Von
Sarah Wessel
GLIENICKE o Vielleicht sind es zehn, vielleicht auch zwanzig Minuten,
die vergehen, bis der Körper in einen Zustand zwischen Wachsamkeit
und Schlaf gerät. Vergrabene Erinnerungen und Bilder gelangen
in diesen Raum, erscheinen vor dem inneren Auge. In den wenigsten
Fällen sind sie schön. "Meditation ist nicht immer angenehm.
Sie zeigt auch unschöne Dinge", hatte die Vorsitzende des
Vereins "Satinanda" - Seminar für buddhistische Studien
und Meditation - Ingrid Johnen noch vorher gesagt. Sie hat Recht
- das wird jetzt klar.
Dann kehrt
die Aufmerksamkeit wieder an die Stelle der Nase zurück, an der
das Einziehen der Luft in den Bauch spürbar ist. Die Gedanken
geraten in den Hintergrund. So soll es bei der buddhistischen
Meditation auch sein.
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Im Idealfall
bleibt die Konzentration nur bei der Atmung, hatte Ingrid Johnen
erklärt. Nichts zu denken, sei das Ziel, nur beobachten.
Ein leichtes
Zwicken im Bauch macht sich unterdessen bemerkbar. Denn in dieser
aufrechten Sitzposition, nur kurz nach dem Abendessen, scheint
die Jeans noch enger. Auch im Rücken macht sich ein unangenehmes
Zwicken breit. "Wir beobachten unseren Körper jetzt von oben
nach unten. Die Stelle, an der wir einen Schmerz bemerken, sehen
wir uns von allen Seiten an. Vielleicht löst sich das unangenehme
Gefühl auf?", sagt Ingrid Johnen in dem Moment, so als könnte
sie mitfühlen. Tatsächlich wird der Schmerz schwächer. Erkennen
lässt sich in ihren Äußerungen die buddhistische Auffassung, dass
der Geist und der Körper nicht voneinander zu trennen sind, wie
sie vorher erklärt hatte.
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 Eine typische Sitzposition in der Meditation. [Foto: Wessel] |
Erstaunlich
ist, wie schnell 45 Minuten in diesem Zustand vergehen, keine
Langeweile. Ganz im Gegenteil, eine oft schmerzlich vermisste
Ruhe kehrt ein, die auch nach der Meditation anhält. Das sei auch
der Grund für viele Menschen, sich mit der buddhistischen Meditation
zu beschäftigen, sagt Ingrid Johnen. Sie wollen geistige Ruhe
und Entspanntheit finden, sich von unangenehmen Gefühlen wie Neid,
Eifersucht oder Trauer befreien. Das könne man, indem man durch
das Werkzeug der Selbstbeobachtung erkennt, wie Menschen funktionieren.
Schlechte Gefühle könnten frühzeitig erahnt werden, der Mensch
könne sich von ihnen distanzieren, ohne sie zu verdrängen. Das
Auftreten einer Person verändert sich so, sie kann anderen gegenüber
ausgeglichener sein. Und das arbeite dem Karma-Gesetz zu: Von
dem, was ich heute tue, hängt ab, was mir morgen widerfährt -
sagt es, Eigenverantwortung ist das Zauberwort.
Auch existenzielle
Erkenntnisse würden Menschen im Buddhismus suchen. Manche Menschen
kommen auch über eine Leiderfahrung zum Meditieren, erklärt Ingrid
Johnen. Sie wollen lernen, mit unangenehmen Gefühlen im Alltag
besser umgehen zu können.
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Der
Verein
Satinanda
e.V. - Seminar für buddhistische Studien und Meditation - ist
ein in Glienicke ansässiger gemeinnütziger Verein. Er vermittelt
interessierten Menschen Grundlagen des Buddhismus und seiner Meditation.
Konvertieren muss man dafür aber nicht. "Wir konnten in den
vergangenen Jahren vielen Menschen helfen, ihr Leben positiv zu
verändern. Dies geschah unabhängig von ihrer Nationalität, Konfession
und Lebenssituation. Dies möchten wir auch weiterhin", heißt
es auf der Internetseite. Der Verein wurde im November 2007 gegründet
und hat erfahrene Mitglieder: Ingrid Johnen ist die Vorsitzende.
Der stellvertretene Vorsitzende Monthy Kretschmar, der auch den
Namen Santuttho trägt, lebte schon als Mönch in Sri Lanka und
danach im Buddhistischen Haus in Berlin. Momentan sucht der Verein
nach einem Haus, in dem ein Zentrum für Mönche, Nonnen und andere
Menschen entstehen soll, die die Lehren des ursprünglichem Buddhismus
praktizieren. Der Verein bietet kostenlos Kurse an und finanziert
sich aus Spenden.
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Informationen zum Verein Satinanda sowie zu seinem Kursprogramm
unter www.satinanda.de oder
unter Tel.: (01 78) 7 90 85 94. Infos zum Buddhismus unter http://de.wikipedia.org/wiki/
Buddhismus (saw)
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