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Meditation - was ist das und was soll das?

 

Ein Vortrag von

Santuṭṭho Bhikkhu

Auszug vom September-Seminar 2022

Der Buddha
Victoria & Albert-Museum, London

[Dieser Vortrag war bei einem Seminar über mehrere Einheiten aufgeteilt.]

Ein einigermaßen tiefschürfender Vortrag darüber ist sicherlich verwirrend, soll aber trotzdem Aufklärung bringen. Das ist ein Dilemma, eine Zwangslage sozusagen. Das ganze Thema ist SEHR anstrengend, es dauert lange, es ist viel "Stoff". Daher ja auch als Trost dieser Text hier zum Nachlesen.

Im Prinzip ist es doch so, dass jeder die für ihn geeignete/passende "Technik" finden muss. Dabei ist natürlich ein "guter", als auch fähige/r Lehrer/In als Kalyānamitta (edler Freund) höchst förderlich. Aber wie und wo ist so jemand zu finden? Na klar kann man auf "gutes Karma" vertrauen. Aber immerhin haben wir das ungeheure Glück, d.h. den günstigen Umstand, dass wir noch Zugang zum Dhamma haben. Daher ist das Studium der Lehre, der Austausch mit anderen möglich als auch sehr zu empfehlen. Allerdings sollte man sich der Gefahr der Abhängigkeit und/oder der Manipulation gewahr sein. Hier nur die Stichworte "Guru" und "Sekte".

 

Definition

Wiki: "Meditation bezeichnet eine Gruppe von Geistesübungen, die in verschiede-nen Traditionen seit Jahrtausenden überliefert sind und seit dem 20. Jahrhundert zunehmend auch in der westlichen Welt in säkularer Weise praktiziert und beforscht werden. Ein wesentliches Element meditativer Techniken ist das bewusste Steuern der Aufmerksamkeit. Das Üben von Meditation soll abhängig vom Kontext der Praxis nachhaltige positive Veränderungen im Denken, Fühlen und Erleben bewirken oder zu spezifischen religiös definierten Einsichten und Zuständen führen. Effekte von Meditationstraining auf Kognition, Affekt, Hirnfunktion, Immunsystem und Epigenetik sowie auf die psychische Gesundheit sind wissenschaftlich belegt. Meditation ist ein zentrales Element in verschiedenen religiösen Traditionen, insbesondere dem Buddhismus, wie auch im Hinduismus, Konfuzianismus, Christentum und anderen Religionen. Der Begriff ist auch für Texte verwendet worden, die Ergebnisse konzentrierten, in die Tiefe gehenden Nachdenkens darstellen.
Meditation stammt von lateinisch meditatio zu meditari "nachdenken, nachsinnen, überlegen, Mitte finden" von altgriechisch medomai "denken, sinnen". Es liegt ein etymologischer Bezug zum Stamm des lateinischen Adjektivs medius, -a, -um "mittlere[r, -s]" vor."

Dass wir uns mit dem buddhistischen Sinn damit befassen, dürfte klar sein. Aber auch hier gibt es "Risiken und Nebenwirkungen" - teilweise sind diese sogar erwünscht.

 

Sinn der Sache - Ziel

Zuallererst muss klar sein: Was will ich erreichen? Wozu das Ganze? Wie weit will ich gehen? Dabei spielen realistische Zielsetzung(en) eine entscheidende Rolle. Es wird empfohlen, sich Fern-Ziel und Nahziel zu wählen, d.h. sich die letztendliche Erreichung als Fernziel zu nehmen und den Weg dahin in (einigermaßen realistisch erreichbare) Etappenziele zu unterteilen. Das erspart einem eine ganze Menge Frustration (Enttäuschung). Wobei "Ent-Täuschung" ja im Prinzip etwas Positives ist, da man ja von einer Täuschung frei wird. Und das Freiwerden von Täuschung ist beim Erkenntnisgewinn maßgebend.

Allerdings ist die Auswahl der "Technik", also der Vorgehensweise, wie man zu eben jenen Erkenntnissen kommt, äußerst wichtig. Dabei spielt die Frage, was man kann, was man an Fähigkeiten/Fertigkeiten hat, die entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Nahziele. Aber auch die Fragen, was man für ein Umfeld hat, oder ob man vielleicht sogar heimlich meditieren muss, sind von Bedeutung. Außerdem die Wahl des Lehrers. Und nicht zuletzt das Zeitfenster, also wieviel Zeit kann bzw. will man zur Erreichung seines spirituellen Zieles investieren. Man muss also Prioritäten setzen. Jedenfalls dürfte klar sein, dass einem nichts einfach so in den Schoß fällt. Außerdem muss man sich dahingehend desillusionieren, dass Meditation etwas ist, was Spaß macht. Im Prinzip ist es - zumindest am Anfang - eine äußerst anstrengende, ja sogar lieblose Tätigkeit. Meditation, wie sie der Buddha lehrte, richtet sich gegen das, woran wir am allermeisten hängen: unser "Ich", d.h. die Vorstellung als auch das Anhaften an uns selber, der Persönlichkeit, die Idee einer Seele usw.

In AN III,102, der Lehrrede von der Läuterung des Goldes, geht es um die sogenannte "Hohe Geistesübung". Hier wird das Prinzip der Übung klar gemacht, nämlich, dass man immer vom Groben ins Feine vorgeht, d.h. dann man zuerst die groben Unreinheiten entfernt, also schlechte Taten, Worte und Gedanken meidet, dann die mittleren Unreinheiten entfernt, also sinnliche, gehässige, grausame usw. Gedanken, und erst dann die kleinen Unreinheiten, wie Gedanken an Angehörige, das Land, evtl. Missachtung überwindet.

In der darauffolgenden Lehrrede (AN III,103) wird noch ergänzt, dass derjenige, der sich in hoher Geistigkeit übt, 3 Dingen, d.h. (An-)Zeichen gelegentlich Aufmerksamkeit schenken sollte, nämlich den Anzeichen der Geistessammlung (samādhi-nimitta), denen der Anstrengung (paggaha-nimitta) und denen des Gleichmutes (upekkhā-nimitta). Und warum? Ganz einfach, um daran den Fortschritt bzw. die Erreichung der ins Auge gefassten Nahziele ermessen zu können. Letztendlich ist das ja entscheidend für das Aufkommen von Freude. Und bekanntlich gibt es ja ohne Freude keinen Fortschritt.

