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Buddhismus im Alltag
 

Ein Vortrag von

Santuṭṭho Bhikkhu

vom 07. Mai 2017, Botschaft von Sri Lanka, Berlin

Buddhismus im Alltag ...
... der Buddha auf dem Flohmarkt.

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Eigentlich lässt sich der Alltag und das, was der historische Buddha lehrte, ja gar nicht trennen. Aber versuchen wir es einmal näher zu betrachten.

Alltag, das ist das, was man alle Tage erlebt, erfährt, tut oder lässt - kurz jeden Tag das Gleiche, sei es angenehm, unangenehm oder einfach neutral. Der Alltagstrott eben.
Für den einen ist das morgens aufstehen, zur Arbeit gehen, nachhause kommen, Bier auf, Fernseher an, Einschlafen. Für andere ist das Smartphone der absolute Mittelpunkt des Lebens geworden. Dieses Gerät bestimmt, wann aufgestanden wird, was zu erledigen ist, was an Informationen zu konsumieren ist, wer Freund ist, wie wichtig man ist, wie man wahr genommen wird usw. Nur ein verschwindend geringer Prozentsatz Menschen mag auf diesen Stress, den man Komfort nennt verzichten. Auf Facebook kann jeder, der im normalen Alltag als abstoßend gilt, "likes" sammeln. Das Belohnungszentrum des Gehirns weiß das zu würdigen. Wo sind die Zeiten hin, wo man solch künstlich geschaffenes Gefühl noch nicht nötig hatte? Aber egal. Der Alltag wird nun mal bei sehr sehr vielen Menschen von diesem Gerät bestimmt. Man glaubt, was einem das Smartphone mitteilt. Es gibt Geräusche von sich, und schon ist man wieder damit beschäftigt. Keine Zeit mehr für die Realität. Realität ist jetzt nicht mehr, was der Mensch wahrnimmt, sondern was die Elektronik anzeigt. Und was das Smartphone zeigt, das gilt als "wahr". Wozu den eigenen Kopf benutzen, wenn es doch viel smarter ist, Herrn Google zu fragen? Was der sagt, ist auch wahr. Wer hinterfragt das schon? Man glaubt an das, was auf dem Screen erscheint. Ansonsten glaubt man eben nur allzugern an das, was man sich wünscht. Glauben ist letzten Endes aber doch nur eine Form der Unwissenheit.

Aber was ist "Buddhismus"? Der Buddha hat keinen Ismus gelehrt. Er und seine Anhänger nannten und nennen es "Dhamma", die Lehre. Pikanterweise hat das Pāli-Wort "Dhamma" aber weitaus mehr Bedeutungen - und die sind nicht abwegig! Gesetz, Gesetzmäßigkeit, Recht, Wirklichkeit; Sitte, Tugend, Moral, Verhalten; Lehre, Text der Lehrreden, Vorschrift; Phänomen, Gegebenheit, Ding, Bestandteil der Erfahrung, geistiges Konzept bzw Objekt; Natur, Wesen, Zustand, Eigenschaft, Phase, Benehmen, Ausübung, Art und Weise, Brauch, Pflicht; befolgen was rechtens ist; trockene Erde, Ufer.

Das, was wir heutzutage "Buddhismus" nennen, das hat sich erst im Laufe der Zeit, immerhin 2600 Jahre, entwickelt. Aus der uranfänglichen nüchternen Betrachtungsweise wurde eine Art Kirche, eine Religion. Kult entstand, das Ritual hielt Einzug. Dinge, die der historische Buddha nie gelehrt hat sind mittlerweile fester Bestandteil einer Weltreligion geworden.

Buddhismus ist einerseits eine Art Religion, denn man glaubt auch hier etwas, wenn auch nicht an einen allmächtigen Gott, andererseits aber vielleicht eher eine Art Philosophie, denn Buddhismus lässt sich als Weltanschauung bezeichnen, auch wenn es hier starke metaphysische Dimensionen gibt. Dogmatisch, festlegend, starr und unflexibel, das ist Buddhismus aber auf keinem Fall. Zwar gibt es feste Gesetzmäßigkeiten, Definitionen und dergleichen, aber eben kein blinder Glaube an was-auch-immer wird gefordert oder gar erzwungen. Somit haben wir eine Patt-Situation. Soll ich, soll ich nicht? Muss das sein - oder nicht? Das kann man beliebig fortsetzen. Buddhismus ist somit, ganz einfach ausgedrückt, ein Angebot zur Bewältigung, nicht nur des Alltages, sondern der gesamten Existenz. Kernsatz ist hierbei: die Gesetzmäßigkeit von Ursache und Wirkung zu erkennen, zu verstehen und damit umzugehen. Mehr nicht. Kein "Du sollst nicht dies, Du sollst nicht jenes". Kein "Wenn Du das tust, so schmorst Du in der Hölle" usw. Auch der Begriff "ewig" kommt nicht vor. Weder in Bezug auf Himmel, Hölle, oder Götter bzw. irgendwelche anderen Wesen. Kurz: alles was existiert, was bedingt entstanden ist, unterliegt dem Gesetz der Vergänglichkeit. Alles. Ausnahmslos. Alles was es gibt ist letztendlich unzulänglich, grob gesagt, leidhaft, hat also den Aspekt der Unvollkommenheit. Und letztens: alles was es gibt ist ohne jedwede erkennbare Substanz, Seele oder enthält etwas, was als ein "Ich" bezeichnet werden könnte.

