen in Glanz und Herrlichkeit, und ihr Leben hat eine sehr lange Dauer."1 Danach erklärt der Buddha die Geburt Gottes: "Es
kommt dann nach Ablauf einer langen Periode endlich einmal die Zeit,
daß diese Welt wieder entsteht. Wenn das geschieht, dann erscheint
der leere Brahm?-Palast. Dann scheidet ein Wesen, weil die für
Wesen seiner Gattung geltende Lebensdauer abgelaufen oder der Schatz
seiner eigenen Verdienste erschöpft ist, aus der Schar der 'Strahlenden'
ab und erscheint zu einer Existenz im leer stehenden Brahm?-Palaste.
In dieser neuen Existenz lebt es mit einem Körper, der Geist
ist, seine Nahrung ist Freude, es strahlt in eigenem Lichte, bewegt
sich in der Luft, wohnt in Glanz und Herrlichkeit, und sein Leben
hat eine sehr lange Dauer."1 Als nächstes erklärt der Buddha die Geburt oder Erscheinung der himmlischen Wesen, welche in unserer Sprache als Engel bezeichnet werden: "Wenn
aber jenes Wesen in diesem Palaste lange Zeit allein gewohnt hat,
dann wird es ihm langweilig, und es entsteht in ihm das unruhige Verlangen:
'Ach, wenn doch auch andere Wesen zu dieser Existenz gelangen möchten!'
Dann scheiden, weil die den Wesen ihrer Art zustehende Lebensdauer
abgelaufen oder der Schatz ihrer eigenen Verdienste erschöpft
ist, noch andere Wesen aus der Schar des 'Strahlenden' ab und erscheinen
im Brahm?-Palaste jenem Wesen zur Gesellschaft. Auch diese leben dort
mit Körpern, die Geist sind, ihre Nahrung ist Freude, sie strahlen
in eigenem Lichte, bewegen sich in der Luft, wohnen in Glanz und Herrlichkeit,
und ihr Leben hat eine sehr lange Dauer."1 Als nächstes erklärt der Buddha, wie sowohl in den Engeln als auch in Gott selbst der Eindruck, ja eigentlich die Illusion ensteht, er habe jene erschaffen und sei ihr Vater. "Dann
kommt dem Wesen, welches zuerst zur Existenz dortselbst gelangt war,
der Gedanke: 'Ich bin Brahmā, der große Brahmā, der
Allmächtige, keinem Untergebener, dessen Auge nichts verborgen
ist, der unumschränkte Herr, der Wirkende, der Schöpfer,
der höchste Regierer, der Alles nach seinem Willen lenkt, der
Vater alles Gewordenen und Zukünftigen. Ich habe diese Wesen
geschaffen. Denn mir kam früher der Gedanke: >Ach, wenn doch
auch andere Wesen zu dieser Existenz gelangen möchten!< Das
war der Wunsch meines Geistes, und da sind die Wesen, zu dieser Existenz
gelangt.' Und den nach ihm erschienenen Wesen kommt der Gedanke: 'Das
ist der verehrte Brahmā, der große Brahmā, der Allmächtige
. . . Von ihm, dem verehrten Brahmā, sind wir geschaffen. Denn
ihn fanden wir schon vor als den zuerst hier Seienden. Wir aber sind
nach ihm hier erschienen.'"1 Wir können
sagen, sie bilden sich das so ein, aber sie lügen nicht und erfinden
das nicht willkürlich. Außerdem kann ein solcher Gott keine
höhere Existenzebene sehen, wohl aber niederere, wie z.B. das
Reich der Menschen. Seit es Menschen auf Erden gibt, sieht Gott Menschenwesen
geboren werden, altern und sterben, während er selbst in seiner
feinstofflichen Existenz immerzu am Leben bleibt. Wie aus dem Brahmanimantanika-Sutta
hervorgeht (MN 49), kann er sich an keine frühere Existenz, ja
nicht einmal an seiner Geburt erinnern und sich den Tod nicht vorstellen,
weil sie so fern sind. Deshalb erlebt er sich als unsterblich und
ewig. Bis hierher
hat der Buddha also den Glauben Gottes an seine Ewigkeit und Schöpferkraft
begründet und den Glauben der Engel an Gott als ihrem Schöpfer.
Nun erst erklärt er, warum es auch auf Erden Menschen gibt, die
der Überzeugung sind, es gebe da zwar einerseits eine zeitliche
Erde und ein vergängliches Menschensleben, aber auch einen ewigen
Himmel bei Gott. "Bhikkhu's,
unter ihnen ist der, der zuerst da war, langlebiger und herrlicher
und gewaltiger. Die Wesen aber, die nach ihm erschienen, haben eine
kürzere Lebensdauer, sind unscheinbarer und weniger gewaltig.
Nun kann es geschehen, dass jemand aus ihrer Schar abscheidet und
in dieser (irdischen) Existenz erscheint. Und in dieser entsagt er
(vielleicht) dem Heim und geht in die Heimlosigkeit. Dort erreicht
er durch heißes Streben, durch Ringen, Hingabe, wachsamen Ernst,
rechte Anspannung des Geistes einen solchen Grad geistiger Konzentration,
dass er sich der vorhergehenden Station seines Daseins erinnert, aber
keiner weiteren. Der sagt dann: Der verehrte Brahmā, der
große Brahmā, der Allmächtige . . ., von dem wir geschaffen
sind, der ist unvergänglich, beständig, ewig, der Veränderung
nicht unterworfen, er wird in alle Ewigkeit immer derselbe sein. Wir
aber, die wir von jenem Brahmā geschaffen wurden, wir sind vergänglich,
hinfällig, kurzlebig, dem Sterben preisgegeben in dieser (irdischen)
Existenz erschienen.'"1 Was der Buddha
hier sagt, würde erklären, warum bestimmte Menschen den
Glauben an einen unsterblichen Gott im Himmel als natürlich empfinden
und sich dazu hingezogen fühlen. Es findet sozusagen eine unterbewusste
Erinnerung statt. Das ist eine sehr tiefer Erklärungsversuch
des menschlichen Gottesglaubens. Jedoch gibt es auch andere plausible
Erklärungen, die einfach mit dem menschlichem Vorstellungsvermögen,
menschlichen Bedürfnissen und Wunschdenken zu tun haben. (Z.B.