 

Zweierlei grundsätzliche Arten

Die hier vorgenommene Einteilung entstand nach eigener Meinung, d.h. sie ist nicht wissenschaftlich belegt. Aber immerhin logisch nachvollziehbar. Außerdem kann man darüber allerlei in den buddhistischen Schriften nachlesen.

A - Geistesruhe-Meditation - samatha

Sie wird meist Samādhi, also "Sammlung", bzw. "Konzentration" genannt. Da ist allerdings ein wichtiger qualitativer Unterschied zwischen (Geistes)Ruhe und Konzentration. Samatha bezeichnet eher das Zurruhekommen bzw. die Gemütsruhe, wohingegen samādhi eher Konzentration meint bzw. ganz allgemein für Meditation steht. Übrigens ist samādhi, das, was laut AN II,32 zur Entfaltung des Geistes, d.h. zum Schwinden von Gier und Hass, also Zu- und Abneigung führt. Zumindest temporär werden auch die geistigen Hemmnisse (nīvaraṇā) unterdrückt, was ja die Grundvoraussetzung ist für das Erreichen gewisser Erkenntnisse. Aber weder samatha noch samādhi bringen direkte Erkenntnis (Einsicht), sondern sie stellen eine Art begünstigenden, höchst förderlichen Faktor dar. Dennoch kann aber die Übung der Geistesruhe zur Heiligkeit, also zur höchsten Erreichung führen.

Welche "Technik", also Übungsmethode ist üblich? Meistens wird die Betrachtung des Atems (ānāpānasati) genannt, wie z.B. in MN 118, denn hier bieten sich Möglichkeiten für "alles", d.h. die Vertiefungsstufen (jhānā) samt deren daraus entstehenden Fähigkeiten als auch "Wissen" (abhiññā), ja sogar übernatürliche Fähigkeiten können entwickelt werden. Des Weiteren ist Konzentration, also geistige Sammlung eine Vorbedingung für die Einsichtsmeditation (vipassanā), eine Art "Aufwärmen" sozusagen. Aber wie bereits gesagt, geht Geistessammlung bis hin zum "Erwachen", d.h. dass die sog. Einflüsse (āsavā) versiegen.

Auch mittels Gehmeditation kann man Geistessammlung erreichen. Diese Art Meditation hat laut AN V,29 fünf Vorteile, unter anderem, dass die hier gewonnene Konzentration lange anhält.

Es gibt aber auch Übungen zur Konzentration auf ein externes Objekt, die sogenannten Kasina. Diese werden z.B. in AN X,25 und 29, und ausführlich dann im Visuddhimagga genannt, in letzterem auch beschrieben. Es sind zehn Objekte, auf die man den Geist richtet und konzentriert, nämlich die vier Farben blau, gelb, rot und weiß, dann die Elemente Erde, Wasser, Luft/Wind, Feuer, Raum und Bewusstsein.

Zur Geistesruhe-Meditation rechnet man die Praxis der Vertiefungsstufen (jhāna), wovon es 4 weltliche und 4 überweltliche gibt. Auch der "Erlöschungszustand" (nirodhasamāpatti) zählt dazu. Übrigens wird der manchmal auch 9. Jhāna genannt.

Dann gibt es noch geistige Sammlungszustände, die man als "göttliches Verweilen" (brahmavihāra) bezeichnet, nämlich die Übungen von Wohlwollen (mettā), Mitfreude (muditā), Mitgefühl (karuṇā) und Gleichmut (upekkhā).

Des Weiteren gibt es die in AN VIII,65 genannten acht Überwindungsgebiete (abhibhāyatana). Dann laut AN VIII,66 die acht Freiungen (vimokkha), was alles laut AN IV,189 im Geist zu verwirklichen ist.

Aber auch wenn man die 8 Gedanken eines großen Mannes erwägt, so wird in AN VIII,30 gesagt, führt das zu den 4 Jhāna und sogar zum Nibbāna.

Die mit Vertiefung verbundenen Fähigkeiten (iddhi) und Kräfte (bala) sind Vertrauen (saddhā), Willenskraft (viriya), Achtsamkeit (sati), Sammlung (samādhi) und Weisheit (paññā).

All die jeweils mit Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut verbundenen Fähigkeiten und Kräfte sind als heilsam zu betrachten, d.h. die 4 Brahmavihāra in Kombination mit den zuvor genannten 5 Kräften haben karmisch positiven Einfluss bzw. Auswirkungen (vipāka).

B - Einsichtsmeditation - vipassanā

Man sagt dazu auch gelegentlich "Klarblicks-" oder auch "Hellblicksmeditation", vor allem in älteren Texten. Der Wortstamm lautet passati d.i. "sehen, betrachten, erkennen" als auch "hineinsehen, verstehen, betrachten als", sowie "erfahren, geistig betrachten, 'innerlich' sehen".

Übrigens gibt es auch hier, gerade wie bei der Geistesruhe-Meditation unterschiedliche Arten. Und zwar wären da zu nennen

  1. vipassanā benennt die "normale" Einsichts- bzw. Klarblicksmeditation, die Durchschauung, altdeutsch "Klarblick", wobei die Vorsilbe vi- "auseinander, zer-, weg-, ver-" bedeutet. Dieser Begriff bezeichnet also ein eher analytisches Vorgehen.
  2. anupassanā benennt "Beobachten, Betrachten", wobei die Vorsilbe anu- "nach...hin, entlang, gemäß, betreffs" bedeutet. Dieser Begriff bezeichnet demnach eine Art von Kontemplation.
  3. anussati benennt das "Gedenken, Erinnern, ins Gedächtnis rufen, sich auf etwas besinnen", eine Vorgehensweise, die Achtsamkeit auf etwas beinhaltet, d.h. ein eher kontemplatives Vorgehen, wie eigentlich alle Übungen der Kategorie B. Ñāṇatiloka übersetzt mit "Eingedenksein", Ñāṇapoṇika mit "Vorstellung".
  4. saññā benennt "Wahrnehmung, Vorstellung, Idee, Gedanke" und bezeichnet in diesem Zusammenhang das bewusst-achtsame Wahrnehmen, Aufmerken als auch das Auffassen und Befassen mit dem jeweiligen Objekt der Beobachtung.
  5. paccavekkhana benennt "Reflektion, Bedenken, sich (Rück)Besinnen" und ist im Grunde genommen eine Art von II. in Bezug auf Meditation bzw. meditative Erreichung(en).