Wie soll es da gelingen, den Alltag zu meistern? Ist doch sowieso alles Leiden, ist eh nichts zu machen gegen die Substanzlosigkeit. Und wenn es keine Seele gibt, dann brauch ich mich auch nicht um deren Heil zu kümmern. Das ist ein Extrem. Ein anderes Extrem ist, anzunehmen, das alles sowieso vorherbestimmt sei. Es hat keinen Zweck, irgend etwas zu bewerkstelligen. Es liegt alles in der Hand des Schicksals bzw. eines Gottes. Solche Extreme sind zu verwerfen. Genau in der Mitte gibt es nun einen Weg, der tatsächlich begehbar ist. Nachvollziehbar, machbar. Ein Weg, der aus diesem Dilemma, der Zwangslage auf Deutsch, heraus führt. Und eben jenen Weg entdeckte der historisch um ein vielfaches deutlich nachweisbarer existiert habende Siddhārtha Gotama, kurz, der Buddha. Warum diese Betonung auf nachweisbar? Eben weil ursprünglich in der Buddha-Lehre kein Raum gelassen wurde für Spekulationen, Phantasien und Glauben. All das beruht nämlich auf Unwissenheit.

Das Forschen in der Vergangenheit bringt kaum Fortschritt, denn die Geschichte lässt sich nun mal nicht ändern. Das Grübeln hinsichtlich der Zukunft ist reine Spekulation, denn sie ist nicht fassbar, geschweige denn vorhanden. Glauben gilt als Unwissenheit, denn wenn man etwas weiß, so glaubt man nicht daran, man weiß es ja. Dennoch gibt es sehr wohl im Buddhismus eine Form des Glaubens, das Vertrauen. Hat doch nicht jeder die Fähigkeit, gleich das zu erkennen, was tatsächlich ist, also in der Meditation diese Stadien zu erreichen, wo es zum Aufsteigen, also zum Entstehen des tieferen Wissens kommt. Dazu benötigt man schon Übung. Sicher gibt es Talente. Aber die Mehrheit von uns kommt durch verschiedene Ursachen gehemmt eben nicht so tief. Hier ist wieder die Verbindung zum Alltag. Das, was wir jeden Tag tun, sprechen und denken, eben das verhindert oftmals einen wesentlichen Fortschritt aus dem Glauben heraus zum eigenen Erkennen, dem Wissen. Hier also, im Alltag, sollten wir dafür sorgen, dass die Umstände so sind, dass es zum Entstehen des Verständnisses der Gesetzmäßigkeiten von Ursache und Wirkung kommt. Den Spruch "Wie man in den Wald hinein ruft, so schallt es zurück" kennt wohl jeder. Das ist eine Art von Ursache und Wirkung. Das Echo. Es gibt aber auch Wirkungen, die lassen auf sich warten. Oder es treten Wirkungen ein, die wir vermeintlich gar nicht verursacht haben. Woran kann das bloß liegen?

