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Die Herausforderung
an den Saṇgha
im 21. Jahrhundert |
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von Ehrw. Bhikkhu Bodhi Mahāthera Artikel aus: Lanka Daily News, 19. Juli 2006 - übersetzt aus dem Englischen
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Wie
lange wird der Buddha-Saṅgha weiterhin überleben? Der Saṅgha hat seit zweieinhalb Jahrtausenden überlebt, länger als das römische Weltreich, länger als alle die Dynastien der chinesischen Kaiser, länger als das britische Weltreich. Und er hat ohne Waffen überlebt, ohne finanzielle Ressourcen, ohne Armeen, nur durch die Macht von Weisheit und Tugend. Wie auch immer, es gibt keine Garantie, dass er weiter überleben wird, oder dass er fortfahren wird, wesentliche und wichtige Beiträge für das menschliche Leben zu liefern. Dies ist die Aufgabe, die von den Saṅghamitgliedern selbst abhängt. Von jeder neuen Generation von Mönchen und Nonnen. Und das ist eine extrem wichtige Aufgabe, denn die Zukunft des Buddhismus hängt von der Zukunft des Saṅgha ab. Wie wir wissen, hat der Saṅgha immer in enger Wechselwirkung mit der buddhistischen Laiengemeinde existiert. Die Beziehung zwischen den beiden ist eine der gegenseitigen Abhängigkeit und Zusammenarbeit. Im traditionellen Buddhismus unterstützt der Laie die Saṅghamitglieder mit ihren materiellen Erfordernissen - Roben, Nahrung, Wohnung, Medikamente und andere materielle Hilfe - während der Saṅgha die Laien durch Lehren unterstützt und mit den Beispielen derer, die ihr Leben ganz dem Dhamma gewidmet haben. Damit der Saṅgha fortbestehen kann, muss diese Beziehung in irgend einer Form aufrecht erhalten werden, aber die Veränderungen, die in der Gesellschaft vonstatten gehen, können durchaus diese Beziehung in ein neues Verhältnis setzen. Der gewichtigste Faktor, der die Saṅgha-Laien-Beziehung beeinflusst, ist die Überlieferung gewesen, zuerst von einer traditionellen Ordnung zu einer modernen sozialen Ordnung und dann zu einer technologischen modernen Ordnung. Nun ist das deutlichste Merkmal dieser Veränderung der Übergang der Betonung von industrieller Produktion zu Informationsbeschaffung und Bereitstellung. Dieser Übergang hat im Westen und in den am weitesten fortgeschrittenen sozialen Schichten in allen Ländern der Welt bereits stattgefunden. Es wird oft dadurch charakterisiert, dass man von einer Bewegung der industriellen Ära zur Informationsära spricht, von einer auf Produktion basierenden Zivilisation zu einer, die auf Wissen basiert. Der Übergang zu einer "informationsintensiven" Gesellschaft wird die Natur der Saṅgha-Laien-Beziehung radikal verändern. Und dies wird den Saṅgha herausfordern, neuartige Lösungen zu finden, um die Bedeutung des Dhamma zu bewahren. Ich behaupte nicht ein Prophet zu sein, und ich kann die Zukunft nicht im Detail vorhersagen, aber gegenwärtige Trends beurteilend, will ich versuchen, einige der wichtigeren Herausforderungen, denen der Saṅgha gegenübersteht, aufzuzeigen, so wie ich sie sehe. Die