S. Freud's Theorie von Gott als Vaterersatz). Im Titel
"Was sagt der Buddha zu Gott" steht das Wort "zu",
das die Bedeutung von "über" hat. Bisher haben wir
also gehört, was der Buddha über Gott sagt.
Hat der Buddha aber auch zu Gott gesprochen, hat es
gemäß dem Pāli-Kanon eine Begenung und Auseinandersetzung
gegeben zwischen dem geglaubten Schöpfergott und dem Buddha?
Davon erzählt das Brahmanimantanika-Sutta (MN 49). Wörtlich
heißt das "Auf Einladung eines Brahma." Die Erzählung
beginnt damit, dass der Buddha einen Irrtum im Denken Gottes erkennt.
Gott glaubt, das von ihm bewohnte und verwaltete Paradies sei unvergänglich.
Der Buddha begegnet ihm in seiner Dimension und hört ihn sagen:
[Gott:] "Komm, guter Herr, willkommen guter Herr. Es ist lange her, guter Herr, dass du eine Gelegenheit gefunden hast, hierher zu kommen. Nun, guter Herr, dies ist unvergänglich, dies ist dauerhaft, dies ist ewig, dies ist vollkommen, dies ist nicht dem Vergehen unterworfen; denn dies wurde weder geboren, noch altert es, noch stirbt es, noch geht es dahin, noch erscheint es, und jenseits davon gibt es kein Entkommen."2 Hier begegnen wir gleich zwei Elementen
des Eingottglaubens: die Ewigkeit Gottes und seines Reiches und die
eminente Position im Heilgeschehen, die diesem Gott zugeteilt ist:
ohne ihn und außerhalb seines Reiches gibt es kein Heil (d.h.
kein Entkommen vom Leid). Dem widerspricht der Buddha mit folgenden
Worten: "Der werte Baka, der Brahmā, ist in Unwissenheit abgeglitten, indem er vom Vergänglichen sagt, es sei unvergänglich, vom Nicht-Dauerhaften, es sei dauerhaft, vom Nicht-Ewigen, es sei ewig, vom Unvollkommenen, es sei vollkommen, von dem was dem Vergehen unterworfen ist, es sei nicht dem Vergehen unterworfen ( ) und obwohl es jenseits davon ein Entkommen gibt, sagt er, dass es jenseits davon kein Entkommen gibt."2 Der Buddha wird daraufhin von einem Gottesverehrer ermahnt, sich Gott ganz zu unterwerfen, da es ohne ihn kein Heil gebe. Der Buddha widersteht diesem Argument und offenbart schließlich auf höfliche Weise sein Wissen über Existenzen, die höher liegen als die Existenz dieses Gottes. "Brahmā,
ich schätze deine Reichweite und deinen Einfluss so ein: Baka,
der Brahmā, hat so und so viel Gewalt, so und so viele Macht, so und
so viel Einfluss. Es gelingt
dem Buddha dann wohl, die himmlischen Wesen zu überzeugen, dass
es doch ein höheres Entkommen gibt und sie sprechen ihm Bewunderung
aus. Interessant
ist, dass in der Erzählung auch Māra vorkommt und Māra
Gott verteidigt. Man kann also nicht sagen, Māra entspreche genau
dem, was das Christentum als Teufel oder Widersacher Gottes bezeichnet
(Satan). Vielmehr steht Māra für das Anhaften an die fünf
Aggregate oder Daseinsgruppen (pañca khandhā),
dem Daseinsdurst und dem Widerstreben gegen das Erwachen. Somit stellen
wir fest, dass es eindeutige Unterschiede gibt zwischen Buddhismus
und Gottesglauben. Trotzdem gibt es auch Gemeinsamkeiten, weil der
Buddhist die sog. Brahma-vihāras pflegt, welche göttlichen
Eigenschaften entsprechen (mettā, muditā, karuṇā,
upekkhā). Wie aus dem Sankhārarupapatti-Sutta hervorgeht
(MN120) hat es der Buddha geduldet, wenn ein Mönch in die Brahma-welt
einzugehen wünschte, (d.h. als ein Brahmā wiedergeboren
zu werden) aber er hätte es unter seinen Schülern niemals
geduldet, dass sie an einen Schöpfergott und an ein unsterbliches
Paradies glaubten. Zusammenfassend
lässt sich sagen, dass der Buddhist zwar an keinen obersten Gott
glaubt, aber an Gesetze, die die Welt beherrschen und die eben geistig
sind. In der antiken Kommentarliteratur finden wir die Begriffe bīja-niyama,
für das auf die Biologie bezogene Gesetz von Ursache und Wirkung,
utu-niyama für das die physikalischen Vorgänge betreffende
Gesetz von Ursache und Wirkung, citta-niyama auf die psychologischen
Gesetze bezogen und kamma-niyama das Karmagesetz. Wir haben
also keinen personalen Richtergott, aber ein Gesetz, das für
die Wirkungen unserer Absichten und Taten zuständig ist.
Mögen alle Lebewesen
glücklich sein!
Anmerkungen:
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