An unserem eingeschränkten Verständnis, an unserer Unwissenheit. Aber wer möchte sich das eingestehen? Also wird sich dagegen aufgelehnt. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Ignoranz entsteht. Bewusstes Verleugnen. Die Schwelle wird immer höher. Intoleranz kommt hinzu. "Ich weiß es besser!", "Ich bin besser!". Gerade aus der Richtung der monotheistischen Religionen schallen uns gewisse Auswüchse der Intoleranz entgegen. "Es gibt nur einen wahren Gott, und das ist der meine. Folglich habe ich das Recht, all jene zu vernichten, die nicht an ihn glauben." Welch ein Wahnsinn! Aber der wird nur noch übertroffen von der Verblendung derer, die solche Erscheinungen verharmlosen. Sie werden lachen, aber sogar diese Verblendung wird in ihrem Ausmaß noch von denen übertroffen, die trotz aller offenkundigen Konflikte behaupten, alle Menschen seien gleich, alle Menschen haben im Grunde genommen dasselbe Ziel. Wenn es so wäre, gäbe es der Logik nach nur Gemeinsames, würden alle Menschen friedvoll zusammen leben - weil sie ja allesamt harmoniebedürftig sind. Kein Wunder also, wenn es Leute gibt, die als Lehrer auftreten und genau diese Botschaft vermitteln: "Wir haben uns ja alle soooo lieb!" Und da fallen reihenweise Kunden darauf herein. Dabei strotzen die Zeitungen, sogar wenn deren Nachrichten gefiltert sind, von Schreckensberichten aus allen Ländern. Also mir kommt das so vor, als WOLLTEN die Menschen glauben, alles sei gut und schön. Alles Elend spielt sich ja zum Glück woanders ab. Woanders herrscht der IS, woanders gibt es Mord und Totschlag. Und wenn es mal aus dem Inland eine schlechte Nachricht gibt, so ist das ja nicht im Heimatort passiert, sondern woanders. Und wenn etwas im Heimatort passierte, dann ist das ja nicht bei mir passiert, sondern woanders. Es wird versucht, so lange wie irgend möglich zu verdrängen, dass auch dieses Woanders ein Teil des eigenen Daseins ist. Keinesfalls soll daraus geschlossen werden, dass die Hungersnot in Afrika ein essentieller Teil meiner ohnehin schon drückenden karmisch verursachten Schuldenlast ist, wozu man im Christlichen vielleicht den Begriff "Erbsünde" verwendet. Auch soll nicht daraus geschlossen werden, dass man nun alle verfügbaren Kräfte daran setzen muss, um dort dem Hungersleid ein Ende zu bereiten. Das klingt hart. Doch wer einigermaßen klar denken kann, der wird auf seine Möglichkeiten schauen und sich eingestehen, dass er bzw. sie 1. gar nicht in der Lage ist, zu helfen und 2. dass er bzw. sie im Falle etwas tun zu können, möglicherweise mehr Schaden anrichtet, als zu helfen. Unsere Unwissenheit ist das Grundübel. Und diese Unwissenheit wird ganz gezielt benutzt, um uns zu beeinflussen. Heutzutage ist das ungeheuer einfach - ungeheuer effektiv. Man wird ständig mit Informationen bombardiert. Und da man kaum die Möglichkeit hat, alles zu überprüfen, weil man den Medien auf eine gewisse Art vertraut, meint man eben, es sei so, wie es berichtet wird. Und dem entsprechend verhält man sich. Die Mehrheit stumpft aber ab. Helfen ist sicherlich richtig. Aber das muss mit Verstand geschehen und nicht einfach mit einem Euro in die ausgestreckte Hand. Demjenigen, der da fragt "Haste ma 'ne Maak" jenes Geldstück zu geben, bringt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Abhilfe. Die gegebene "Maak" (d.h. der Euro) wird oft nur zur Zigarette oder Alkohol. Vereinfacht gesagt ist Hilfe zur Selbsthilfe am effektivsten, wirkt nachhaltig. Es hat Gründe, warum gerade dort Hunger herrscht. Es hat Gründe, warum in einer Familie mit etlichen Kindern das Essen nicht ausreicht. Es hat Gründe, warum man im Ausland meint, man braucht nur genug Waffen, dann bekommt man auch genug zu Essen, oder man muss nur genug Terror schüren, dann bekommt man, was immer man haben will. Das ist sehr schlimm, aber die allermeisten von uns können daran nichts ändern. Wir sind einfach nicht in der Lage dazu. Das ist der Alltag. Der ganz normale Wahnsinn.

Da gibt es zwei Formen der Intoleranz: a) die der Individuen, die den tieferen Sinn ihrer Religion nicht durchschaut haben und die daher nicht als wirkliche Gläubige angesehen werden können. Sie benutzen die Religion wie eine Erkennungsfahne, um sektiererische und/oder nationalistische Leidenschaften wieder aufleben zu lassen. b) ist die der aufrichtigen Gläubigen, die so tief von der Wahrheit ihres Glaubens überzeugt sind, dass sie jedes Mittel für recht halten, um ihn den anderen zu ihrem Wohle aufzuzwingen. Der erste Aspekt ihres Glaubens ist lobenswert, der zweite stürzt sie in den Irrsinn. Sie verstehen es nicht, nein, sie WOLLEN nicht verstehen, die spirituellen Traditionen der anderen und die Verschiedenheit der Menschen zu tolerieren, geschweige denn zu respektieren.

Im Buddhismus dagegen ist es das Ziel, zu durchschauen, was ist. Zu erkennen, warum es so ist, wie es ist. Und es zu akzeptieren. Das bedeutet nicht, alles wie gesagt als gegeben, als vorherbestimmt über sich ergehen zu lassen. Nein, denn hier und jetzt halten wir den Schlüssel in der Hand, wie unsere Zukunft aussieht. So wie wir in der Vergangenheit gewirkt haben, so leben wir jetzt. Was wir hier und jetzt tun, was wir hier und jetzt sagen, ja sogar was wir hier und jetzt denken, das gestaltet unsere Zukunft. Sicherlich gibt es nicht nur bei den Buddhisten die Vorstellung der "Götterboten". In Kürze: da sieht man einen Kranken und besinnt sich: "Auch ich bin bloß ein Mensch und könnte krank werden." Da liest man in der Zeitung, dass jemand gestorben ist und besinnt sich: "Auch ich bin bloß ein Mensch und werde irgendwann sterben müssen." Diese Götterboten sollen nicht zur Depression führen, sondern sie regen an, ein ethisch korrektes Leben zu führen. Ganz in dem Sinne: Wer Gutes in die Welt ausstrahlt, der wird auch Gutes ernten dürfen. Leider brauchen gute Früchte ihre Zeit zum Reifen. Schlechte Früchte kann man viel früher ernten bzw. sie fallen einem viel früher in den Schoß. Das Gesetz von Ursache und Wirkung. Von nichts kommt nichts. Eigentlich ganz einfach - oder?