Laut AN II,32 führen zwei Eigenschaften zum Wissen, nämlich Geistesruhe und Hellblick. Wird die Geistesruhe geübt, entfaltet sich der Geist. Ist der Geist entfaltet, schwindet das, was da an Gier besteht. Wird der Hellblick geübt, entfaltet sich die Weisheit. Ist aber die Weisheit entfaltet, schwindet das, was da an Verblendung besteht.

Allerdings führt die Einsichts-Meditation nicht zwingend zu Sammlung bzw. Konzentration, sondern möglicherweise eher zu Aufgeregtheit und Unruhe.

In AN III,62 werden ganz schematisch 18 geistige Erwägungen genannt, d.h. eine Kombination der 6 Sinnestore die jeweils zu Frohsinn, Trübsal und Gleichmut veranlassen. Und laut AN VIII,2 gibt es zur Erlangung von Einsicht allerlei Bedingungen, nämlich in der Nähe eines Meisters leben und mit äußerster Scham und Scheu, Liebe und Achtung erfüllt, ihn zeitweilig befragen, sich erklären lassen, danach durch zweifache Absonderung (d.i. körperlich und geistig) leben, sittenrein sein, sich vollkommen im Verhalten schulen, wissensreich sein (bzw. werden), die Lehre wortgetreu erlernt, erwogen, verstanden haben, mit Willenskraft Unheilsames überwinden, Heilsames erwecken, standhaft, eifrig dabei verweilen, innerhalb der Gemeinde keine niedrigen Gesprächen führen, selber die Lehre vortragen bzw. anderen zuhören oder schweigen.

Des Weiteren sollte man bei den 5 Khandhā, also den Daseinsaggregaten, das Entstehen und Vergehen betrachten. Übrigens ist dazu auch "nur" minimale Konzentration erforderlich, d.h. die sogenannte "angrenzende Sammlung", was bedeutet, man kann das Objekt eine gewisse Zeit fokussieren. Meist ist ein Nimitta, d.i. ein geistiges Abbild, das Erkennungsmerkmal (siehe Kasina).

Warum das Ganze erst bei wenigstens minimaler geistiger Sammlung bzw. Konzentration? Ganz einfach: weil man dann das aufgefasste Objekt länger im Geist fokussieren kann. Weitaus effektiver ist es natürlich, wenn man nach dem Herauskommen aus einem Vertiefungszustand (jhāna) Einsichtsmeditation betreibt. Und warum das? Weil da noch die geistige Reinheit, d.i. unterdrückte Nīvaraṇā, vorherrschen. Oft wird Atembetrachtung bis zur Sammlung geübt, dann erfolgt ein "Umschwenken" zur Einsichtsmeditation.

Folgende Arten von Übungen bzw. "Techniken" sind in den Texten zu finden. Die Anordnung hier erfolgte nach dem Prinzip "vom Groben ins Feine".

Die Körperbetrachtung - kāyānupassanā (MN 10).

Diese ist äußerst wichtig, ja sogar Heilige, die es eigentlich gar nicht mehr nötig hätten, üben sich laut SN darin. Der Wert der Körperbetrachtung wird auch in AN I,36 beschrieben:

"Wenn einer seine Gedanken auf das Weltmeer richtet, so sind für ihn auch alle ins Meer sich ergießenden kleinen Flüsse darin eingeschlossen. Ebenso sind für den, der die Körperbetrachtung entfaltet und häufig geübt hat, darin alle zum Wissen hinführenden heilsamen Dinge einbegriffen. Es gibt eine Betrachtung, die, wenn entfaltet und häufig geübt zu starker Ergriffenheit führt, zu hohem Heil, zur hohen Sicherheit, zu Achtsamkeit und Wissensklarheit, zur Gewinnung des Erkenntnisblickes, zu gegenwärtigem Wohlbefinden, und die die Frucht der Wissenserlösung zur Reife bringt. ... wo der Körper ruhig wird, der Geist ruhig wird, Gedankenfassen und Erwägen ruhig werden und auch sämtliche zum Wissen hinführenden Dinge zur vollen Entfaltung gelangen. ... die unaufgestiegenen unheilsamen Dinge nicht zum Aufsteigen kommen und die aufgestiegenen unheilsamen Dinge schwinden. ... die Unwissenheit erlischt, das Wissen erwacht, der Ichdünkel schwindet, die Neigungen (anusayā) ausgemerzt werden und die Fesseln (saṃyojanā) abfallen. ... die zu den vielfältigen Wissensarten führt und zum haftenslosen Nibbāna (anupādā-parinibbāna) ... die zur Durchdringung der vielfältigen, verschiedenartigen Elemente führt, zur Unterscheidung der vielfältigen Elemente. ... die die Frucht des Stromeintritts zur Reife bringt, die Frucht der Einmalwiederkehr, die Frucht der Niewiederkehr und die Frucht der Heiligkeit. ... die zur Erlangung, Zunahme und Fülle des Wissens führt, zum Zustand des hohen, weiten, großen, tiefen, unvergleichlichen, ausgedehnten und reichen Wissens, zum Zustand des schnellen, behenden, heiteren, antreibenden, scharfen und durchdringenden Wissens ... das ist die Körperbetrachtung."

Und gleich in der nächsten Lehrrede (AN I,37) geht es so weiter:

"Wer nicht den Einblick in den Körper kostet, der kostet nicht das Unvergängliche. - Wer nicht den Einblick in den Körper genossen hat, der hat nicht das Unvergängliche genossen. - Von wem der Einblick in den Körper gewichen ist, für den ist das Unvergängliche gewichen. - Wer da den Einblick in den Körper verfehlt hat, der hat das Unvergängliche verfehlt. - Wer da den Einblick in den Körper versäumt hat, der hat das Unvergängliche versäumt. - Wer da den Einblick in den Körper vergessen hat, der hat das Unvergängliche vergessen. - Wer nicht den Einblick in den Körper übt, hat nicht fürs Unvergängliche geübt. - Wer nicht den Einblick in den Körper entfaltet hat, der hat nicht das Unvergängliche entfaltet. - Wer nicht den Einblick in den Körper gepflegt hat, der hat nicht das Unvergängliche gepflegt. - Wer nicht den Einblick in den Körper verstanden hat, der hat nicht das Unvergängliche verstanden. - Wer nicht den Einblick in den Körper durchschaut hat, der hat nicht das Unvergänglich durchschaute. - Wer nicht den Einblick in den Körper verwirklicht hat, der hat nicht das Unvergängliche verwirklicht."