Rolle der höheren Bildung Sie werden vom Dhamma erwarten, ein Maßstab zu sein für die Standards, die sie durch ihr akademisches Training erworben haben. Sie werden nicht einfach das von klösterlichen Lehrern Dargebotene aus Verehrung und dem bedingungslosen Vertrauen einer altehrwürdigen Tradition akzeptieren. Sie sind geschult worden zu hinterfragen und zu forschen und sie werden das selbe Vorgehen anwenden, wenn sie beginnen, den Buddhismus zu studieren. Darum müssen die Mönche und Nonnen bereit sein, Fragen zu beantworten. Sie können von den Laien keine unterwürfige Ehrerbietung erwarten; sie müssen Respekt durch klares Erklären des Dhamma erwerben und dadurch, dass sie ihn akkurat und überzeugend erklären. Die Mönche und Nonnen werden selbst höhere Bildung benötigen, zuerst im Buddhismus, aber auch in Themen, die indirekt mit dem Dhamma verbunden sind, solchen wie moderne Philosophie und Psychologie, sowie andere relevante Gebiete. Wie man genau solches weltliches Wissen in einen klösterlichen Stundenplan einbezieht, ist ein schwieriger Sachverhalt. Die Lösung müsste von den für klösterliche Bildung Verantwortlichen ausgearbeitet werden. Die
Rolle der Veröffentlichung Nun sind hunderte von Büchern in englischer Sprache über alle Aspekte des Buddhismus erhältlich, sowohl populär als auch gelehrt, und viele Bücher sind in anderen Sprachen erhältlich. So kann ein eifriger Student des Dhamma ein ausgedehntes, auf Büchern basierendes Wissen über den Buddhismus erwerben. Der Kleincomputer hat buddhistische Studien weiter revolutioniert. Irgend eine fleißige Person mit einem Notebook-PC kann eine komplette buddhistische Bücherei einschließlich mehrerer Tipiṭakas auf seiner Festplatte speichern. Durch das Internet können sie Zugang zu ausgedehnten Ressourcen über den Buddhismus finden und an Diskussionsgruppen über wirklich jedes mit Buddhismus verwandte Thema teilnehmen. Somit ist Buchwissen über den Dhamma kein spezielles Privileg für Mönche, und man ist nicht länger auf Klöster angewiesen, um Wissen über buddhistische Schriften und Kommentare zu erwerben, wie man es in einer traditionellen buddhistischen Kultur gewesen wäre. Buddhistisches Studium wird auch als Fach an Universitäten angeboten und es gibt viele hervorragende Laiengelehrte, die Forschungsarbeit in hoch spezialisierten Gebieten buddhistischer Studien leisten. Für uns erhebt sich daraus die Frage, was wir als Mönche anbieten müssen. Ich würde sagen, dass es nicht unsere Aufgabe sein wird, mit buddhistischen Laiengelehrten zu konkurrieren. Wir sollten sicherlich versuchen, Gelehrtenwissen über den Buddhismus zu erwerben, aus so vielen verlässlichen Quellen wie möglich, und wir sollten wenn nötig von Laiengelehrten lernen. Aber was das buddhistische Klosterleben bietet, ist eine Möglichkeit, den Buddhismus in der Praxis umzusetzen. Es gibt die Möglichkeit, das Studium der Texte mit lebendiger Anwendung ihrer Prinzipien in einem auf Vertrauen, Hingabe und Verbindlichkeit gegenüber den Drei Juwelen gegründeten Leben zu kombinieren. Wir haben Gelehrtenwissen mit Praxis zu vereinen, intellektuelles Verstehen mit Vertrauen und Hingabe. Weder können wir uns nicht mit bloßem Wissen ohne Praxis begnügen, noch können wir blinde Praxis ohne klares intellektuelles Verstehen zulassen. Die