Was ist nun also alltäglich zu tun? "Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem andern zu", das ist ein treffender Spruch. Natürlich ist die zukünftige Wirkung nicht zwangsläufig eins zu eins. Das, was im Buddhismus Karma genannt wird, ist dynamisch, nichts Starres, kein Rechnungsbuch. Da sitzt niemand auf der Schulter und schreibt mit, was man so alles verbockt. Wie etwa beim Einzahlen auf der Bank der Schein nicht genau derselbe ist, wie beim Auszahlen. Sondern möglicherweise der gleiche, oder ein paar kleinere, und nur im allerseltensten Fall, der selbe. Jede Tat, jedes Wort und sogar jeder Gedanke lässt sich als Einzahlung auf ein absolut individuelles Konto vergleichen. Und das, was einem widerfährt ist das, was davon bei passender Gelegenheit ausgezahlt wird. Mir ist klar, dass jeder Vergleich irgendwo hinkt. Aber das Karma wird nicht von Ungefähr als eines der Vier Unermesslichen Dinge bezeichnet. Für den Alltag genügt es vollkommen, sich darüber im Klaren zu sein, dass das, was man tut auf einen selber zurück fällt. Wir sind zu 100% für uns selber verantwortlich. Daher gibt es auch in der buddhistischen Lehre beispielsweise keinen solchen Begriff wie "Gnade". Wenn man also nur Hiebe austeilt, braucht man sich nicht wundern, wenn man welche einstecken muss. Das ist keine zwingende Folge. Auch nicht im örtlichen Sinn. Sicher ist aber, dass man über kurz oder lang die Wirkung zu spüren bekommt. Das ist eben Karma. Unberechenbar. Im Alltag ist es also von allergrößter Wichtigkeit, sich ethisch so korrekt wie möglich zu verhalten. Die Religionen geben Gebote aus, atheistische Richtlinien sind Gesetze usw. Eben das dauernde "du darfst nicht dies, du darfst nicht jenes", "tu das nicht, lass das bleiben", "du sollst nicht dies, du sollst nicht das".

Buddhismus bedeutet, sich bewusst zu sein, welche Wirkung unser Tun und Lassen hat. Mehr nicht. Das klingt so einfach, dass man es nicht zu fassen wagt. Zu einfach. Viel zu einfach. Und doch ist es so. Selbstverständlich gibt es auch im Buddhismus Regeln: diese sind aber anders formuliert. Nämlich als Selbstverpflichtungen, als Übungsregeln. Auch nach deren Gewichtigkeit sortiert. So steht also die Regel "Vom Töten lebender Wesen Abstand nehmen, darin will ich mich üben" an erster Stelle. Denn Töten geht nicht "von alleine". Dazu bedarf es eines Mindestmaßes an Grausamkeit, Übelwollen, Bosheit. Die Wirkung von Töten ist, dass man seine eigene Lebensspanne verkürzt bzw. sich diverse Krankheiten zuzieht. Zweitens: "Vom Nehmen von Nichtgebenem abstehen, darin will ich mich üben", was bedeutet, dass ich mir klar mache, nur anzunehmen, was mir gegeben wurde. Nichts einfach so zu nehmen, weil es da ist. Oder auch mal nachzufragen, ob es "sauber" ist. Das wird sich in der Zukunft auswirken, dass man nicht in ärmlichen Verhältnissen existieren muss. Drittens "von unheilsamen sexuellen Beziehungen Abstand nehmen, darin will ich mich üben" bedeutet, dass man schlicht nicht in anderer Menschen Beziehungen einbricht oder z.B. Umgang mit Minderjährigen pflegt. Viertens: "von übler Rede Abstand nehmen, darin will ich mich üben" bedeutet, dass man nicht nur das Belügen anderer meidet, sondern auch sich selber nichts mehr vormacht, was doch eigentlich schon fester Bestandteil unseres Alltags geworden ist. Des weiteren zählen hierzu auch üble Nachrede, Verleumdung, Geschwätz, bis hin zum simplen Plaudern. "Wer lügt, ist zu allem fähig." Indem man sich selber etwas einbildet, sich ausdenkt, es dann ausspricht, und als gröbste Form, dies dann auch tut, gibt man den Lügen die viel zitierten Beine. Als fünftes "von den Geist berauschenden Mitteln Abstand nehmen, darin will ich mich üben". Das fängt an bei Alkohol, geht über Drogen, bis hin zu jeglichen Sucht und Abhängigkeit schaffenden Dingen, wie z.B. Fernsehen und Selbsttäuschung, ja auch das vielgeliebte und für viele zum Lebensmittelpunkt gewordene Smartphone. Zugrunde liegt allen Regeln gemeinsam, dass man nur bei, bzw. in sich selber sauber machen kann und sollte.