Man sollte wissen, dass es auch den Begriff kāyagatā-sati gibt, was "auf den Körper gerichtete Achtsamkeit" bedeutet. Darunter ist oftmals nur die Betrachtung der 32 Körperbestandteile gemeint, mitunter aber auch die Betrachtung des Zerfallsprozesses eines toten Körpers, was üblicherweise als maraṇānussati bezeichnet wird.

Übrigens kann man durchaus über die Körperbetrachtung in die erste Vertiefungsstufe (jhāna) eintreten.

Welche Arten der Körperbetrachtung gibt es eigentlich? In MN 10, der Lehrrede von der Vergegenwärtigung der Achtsamkeit werden 5 Übungen aufgezeigt, nämlich die Betrachtung der Körperhaltungen (Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen, sämtliche Verrichtungen), die Körperbestandteile, die Elemente, die 9 Arten der Betrachtung eines verwesenden Körpers und die Atemachtsamkeit. Die Betrachtung der Gefühle wird, obwohl untrennbar mit dem Körper verbunden, nicht dazu gezählt.

Unterm Strich dürfte klar sein, worauf Körperbetrachtung abzielt, es ist nämlich ein analytisches Vorgehen, wobei mithilfe Anatomie und Physiologie gegen den Glauben an Beständigkeit bzw. Unveränderlichkeit des Körpers als auch einer innewohnenden Seele, d.h. die Vorstellung von Ich und Mein, vorgegangen wird.

Die jeweiligen Arten der Körperbetrachtung erscheinen auch einzeln an anderen Stellen im Kanon. Die Betrachtung der Elemente (dhātu) in MN 62 und 115, sowie AN IV,177, wobei in MN 62 die Elemente in Wechselbeziehung mit dem Geistzustand gebracht werden. In AN VI,41 wird das Beispiel vom Baumstamm verwendet, um die Betrachtung der einzelnen Elemente zu erklären.

Die Betrachtung von einer Leiche, bzw. vom Verwesungsprozess (maraṇa-anussati) findet sich dann auch in MN 13. Oft sagt man ja auch "Sterbebetrachtung", was aber sachlich nicht richtig ist, denn nicht der Prozess des Sterbens wird kontempliert, sondern eben der Zerfallsprozess des Körpers nach dem Tod. Das ist eigentlich seltsam, ist doch das Sterben im Prinzip das Wichtigste im Leben. Warum? Weil jener Vorgang maßgeblich darüber bestimmt, wie und wo die neue, d.h. darauffolgende Existenz beginnen wird. Es ist demnach auch keine Betrachtung über den Tod, sondern effektiver über das Sterben als solches. An einigen Stellen im Kanon verstreut wird deutlich darauf hingewiesen, dass einem der Tod nicht erspart bleibt, dass niemand einem davor bewahren kann. Aber worum geht es eigentlich? Es soll die Erkenntnis entstehen, was der Tod ist, nämlich das Aufhören der Lebensfunktionen im Körper und nicht das Ende oder gar die Vernichtung des Daseinsprozesses? Des Weiteren wird bei der Kontemplation klar, dass das Sterben ein Prozess ist und sich nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten vollzieht. Im Prinzip kann man sagen, es geht immer schön der Reihe nach. Also vom Groben zum Feinen. Erst bricht der Körper als solcher zusammen, d.h. das "Erd-Element", dann das Wasser-Element, angefangen von Mundtrockenheit über das Einsinken der Augen bis hin zum Zusammenbruch des Blutkreislaufes. Dann endet das Atmen, also das "Wind-Element". Und zuletzt schwindet die Körpertemperatur, d.h. das "Feuer-Element".

Die Betrachtung der Verwesung, also des Zerfallsprozesses eines toten Körpers ist hierzulande nicht machbar. So etwas sei pietätlos. Im Prinzip stellt man sich neun Stadien des Zerfalls vor, beginnend mit den Leichenflecken, einer aufgedunsenen Leiche, die dann angenagt da liegt, dann weiter zerfällt, bis nur noch Knochen übrigbleiben, und sogar diese zu Staub zerfallen.

Wie bereits erwähnt, müsste dann die Betrachtung des Gefühls (vedanā) folgen, weil es ja bekanntlich ohne Körper kein Gefühl gibt. Es ist also grenzwertig. Nichtsdestotrotz eine der wichtigsten Betrachtungsweise, die es gibt. Hier werden die sechs Sinnesgrundlagen (āyatanā), also die innerlichen mit den sechs äußerlichen in Zusammenhang gebracht, was ganz nüchtern betrachtet, nichts anderes ist, als dass man den Körper als mit Sensoren gespickt erkennt, die nur darauf aus sind, mit den entsprechenden Objekten in Kontakt zu kommen, wobei Gefühl entsteht. Und das sind drei Arten, nämlich angenehme, unangenehme und neutrale, die man wiederum klassifiziert in "weltlich" und "überweltlich".

In MN 13 werden Gefühle hinsichtlich Jhāna kontempliert.

Man sollte sich im Klaren sein, was der Unterschied zwischen Gefühl und ausgelöster Emotion ist. Letztendlich geht es darum, zu erkennen, wie es zur Wahrnehmung kommt, eben dass dieser ganze Prozess bis hin zum Bewusstsein bedingt entstanden ist, dass da keinerlei "Seele" involviert ist und dass man nur ab einem ganz bestimmten Punkt in der Wahrnehmungskette hinsichtlich "heilsam" und/oder "unheilsam" eingreifen kann.

Womit wir zwangsläufig beim Betrachten des Geistes bzw. Geistzustandes (cittānupassanā) wären, was wiederum als Körperbetrachtung recht grenzwertig ist, denn "Geist" ist eindeutig immateriell. Aber ohne Hirn gibt es als körperliches Wesen auch keinen "Geist". Diese Betrachtungsart ist daher nicht weniger wichtig. Man kann sie ständig und überall üben. Allerdings bedarf es dazu schon einer recht guten, d.h. stabilen Konzentration. Also je besser die Konzentrationsfähigkeit, umso tiefgreifender der Erkenntnisgewinn.