Rolle des geistigen Trainings Eine sehr wichtige "Eingangstür" zum Buddhismus ist für viele Leute die Meditationspraxis. Dies ist die spezielle "Tür" für jene, die aus nichtbuddhistischem Milieu kommen, wie es besonders im Westen der Fall ist. Aber Meditation ist auch eine "Tür" für traditionelle Buddhisten gewesen, die sich dem Dhamma vom wissenschaftlichen Bereich her nähern und einen skeptischen und forschenden Geist mitbringen. Ich denke nicht, dass Meditation allein die Antwort ist. Und in dieser Hinsicht stehe ich jenen Lehrern im Westen kritisch gegenüber, welche die Meditation aus dem Buddhismus heraus lösen wollen, und die buddhistische Lehre und religiöses Vertrauen ablehnen. Ich denke, ein ausgewogenes Herangehen ist nötig: eine Dreifachbalance zwischen Vertrauen-Hingabe, dem Studium buddhistischer Lehren und der Meditationspraxis. Vertrauen transformiert Emotionen, Studium führt zu richtiger Ansicht und Meditation führt zu Ruhe und Einsicht. Viele Leute heutzutage fühlen sich zuerst durch Meditation zum Dhamma hingezogen. Sobald sie konkreten Nutzen aus der Meditation erlangen, wird ihr Interesse am Dhamma erweckt werden und dann können sie allmählich zu einem Verständnis der buddhistischen Lehre geführt werden, zum Studium buddhistischer Texte, und dann zu Vertrauen und Hingabe, und dann sogar zum Klosterleben. Wie
der Saṅgha eine Herausforderung darstellt Auf diese Weise fordert der Saṅgha andere dazu heraus, einen genügsamen Lebensstil anzunehmen, das Alte zu respektieren und die natürliche Umgebung zu achten und zu ehren. In der modernen Welt explodiert Gewalt zwischen den Menschen verschiedener ethnischer und religiöser Gruppen die davon überzeugt sind, dass sie ihre Probleme durch Gewalt lösen können. Der Saṅgha gründet sich auf das Prinzip der Gewaltlosigkeit. Auf die Überzeugung, dass Geduld, Diskussion und Kompromiss lebenswichtig ist für die Harmonie zwischen den Menschen. So fordert der Saṅgha die Leute heraus, ihre Probleme durch gegenseitiges Verstehen, Toleranz und liebevolle Freundlichkeit zu lösen. Durch das Aufrechthalten des welttranszendierenden Dhamma fordert der Saṅgha all unsere Versuche heraus, uns in der Welt niederzulassen und darin einen angenehmen Platz zu finden. Er fordert die Leute heraus, das höchste Wissen zu verstehen. Unser letztendlicher Frieden liegt jenseits der Grenzen dieser Welt. Die
Stimme des Gewissens Ich denke an Regierungen von Unterdrückern, die ihre Bürger ohne irgend einen Grund einsperren und quälen, und sogar freie Bürger in einem ständigen Zustand der Angst halten. Ich denke an die Lücke zwischen Armen und Reichen und zwischen den reichen und armen Nationen. Ich denke an grassierende Seuchen, die das Leben von Millionen armer Menschen fordern, Krankheiten, die mit minimalen Kosten ausgemerzt werden könnten. Ich denke an die Erniedrigung, die vielen Frauen widerfährt, die in ein Leben der Prostitution gezwungen werden, oft durch ihre eigenen Familien aufgrund ihrer Armut. Ich denke an die hunderte Millionen Dollars, die jedes Jahr rund um die Welt für Waffen und enorm zerstörerische Kräfte verwendet werden, während vielleicht die halbe Weltbevölkerung kaum ausreichend Nahrungsmittel für jeden Tag erhält. Und zuletzt denke ich an die rücksichtslose Art und Weise, mit der wir unsere Umwelt schädigen - unsere Luft, unser Wasser, unsere Erde, unsere Nahrung - ohne irgend welche Rücksicht auf zukünftige Generationen. Meiner Ansicht nach ist es eine Aufgabe für den Saṅgha als eine Stimme buddhistischen Gewissens in der Welt zu dienen. Das bedeutet,
der Saṅgha, oder zumindest seine hervorragendsten Mitglieder, sollte
fähig sein, buddhistischen ethischen Werten im Umgang mit diesen
ungeheuren überwältigenden Problemen, mit denen die Menschheit
heute konfrontiert wird, Ausdruck zu verleihen.
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