Wir sollten unbedingt streng trennen zwischen Religion und den dazu gehörenden Institutionen und dem sich entwickelnden Kult, dem Ritual. Daher erneut der Hinweis, dass Buddhismus eher eine Art Lebenshilfe darstellt, als eine Religion. Ein Mittel zum Zweck, ganz einfach zweckdienlich. Ein Werkzeug, um mit seinem Leben zurecht zu kommen. Gerade im Alltag. Es gibt auch hier die Möglichkeit, sich in ein Kloster zu verkriechen. Nur besteht da die Gefahr, dass man sich nur allzuschnell allzusicher fühlt. Ethisch zumeist perfekt erscheinende Umstände gaukeln einem vor, wie weit fortgeschritten man doch schon sei. Die schiere Menge an Auswendiggelerntem verführt dazu, sich als Weiser zu fühlen. Die ständige Verehrung durch die Laien verführt dazu, sich unfehlbar zu dünken und die Ordensregeln noch mehr zu ignorieren. Lässigkeit kommt auf, Dünkel entsteht. Ein folgenschwerer Irrtum. Aber das kann Laien als auch Ordinierten gleichermaßen passieren. Wir vermeinen irgend etwas besonderes bewirkt zu haben, dünken uns darüber etwas besonderes zu sein, anders zu sein usw. Und wenn dann die Ernüchterung kommt, und diese kommt gewiss, dann ist der Schmerz groß. Aber selbstverständlich sind immer die anderen daran schuld. Was unterscheidet uns von anderen? Doch wohl nur Kleinigkeiten - oder? Prinzipiell sind alle Menschen gleich. Wir alle wurden geboren, werden gewiss auch sterben. Wie alt wir werden, ob wir krank werden, wann und unter welchen Umständen wir sterben, das wissen wir nicht. Als Individuen aber, wie das Wort schon sagt, sind wir Einzelwesen. Jeder hat sein ureigenes Bündel zu tragen. Sei es mehr glücklich oder eher schmerzlich. Das wiederum ist auch völlig subjektiv. Was für den einen Glück ist, erscheint dem anderen als Pech. "Dem ien sin Uhl is dem annern sin Nachtigall." Noch einmal: Entscheidend ist, wie wir selber mit dem Jetzt umgehen. Hier und jetzt legen wir die Zukunft an. Was wir jetzt tun, das erben wir.

Hier passt eine ohnehin schon sehr oft zitierte Lehrrede, die an Laien gerichtet wurde:
"Es kommen da einige Asketen und Brahmanen nach Kesaputta, die lassen bloß ihren eigenen Glauben leuchten und glänzen, den Glauben anderer aber beschimpfen, schmähen, verachten und verwerfen sie. Wieder andere Asketen und Brahmanen kommen nach Kesaputta, und auch diese lassen bloß ihren eigenen Glauben leuchten und glänzen, und den Glauben anderer beschimpfen, schmähen, verachten und verwerfen sie. Da sind wir denn im Unklaren, sind im Zweifel, wer wohl von diesen Asketen und Brahmanen Wahres, und wer Falsches lehrt." Der Buddha antwortete: "Recht habt ihr, dass ihr da im Unklaren seid und Zweifel hegt. In einer Sache, bei der man wirklich im Unklaren sein kann, ist euch Zweifel aufgestiegen.
Geht nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber selber erkennt: ?diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden', dann möget ihr sie aufgeben."

Das darauf folgende Fragespiel können wir hier gerne nachvollziehen:
"Was glaubt ihr: gereicht die Gier, die im Menschen aufsteigt, ihm zum Heil oder Unheil?"
"Zum Unheil, o Herr"
"Aus Gier, von Gier überwältigt, mit gierumstricktem Geist, tötet man Lebendiges, nimmt man Nichtgegebenes, vergeht man sich mit seines Nächsten Weib, spricht man Lüge und spornt auch andere dazu an; und das wird einem für lange Zeit zum Unheil gereichen. Ist das so?" --- "So ist es, o Herr."
"Was glaubt ihr: gereichen Hass und Verblendung (Unwissenheit), die im Menschen aufsteigen, ihm zum Heil oder Unheil?" --- "Zum Unheil, o Herr."
"Aus Hass und Verblendung, von Hass und Verblendung überwältigt, umstrickten Geistes, tötet man Lebendiges, nimmt man Nichtgegebenes, vergeht man sich mit seines Nächsten Weib, spricht man Lüge und spornt auch andere dazu an; und dies wird einem lange Zeit zum Unheil und Leiden gereichen. Ist das so?"
"So ist es, o Herr."
"Was glaubt ihr, sind diese Dinge unheilsam oder heilsam?" --- "Unheilsam, o Herr."
"Verwerflich oder untadelig?" --- "Verwerflich, o Herr."
"Werden diese Dinge von Verständigen gepriesen oder getadelt?" --- "Getadelt, o Herr."
"Und führen diese Dinge, wenn ausgeführt und unternommen, zu Unheil und Leiden oder nicht? Wie steht es hiermit?" --- "Diese Dinge, o Herr, wenn ausgeführt und unternommen, führen zu Unheil und Leiden. So denken wir hierüber."
"Aus diesem Grunde eben, haben wir es gesagt: Geht nicht nach Hörensagen, nicht nach Überlieferungen, nicht nach Tagesmeinungen, nicht nach der Autorität heiliger Schriften, nicht nach bloßen Vernunftgründen und logischen Schlüssen, nicht nach erdachten Theorien und bevorzugten Meinungen, nicht nach dem Eindruck persönlicher Vorzüge, nicht nach der Autorität eines Meisters! Wenn ihr aber selber erkennt: 'diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden', dann möget ihr sie aufgeben. Wenn ihr aber selber erkennt: 'diese Dinge sind heilsam, sind untadelig, werden von Verständigen gepriesen, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Segen und Wohl', dann möget ihr sie euch zu eigen machen."