Alles in allem werden die fünf Daseinsaggregate (khandhā) in einzelnen oder aufeinanderfolgenden Betrachtungen kontempliert. Im Prinzip geht es dabei also um das Erkennen von Ursächlichkeit, d.h. bedingter Entstehung, Unzulänglichkeit (dukkha), Veränderung, d.h. Vergänglichkeit (anicca), als auch Substanzlosigkeit bzw. Unbeseeltheit (anatta).

 

Andere Betrachtungen - anussati

Es gibt die "üblichen" Betrachtungen, also die über den Erwachten (buddhānussati), wobei man sich vor Augen hält, was Erwachen bzw. Erleuchtung bedeutet, dass der Buddha "auch nur ein Mensch" war. Man sinnt über die Qualitäten eines Buddha nach, wobei durchaus spirituelle Freude (pīti) usw. entstehen kann. Üblicherweise verwendet man den Spruch: "Itipi so bhagavā, arahaṃ sammāsambuddho, vijjā-caraa-sampanno, sugato lokavidū, anuttaro purisadammasārathī satthā deva-manussānaṃ, buddho bhagavā'ti." Zu Deutsch bedeutet das: "Wirklich, er ist der Erhabene, Heilige, vollkommen Erwachte, der in Wissen und Wandel Bewährte, der Wegbereiter, der Kenner der Welt, der unübertreffliche Lenker führungssuchender Menschen, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene."

In der selben Weise erfolgt die Betrachtung hinsichtlich der Lehre (dhamma-anussati), wobei man sich vor Augen führt, welche Qualitäten diese hat, welches Potential, was man doch für ein ungeheures "Glück" hat, diese vorzufinden, oder gar ausüben zu können bzw. zu dürfen. Hierbei muss man natürlich auch auf die Erwachensfaktoren (bojjhaṅgā), besonders die "Lehrergründung" (dhammavijjaya) verweisen, also auf das Studium, sowie den Zusammenhang von Theorie und Praxis. Und die "Praxis" der Betrachtung der Lehre ist ganz ähnlich der vorhergehenden, nämlich, indem man auch hier einen Spruch aufsagt und diesen kontempliert. Er lautet: "Svākhāto bhagavatā dhammo sandiṭṭhiko, akāliko, ehipassiko, opanayiko, paccattaṃ veditabbo viññūhī'ti." Zu Deutsch: "Wohlverkündet hat der Erhabene die Lehre, die einleuchtende, zeitlose, die einlädt: 'Komm und sieh!', die zum Ziel führt und den Weisen, jedem für sich verständlich ist."

Die dritte Betrachtung, die sich unmittelbar anschließt, ist die über die Gemeinschaft (saṅghānussati). Auch hier geht es darum, die Qualitäten des Saṅgha zu kontemplieren, und zwar wie bei den beiden anderen auch, mittels eines Verses:

"Supaṭipanno Bhagavato sāvakasaṅgho ujupaṭipanno Bhagavato sāvakasaṅgho, ñāyapaṭipanno Bhagavato sāvakasaṅgho, sāmīcipaṭipanno Bhagavato sāvakasaṅgho, yadidaṃ cattāri purisayugāni aṭṭha purisapuggalā, esa Bhagavato sāvakasaṅgho, āhuṇeyyo, pāhuneyyo, dakkhiṇeyyo, añjalikaraṇīyo, anuttaraṃ puññakkhettaṃ lokassā'ti." In Deutsch: "Auf guten Wegen geht die Gemeinschaft des Erhabenen, geradlinig geht die Gemeinschaft des Erhabenen, kenntnisreich geht die Gemeinschaft des Erhabenen, meisterlich geht die Gemeinschaft des Erhabenen. Es sind der großen Menschen Zweiergruppen vier, acht große Menschenwesen, das ist des Erhabenen Jüngerschaft, der Gaben wert, der Gastlichkeit, der Ehrerbietung und der Gaben ein unermessliches Feld für Verdienste in der Welt."

Da stehen einige Begriffe, die der Erläuterung bedürfen. Zuallererst natürlich der Begriff Saṅgha selber. Dabei muss man sich darüber im Klaren sein, dass mit diesem Wort keineswegs das gemeint ist, ja sogar gemeint sein kann, was heutzutage als "Mönchsorden" unterwegs ist. Nein, das Wort Saṅgha bezieht sich hier eindeutig auf die Gemeinschaft jener, die wenigstens eine der vier Stufen der Heiligkeit (im buddhistischen Sinn wohlgemerkt) erlangt haben, d.h. es sind jene gemeint, die mit "Zweiergruppen großer Menschen" bezeichnet werden. Zweiergruppen bezieht sich auf die Erfahrung des sog. "Pfades" und das Ergebnis eben dieser Durchbrüche dahin, also dass jemand Nibbāna unmittelbar erlebt, 'wie das Auge den Mond sieht'. Der geistige Durchbruch zu irgend einer der vier Stufen des Erwachens wird 'Pfad' (magga) genannt, und die Erkenntnis, zu der man durchgebrochen ist, 'Frucht' (phala). Der Pfad ist wie der Ausbruch aus dem Kerker des Nichtwissens in die befreiende Erkenntnis, und die Frucht, wie der Besitz dieser Erkenntnis. Es gibt, wie gesagt vier, also (1)Pfad und Frucht des Stromeintrittes (sotāpatti) (2)den der Einmalwiederkehr (sakadāgāmī) (3)den der Nichtwiederkehr (anāgāmī) und (4)den der Arahatschaft oder 'Heiligkeit' (arahatta). Das sind dann insgesamt eben jene vier Zweiergruppen überweltlicher Erfahrungen, und die 'Vier Zweiergruppen Großer Menschen' sind diejenigen, die auf irgend einer der vier Stufen des Erwachens angelangt sind und Pfad und Frucht erfahren haben. Trennt man Pfad und Frucht voneinander, so ergeben sich acht Arten überweltlicher Erfahrung, und die 'Acht Großen Menschenwesen' (aṭṭha purisa-puggalā) sind dann diejenigen, die zu irgend einer dieser Erfahrungen gelangt sind. Man kann keine dieser vier Stufen überspringen, sie müssen nacheinander verwirklicht werden. Während der 'Pfad' auf jeder Stufe des Erwachens etwas Einmaliges ist, kann man die Fruchterreichung (phala-samāpatti) durch einen bestimmten Meditationsvorgang wiederholen. 'So erfreuen sich die Edlen der Frucht ihrer Erreichung', heißt es in den Texten.