Genial! Kein Wort davon, dass die Lehre des Buddha die allein seligmachende ist. Kein Versprechen eines Paradieses. Keine Spekulation. Keine Drohung. Keine Erpressung.
Ein recht wesentlicher Aspekt des Alltages ist auch, dass Buddhismus mitunter als pessimistisch dargestellt wird. Nicht zuletzt, weil es da dauernd um das Leiden geht. Wer mag schon leiden? Unsere geistige Kompassnadel ist immer auf das ausgerichtet, was als am meisten positiv bewertet wurde. Paul Debes verwendete den etwas holprigen Begriff des "programmierten Wohlerfahrungssuchlaufs". Der Klassiker ist das sogenannte "Harmoniebedürfnis". Alles was dem widerspricht, was man als Harmonie empfindet, ist abzulehnen, ist zu vermeiden. Wer etwas sagt, was das Harmonie-Empfinden stört, der ist böse. Wer kritisiert, und sei es noch so konstruktiv, der befleißigt sich der üblen Rede. Angenehm sprechen heißt, ja niemandem auf den imaginären Schlips treten. Na klar macht das manchmal auch Freude. Es gibt auch den Begriff der "diebischen Freude". Sie werden wissen, was hier gesagt werden soll. Es gibt da verschiedene Arten von Freude: weltliche, überweltliche, beruhend auf Sinnenkontakt, nach außen gerichtet, von außen verursacht oder beruhend auf Erkenntnis, ausschließlich von innen kommend.

Freude, die auf Äußerem beruht, ist schnelllebiger und hat daher eher den faden Beigeschmack der Vergänglichkeit. Freude die von innen aufsteigt ist fast ständig "abrufbar", verfügbar, also eher tragfähig als erstere. Schadenfreude wäre wohl die "schönste" Freude, aber nur für einen schon pervertierten Geisteszustand, der sich aus einem fett gefütterten Ego manifestiert. Wie oft haben wir uns aber schon erwischt, dass wir uns gefreut haben über ein Missgeschick, das einen anderen getroffen hat. Wir sind der Meinung, das geschieht dem recht. Wer spricht hier Recht? Wollen wir uns zum Richter aufwerfen? "Richtet nicht über andere, auf dass ihr nicht gerichtet werdet mit dem selben Maße." Da ist sie nun dahin, unser kleines bisschen Freude. Bei manchen die einzige, die sie haben.

Der Buddha lehrte nicht, dass alles Leiden ist. Er verwendete das Wort Dukkha. Du- ist eine negativ machende Vorsilbe und -kha steht für Radnabe. So kann man sich Dukkha recht gut bildlich vorstellen - eben als nicht richtig laufendes Rad. Es eiert sozusagen. Dukkha mit "Leiden" zu übersetzen trifft die Sache nicht so recht, aber es hat sich halt so eingebürgert. Das Wort "unzulänglich" ist nahezu perfekt. Unbefriedigend, nicht zufriedenstellend sind weitere passende Bezeichnungen. Also lehrte der Buddha "nur", "Was ist nicht zufrieden stellend", "Was ist die Ursache dafür". Das sind die zwei ersten der sog. Vier Edlen Wahrheiten. Das ist es also, was den Buddhismus als pessimistisch erscheinen lässt.

Aber die zwei anderen Edlen Wahrheiten lässt man weg. Und gerade die machen Buddhismus zu einer freudvollen Angelegenheit. Nämlich: "Es gibt einen Ausweg aus der Unzulänglichkeit" und "Dies ist der Weg zur Aufhebung der Unzulänglichkeit". Wenn Zufriedenheit eintritt, was wir uns doch normalerweise alle wünschen, kommt doch so etwas wie Freude auf - oder? Demnach verdient die 4. Edle Wahrheit ein klein wenig Beachtung mehr. Der Weg zur Zufriedenheit besteht laut Buddha aus acht Faktoren. Man spricht meist vom Edlen Achtgliedrigen Weg. Man mag sich das optisch wie eine achtspurige Autobahn vorstellen. Es ist kein Stufenweg! Zuallererst ist Rechte Ansicht nötig. Rechte Erkenntnis wird mitunter auch gesagt. Logisch, denn ohne richtige Ansicht zieht man falsche Schlüsse, die wiederum usw. usf. Da kommt natürlich keine echte Freude auf, wenn man etwas falsch macht, weil man es eben nicht besser gewusst hat. Wie sagt der Volksmund so schön: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht". Rechte Ansicht ist ständig vonnöten. Auch beim Genießen von Freude. Eben wenn man weiß, dass diese aus Sinnengenuss herrührende Freude bedingt entstanden ist, vergänglich ist, haftet man nicht so sehr daran. Man leidet dann auch nicht so, wenn der freudvolle Zustand vorüber geht (was er übrigens mit Sicherheit tun wird). Hat man rechte Ansicht gewonnen, folgt auf dem Fuße die rechte Gesinnung. Das heißt, man richtet sich innerlich nach den neu gewonnenen Erkenntnissen aus. Was wiederum kaum zu trennen sein dürfte von den nächsten drei Teilen, nämlich rechte Rede, rechtes Tun und rechten Lebensunterhalt. Somit kann man leicht feststellen, wie eigentlich der sog. Achtpfad ein dynamischer Prozess ist. Nichts nacheinander zu Bewerkstelligendes. Bei den drei nächsten Aspekten wird es subtiler. Rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Konzentration gehen Hand in Hand.

Die Achtsamkeit ist einfach nicht einzeln von irgend einem der drei, besser noch, von einem der acht Glieder loszulösen - hat man denn rechte Ansicht gewonnen. Gewonnen ist auch nicht ganz richtig, denn man muss sich rechte Ansicht erarbeiten. Sie beruht auf eigener Erkenntnis, nicht auf Erlerntem, Abgekupfertem. Aber sicher kann man durch Abgucken etwas lernen - doch es ist erst dann eigenes Wissen, eigene Erkenntnis, wenn man die Sache im eigenen Geist verarbeitet hat, sich darüber Gedanken gemacht hat, es erwogen hat, geprüft usw. Zurück zur Freude.

Ein erfreuliches Thema, stimmt´s? Haben wir also für uns selber erfahren, dass man, wenn man anderen schadet, sich zumeist und zuallererst selber schadet, so nimmt der Geist Stückchen für Stückchen eine andere Ausrichtung an. Aber wir alle kennen nur allzu gut das sog. "graue Tier Gewohnheit". Schwer ist es, dagegen anzukommen. Da kommt doch Unfreude auf. Unlust. Auch Schadenfreude ist keine wirkliche Freude - so sehr wir uns auch freuen. Schauen wir doch einfach in den Spiegel. Nicht in das Nachrichten-magazin, da freut man sich bei den vielen Schreckensmeldungen auch nicht gerade, sondern am besten in einen Handspiegel. Nun rufen wir uns ins Gedächtnis, wie wir reagierten, als wir nach einem Missgeschick ausgelacht worden sind. Na das war vielleicht schön... Oder etwa nicht?

Also können wir recht schnell bemerken, dass Schadenfreude keine heilsame Freude ist, da sie aus einer der drei üblen Einflüsse, die unsere Existenz eben ausmachen, herrührt. Sie heißt ganz einfach Aversion, kurz Hass. Alles was da zwischen Hass als grobe Form und der allersubtilsten Neigung weg-von-was-auch-immer, gilt als Aversion, als Abneigung. Das Gegenteil ist Zuneigung, Hinneigung, über Begehren, Liebe bis hin zur Gier. Die dritte Wurzel ist dann die Unwissenheit. Nicht weil wir zuwenig Zeitung lesen, Fernsehen oder Bücher schmökern. Nein, diese Art Wissen ist es nicht. Es ist das Nichtwissen um eben die oben aufgeführten Vier Wahrheiten. So "einfach" kann das Dasein sein. Eigentlich recht überschaubar - oder?

Hass ist ein großes Übel, aber leicht zu überwinden. Gier ist ein kleines Übel aber schwer zu überwinden. Unwissenheit ist ein großes Übel UND schwer zu überwinden. Na prima. Da war sie dahin, unsere Freude. Erst freuten wir uns, weil es ja bloß drei Übel sind, die wir zu überwinden haben, und dann erfahren wir, dass dies gar nicht so leicht ist. Fangen wir langsam an! Wer schnell rennt, kann leicht Fehltritte tun, stolpern, auf die Nase fallen. Es gibt ja auch noch die ganz alltäglichen, kleinen, zuweilen banalen Freuden. Da lächelt uns jemand an (kann ja mal vorkommen). Der bösartig Gesinnte denkt nun gleich, dass er ausgelacht wird. Der Gutartige lächelt zurück und genießt es. Der Neutrale nimmt es als gegeben hin. Aber auch er freut sich. Wissend, dass es Freude gibt, die man ohne anzuhaften genießen kann - und wenn es eben nur ein Lächeln ist. Dann lächelt auch er oder sie. Da kann man sich auch über etwas Gelungenes freuen. Nicht gleich so hoch stecken die Erwartungen. Übrigens haben Erwartungen nur den einen Zweck: nämlich enttäuscht zu werden. Hören wir doch einfach auf damit. Hören wir endlich auf zu erwarten, dass gerade wir die nächsten Millionäre werden, dass gerade wir den Jackpot knacken usw. Es gibt Erwartungen, die treffen ein. Die Frage steht nur, Wann. Hier aber können wir selber eingreifen.