Der Stromeingetretene (sotāpanna) ist in den Strom innerer Transformation eingetreten, der mit Sicherheit zur endgültigen Befreiung führt. Er hat den Glauben an ein beständiges Ich oder Selbst, d.h. an etwas wie eine immerwährende bzw. ewige Seele, den skeptischen Zweifel und den Glauben an die Wirksamkeit von Regeln und Riten abgelegt. Er tritt im Höchstfall noch sieben Mal in ein neues Dasein. Der Einmalwiederkehrende (sakadāgāmī) hat darüber hinaus Sinnesgier und Abneigung bis auf einen geringen Rest überwunden. In den meisten Fällen wird er in einer höheren Welt wiedergeboren und kehrt von dort noch ein Mal zur Menschenwelt zurück, um Nibbāna zu verwirklichen. Der Nichtwiederkehrende (anāgāmī) hat auch den letzten Rest von Sinnengier und Abneigung überwunden und somit alles, was ihn an die Welt der fünf Sinne fesselte. Sofern er nicht noch in diesem Leben zur endgültigen Befreiung gelangt, wird er in einer Welt feinkörperlicher Wesen, den sog. 'reinen Gefilden' (suddhāvāsa) wiedergeboren und verwirklicht dort Nibbāna. Zur Menschenwelt kehrt er nicht mehr zurück. In ihm verbliebene Fesseln sind Begehren nach Dasein in den Welten feinkörperlicher und körperloser Wesen (rūparāga und arūparāga), und Reste von Dünkel (māna), Aufgeregtheit (uddhacca) und Unwissenheit (avijjā). Der Arahat oder 'Heilige', selbstverständlich nicht im Sinne einer Heiligsprechung, hat auch diese letzten Fesseln (Unreinheiten) abgeworfen. Er lebt seine natürliche Lebensspanne in unerschütterlicher Ruhe zu Ende und stirbt dann den letzten Tod, d.h. er erlischt sozusagen (nibbati). Für ihn gibt es keine neuerliche Existenz mehr.

Zum Thema "unermessliches Feld für Verdienst" kommen wir später, wenn es um die Entwicklung bzw. Entfaltung der Vollkommenheiten (pāramī) geht.

Wichtig ist hier jedoch noch der Hinweis darauf, dass man sehr wohl auch über die Gemeinschaft derer kontemplieren kann, die als sogenannte "vierfache Gemeinde" in den Schriften erscheint. Es heißt nicht umsonst "vierfache" und nicht nur drei! Das bedeutet, es sind auch die Bhikkhunī, also die buddhistischen Nonnen mit inbegriffen, ein Umstand, der merkwürdigerweise unter den Herren Ordinierten gern vertuscht bzw. ignoriert wird. Dabei hat doch der Buddha gesagt, als er laut DN 16 einst von Māra gebeten wurde, jetzt, da er erwacht sei, könne er doch erlöschen, dass er nicht eher ins Parinibbāna (vollkommene Erlöschen) eingeht, bis er nicht die vierfache Gemeinschaft etabliert habe.

Eine etwas ungebräuchliche Art der Betrachtung ist die über die Tugend bzw. Ethik (sīlānussati). Dabei geht es darum zu erkennen, dass alles, was man bewirkt hat, sei es in Handlungen, Worten, ja sogar in Gedanken, auf einen selbst zurückfällt. Ganz getreu dem Spruch: "Was du nicht willst, das man dir tu, das füge keinem andern zu!" Das kann man auch sehr gut verdrehen in: "Was ich selber denk und tu, das fügen mir die andern zu." Man soll also das unabänderliche Gesetz von Ursache und Wirkung erkennen und sich dem entsprechend verhalten. Und das bedeutet eben, zu erkennen, dass meine Intention die Bedingungen für gewisse karmische "Früchte" schafft. "Der Wille ist die Tat", wie es so schön heißt. Andererseits muss man auch akzeptieren, dass das, was andere tun, mich zwar tangiert, aber grundsätzlich nicht mein Problem ist. Mein Problem ist bzw. wird "nur", wie ich damit umgehe.

Eine eher selten praktizierte Betrachtung ist die der Freigebigkeit (cāgānussati). Vor allem in Deutschland sieht es damit eher mau aus. Dabei gilt Deutschland doch als "reiches Land". Nun ja - vielleicht reich an Schulden. Jedenfalls kann man sich an zwei Händen abfingern, wieviele Ordinierte hierzulande von Unterstützung leben, die nicht von Amts wegen erfolgt. Einheimische wohlgemerkt. Kurzum, gäbe es nicht die vielen Thai-Zentren, sähe es mit Ordinierten noch viel schlechter aus, als ohnehin. In Asien ist die Praxis des Gebens (dāna) allgemeinhin Bestandteil der Kultur. Dort erfolgt beinahe ständig der Hinweis auf die Pāramī, also die "Vollkommenheiten", die es zu entwickeln gilt, um in einer nächsten Existenz nicht mittellos dazustehen. Übrigens steht Dāna bei den Pāramī an erster Stelle. Man kann es eigentlich ganz knapp ausdrücken: Ohne Dāna kein Dhamma!

Noch weniger praktiziert wird dann die Betrachtung bzw. Kontemplation über die Himmelswesen (devatānussati). In unseren Breiten sowieso, denn hierzulande sind Begriffe wie "Himmel" und/oder "Hölle" dem kirchlichen Gebrauch zugeordnet. Und aufgrund der Aufklärung, aber auch dem Zeitenwandel, wobei man getrost den Sittenverfall hinzurechnen kann, ist mit "Kirchens" nicht mehr viel Staat zu machen. Auch die Skandale der letzten Zeit und die Enthüllungen aus Kinderheimen und diversen Klöstern tragen wesentlich dazu bei, dass den etablierten Kirchen die Leute weglaufen.

Doch zurück zum Buddhismus. Auch hier macht sich "Aufklärung" bemerkbar. Vor allem muss man wissen, dass Buddhismus in Deutschland keine anerkannte Religion ist, also keine öffentlich/rechtliche Einrichtung. Aber das war ja auch nie die Absicht des historischen Buddha, ist anzunehmen.

Noch ein Schritt weiter zurück zu den "Himmelswesen". Hier stellt sich die Frage, ob Kosmologie Sinn und/oder Unsinn ist. Der gewöhnliche Atheist wird das Dasein als eine einmalige Affäre abtun. Für solche Leute ist Kosmologie und "Wiedergeburt" nur Firlefanz. Aber das Konzept vom Saṃsāra gilt für alle Wesen gleichermaßen. Dabei spielt die Vorstellung bzw. das Wissen von den (neun) verschiedenen Daseinsarten und -orten (sattāvāsa) keine Rolle. Alles was existiert, unterliegt dem Wandel. Wer geboren wurde, der wird sterben. Punkt.

Die eher Religiösen sind sich beinahe alle einig, dass Schlechtes "nach unten" und Gutes nach "oben" führt. Wer also in "edlere" Gefilde aufsteigen will, der sollte bzw. der wird freiwillig Ethik beachten.

Aber ist die Hölle tatsächlich "unten" und der Himmel "oben"? Das "Oben" entspricht "höherer" Lebensqualität, das "Unten" entspricht geringer Lebensqualität. Oder "oben" bedeutet viel Glück bzw. wenig Leid und "unten" bedeutet viel Leid bzw. wenig Glück. Dennoch muss man sich vergegenwärtigen, dass auch Krankheit "viel Leid" bedeutet, Gesundheit jedoch auch "nur" wenig Leid. Leidfrei ist nur, wer oder was nicht (mehr) existiert.

Die buddhistische Kosmologie hält, wie bereits erwähnt, allerlei Daseinssphären für erreichbar. Und die sind je nach meditativer Erreichung zu erlangen. Dabei ist bezeichnend, dass Jhāna-Erreicher besonderes "Glück" empfinden. Logischerweise streben sie das an, und das wirkt sich karmisch entsprechend aus.

Hier ist nicht der Platz, um die ganze buddhistische Kosmologie abzuhandeln, es wird daher auf einen diesbezüglichen Vortrag verwiesen, den man hier finden kann.

Kurz gesagt, bei dieser Betrachtung geht es darum, sich zu vergegenwärtigen, was zu tun als auch zu lassen ist, wenn man denn in himmlische Gefilde gelangen möchte. Aber auch die Kontemplation über die Qualitäten jener Wesen als auch deren Aufenthaltssphäre(n) dient dazu, an bzw. in sich selber zu ergründen, inwiefern man solche besitzt bzw. entfaltet hat.

In einer früheren Abhandlung zum Girimānanda-Sutta (AN X,60) wurden bereits eben jene zehn darin genannten Arten von "Betrachtungen" besprochen. Daher finden sich hier im Folgenden fast wortgetreue Wiederholungen.

Eine weitaus häufiger anzutreffende, als auch sehr empfehlenswerte Betrachtung ist die der Unbeständigkeit bzw. Vergänglichkeit (aniccasaññā). Man kontempliert dabei demnach über eines der Drei Merkmale (ti-lakkhanā), die auch als "Tore zur Befreiung" (vimokkha) fungieren. Das kann man auf zweierlei Art bewerkstelligen, nämlich aktiv oder passiv. Die eher aktive Art ist, dass man z.B. beim Beobachten des Atems eben den Aspekt des flusshaft Vergänglichen herauspickt und sich darauf konzentriert. Oder bei allem, was man als Objekt beobachtet, eben ganz gezielt versucht, Entstehen, Bestehen und Vergehen zu bemerken. Die eher passive Methode ist, dass man sich auf ein Objekt konzentriert, das ganz offensichtlich und deutlich erkennbar das Merkmal des Veränderlichen an sich hat, wie z.B. der Atem oder das Gefühl, aber auch strömendes Wasser kann wie eine Art Kasina verwendet werden. Hier konzentriert man sich dann gleich von Anfang an auf das Verändern und blendet alles andere aus. Musik ist zwar auch aufgrund der Veränderung der Töne bzw. Tonlagen sehr veränderlich, und kann zu konzentrativen Zuständen führen, dennoch hat es - zumindest bei den Meisten - eine eher ablenkende und/oder zerstreuende Wirkung bzw. man achtet eher auf den Klang als auf das Veränderliche, was eher "fesselnd" wirkt. Auf gar keinem Fall sollte man aber wie ein Mantra "anicca, anicca, anicca" vor sich hin plappern. Das hilft nur im ganz normalen Alltag, wenn man allerlei, vor allem unangenehme Erfahrungen machen muss.

Auch in Europa ist die Vergänglichkeit nichts Unbekanntes. Bereits Heraklit hat postuliert "alles fließt" (panta rei). Aber den Schritt, diese Erkenntnis auf sämtliche Erscheinungen, auf alles Existierende anzuwenden, das scheint irgendwie nicht zu klappen. Im Prinzip geht es darum zu erkennen, dass Entstehen der Anfang der Unbeständigkeit ist, dass Verfall ihre Mitte ist und Auflösung ihr Ende. Kurzum: flusshaft vergänglich ist alles bedingt Entstandene. Und genau das ist erstaunlicherweise in den Texten die ständige Formulierung bei Stromeingetretenen (Mvg):

"Was immer auch entstanden ist, muss alles wieder untergeh'n."

Hier sollte dann der Bezug hergestellt werden bzw. die Erkenntnis aufsteigen, dass es demnach eine unveränderliche, ewige Seele nicht gibt, nicht geben kann. Und das ist ein krasser Widerspruch zu den meisten, ja eigentlich allen anderen Religionen bzw. Weltanschauungen. Buddhisten "glauben" nicht an etwas Ewiges, Unveränderliches, Immerwährendes. Demzufolge auch nicht an eine ewige Hölle oder irgend etwas anderes ewig Andauerndes. Auch ein Schöpfergott, ein Wesen, welches ein anderes, in diesem Fall den Menschen an sich, hervor gebracht hat, wird glattweg abgelehnt. Hier wird auf die "Drei Glaubensstandpunkte" verwiesen.

Die Betrachtung der Unbeständigkeit bzw. Vergänglichkeit aller Gestaltungen bzw. alles Gestalteten (sabbasaṅkhāresu aniccāsaññā) ist dem zur Folge "nur" eine weitere Vertiefung, bei der man sich nach Fokussierung auf einzelne Objekte, jetzt ohne Unterscheidung ganz flexibel auf sämtliche Phänomene bezieht.