Realismus ist das erste, was uns zur Zufriedenheit verhelfen könnte. Ganz einfach und nüchtern anerkennen, dass es eben Menschen gibt, die tun Gutes und ernten Schlechtes und umgekehrt. Wobei natürlich Gut und Schlecht subjektiv sind. Schalten wir um auf objektiv, sieht das ganz anders aus. Was wir selber als Gut bewerten, mögen andere nicht und wieder umgekehrt. Somit sind auch Erwartungen subjektiv. Haben wir rechte Ansicht, eben die Erfahrung, die rechte Erkenntnis, so wissen wir, dass das, was wir hier und jetzt gerade erfahren, nur ein Resultat von früher ist. Mehr nicht. Wir wissen aber auch, dass wir gerade jetzt unser "Später" herstellen. Wie wir jetzt mit dem "Früher" umgehen, das ist unsere Zukunft. Ursache und Wirkung. Und dieses Gesetz ist unabhängig existent von unserer Erfahrung oder Akzeptanz oder gar Glauben. Genau wie das Hebelgesetz oder die Gravitation usw.

Da ist der Unterschied zwischen konventioneller und absoluter Wahrheit. Konventionell, also herkömmlich ist es durchaus wahr, zu sagen der Tisch, der Fußboden, das Irgendetwas. Aber absolut ist wahr, dass es eigentlich keine Substantive gibt, weil ein Substantiv statisch ist, verdinglicht, es starr macht. Aber da alles der Veränderung unterworfen ist, müsste es demnach heißen: das Tischen, das Fußboden, der Irgendetwasprozess. Hier kommen wir wieder an rechte Ansicht. Wenn wir wissen, und das aus eigener Erfahrung, und übrigens kann jeder Mensch diese Erfahrung machen, dass ALLES sich verändert, so können wir auch Freude genießen, sogar wenn sie sich verändert. Stellen wir uns doch vor, sie würde permanent vorhanden sein. Langeweile würde sich ausbreiten, was wahrlich kein freudiger Zustand ist - oder? Also muss Freude vergänglich sein, sonst ist sie keine. Freude, die von innen kommt, ist zwar auch vergänglich, aber sie ist beständiger, eine Art verborgener Schatz. Keiner kann einem den nehmen.

So sitzen wir nun mehr oder minder krampfhaft hier und wollen uns eigentlich freuen. Bis zu einem Lächeln hat es ja bei manchen schon gereicht. Freude lässt sich also nicht erzwingen. Sie steigt auf als ein Ergebnis von vorher Gewirktem. Somit ist die Verbindung zum Achtpfad vielleicht deutlich geworden: Verhalte ich mich so, dass Freude aufsteigen kann (mir selbst und anderen gegenüber), so mag es durchaus geschehen, dass Freude aufkommt. Wir machen uns viel zuwenig Gedanken darum. Ganz einfach, weil wir viel zu sehr nach außen hin orientiert sind.

Wir gieren nach Sinneskontakten, auf dass diese uns Freude verschaffen mögen. Und da das mitunter klappt, sind wir irgendwie erfahrungsgemäß so gepolt, dass das richtig sei. Mit rechter Ansicht aber wissen wir, dass echte Freude von innen, aus einem selber kommt. Diese tiefe innere Freude, wo einem "warm ums Herz" wird, wie man so schön sagt. Verhalten wir uns demnach ethisch korrekt, also so, wie wir selber behandelt werden wollen (es sei denn wir sind Masochisten oder sowas), dürften wir weitaus eher damit rechnen, dass Freude von innen hochsteigt. Dass aber Freude aufsteigen kann, bedarf auch einer Art Wegbereitung dazu. Versuchen wir also den Alltagsschutt beiseite zu räumen. Den konsumierten Input, den flachen Stoff, der zu nix anderem nütze war, als die Zeit totzuschlagen (als ob das ginge). Schauen wir mal auf die realen kleinen Dinge zuerst, statt auf die virtuell vorgegaukelte Welt des Bildschirmes.

Was aber wäre ein gutes Werkzeug, um Ursache und Wirkung schnell an uns selber zu prüfen? Nehmen wir mal einen Spiegel zur Hand und schauen wir mal rein. Kommt uns da etwas bekannt vor? Wenn ja, was? Diese komische Grimasse vielleicht? Warum lachen wir nicht einfach über dieses Etwas? Dieses Abbild, das uns etwas vormacht? Ein Bild, welches wir wieder in unserem eigenen Geist interpretieren. Was würden wir denken, käme uns auf der Straße einer entgegen, der solch ein Gesicht zieht? Wollen wir das? Wie angenehm ist es, jemandem zu begegnen, der da etwas lächelt. Vielleicht sogar einen Gruß entbietet. Haben wir den Mut, selber zu lächeln? Oder gar zu grüßen? Probieren wir es mal aus. Es kostet ja nix.

 

 

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