Übrigens ist bei der Einsichtsmeditation (vipassanā) eine der Erkenntnisstufen jene, bei der sich jedwedes Betrachtungsobjekt, also alles, was man im Geist beobachtet, regelrecht auflöst. Daher ja auch die Bezeichnung bhaṅga-ñāṇa (Auflösungs-Erkenntnis). Zu den 16 Stufen der Erkenntnis kann (und sollte) man sich gründlich mit dem Buch "Nichts - für Anfänger" beschäftigen, worin zwei Werke des Ehrw. Ñāṇārāma Mahāthera enthalten sind.

Ganz im selben Tenor erfolgt die Betrachtung der Unbeseeltheit (anattasaññā) als eine jener drei, die sich mit den grundlegenden Merkmalen befassen.

Dass es keine innewohnende Seele oder Substanz geben kann, steht völlig im Widerspruch zu allen anderen Religionen. In den animistischen Religionen, u.a. dem Shinto, glaubt man, dass die Natur beseelt sei, d.h. dass auch Bäume, Steine, Orte eine "Seele" haben. Der Buddha bezeichnete in MN 22,25 ganz deutlich die Lehre von einer (ewigen) Seele als Bāladhamma d.h. eine Narrenlehre.

Die Vorgehensweise ist analytisch am effektivsten, d.h. vom Groben ins Feine, wie am Anfang dieses Themenkomplexes bereits erwähnt.

Eigentlich müsste hier der Logik folgend dukkhānupassanā erscheinen, die Betrachtung der Unzulänglichkeit, aber die gibt es in den Texten explizit nicht als solche. Jedenfalls ist das sogenannte "Leiden" ein Teil der Drei Merkmale, das auch eines der Drei Tore zur Befreiung (vimokkha) werden kann.

Aber um Dukkha betrachten bzw. verstehen zu können, muss man erstmal wissen, was das Wort bedeutet. Dukkhā bedeutet Unzulänglichkeit, nicht einfach nur "Leiden". Du- ist im Pāli die schlecht machende Vorsilbe und kha bezeichnet den Luft- bzw. leeren Raum, eine Körperöffnung, einen Zwischenraum als auch "Loch" und nur in übertragenem Sinn die Radnabe. Bildhaft wäre die Vorstellung demnach eine sich zwar drehende, aber irgendwie unrund laufende Nabe vorzuziehen. Dukkha steht allerdings sehr wohl auch für den Begriff "Leiden" bzw. "Leidhaftigkeit", aber man sollte nie den Textzusammenhang außer Acht lassen.

Man lese mal das Lakkhaṇa-Sutta, das laut Mvg 20 der Buddha jenen fünf Mönchen lehrte, die einst seine Gefährten waren, als er sich noch mit schwersten asketischen Übungen abquälte. Da kann man nachlesen, dass jene fünf daraufhin die Heiligkeit erlangten. Derart "heftig" scheint diese Rede auf sie gewirkt zu haben. Später und etwas abgewandelt bzw. editiert erscheint diese Lehrrede auch in SN XIX,1. Jedenfalls bestätigt das die Aussage, dass wer auch nur eines von den drei Kennzeichen "durchschaut" bzw. "durchdringt", dass der- bzw. diejenige "befreit" werden kann.

Grundsätzlich gilt, dass alles bedingt Entstandene unzulänglich ist, es hat naturgemäß den Aspekt der Leidhaftigkeit, und wenn es "nur" hinsichtlich der Vergänglichkeit sein sollte. Und somit sind auch die Bojjhaṅgā auf irgendeine Weise "unzulänglich", aber andererseits, obwohl vergänglich, dennoch nicht "leidhaft".

Im Prinzip geht es also "nur" darum, "Leiden" als Naturgesetz betrachten. Man kann sich diesem Daseinsmerkmal nicht entziehen. Egal wohin man sich wendet, und sei es auch in die tiefsten meditativen Zustände - irgendwann taucht man daraus wieder auf und sieht sich wieder mit dem "ganz alltäglichen Wahnsinn" konfrontiert.

Wohl dem, der gelernt hat, verschiedene Meditationstechniken in Anwendung zu bringen. Wer sich in Gelassenheit, d.h. Gleichmut (upekkhā) übt, der weilt nicht umsonst in "göttlichen Zuständen". Die Erfahrung der "Leidhaftigkeit", d.h. die Intensität des Leidens ist deutlich geringer.

Die Betrachtung der Gefährdung bzw. des Gefährdetseins (ādīnavasaññā) ist im Prinzip eine Form von dukkhānupassanā. Im Girimānanda-Sutta (AN X,60) heißt es in einer etwas freieren Übersetzung:

  "Es besteht die Gefahr, dass in meinem Körper allerlei Leiden entstehen. So zum Beispiel Erkrankungen von Auge, Ohr, Nase, Zunge, Bauch, Kopf, Ohr, Mund und Zähne. Auch Husten, Asthma, Schnupfen, Entzündungen, Fieber (oder Altersleiden), Bauchschmerzen, Ohnmacht, Durchfall, Gliederreißen, Ruhr, Lepra, Kropf, Aussatz, Schwindsucht, Epilepsie, Ausschlag, Jucken, Verschorfung, Krätze, Räude wären möglich. Erkrankungen des Blutes und der Galle, Zuckerkrankheit, Lähmung, Blattern, Fisteln könnten auftreten. Durch Galle, Schleim und Gase oder deren Zusammenwirken bzw. Ungleichgewicht der 'Säfte' können Krankheiten hervor gerufen werden. Durch Temperaturwechsel, unregelmäßige Lebensweise und Unfall bedingte Krankheiten gibt es, außerdem durch früheres Karma verschuldete Krankheiten. Der Gefahr von Hitze und Kälte, Hunger und Durst bin ich ausgesetzt. Und, egal was ich zu mir nehme, es wird zu Kot und Urin."

Es ist kaum nachvollziehbar, warum ādīnava so generalisiert mit "Elend" übersetzt wurde, wenn man liest, was es zu betrachten gibt, nämlich: "Es entstehen da in diesem Körper mannigfache Leiden, wie Erkrankungen von allerlei Art und Ursache." Ja was ist denn so "elend" am Körper? Was ist so "elend" an Krankheiten? Dass man Krankheiten als "Elend" bezeichnet, ist noch nachvollziehbar, schließlich fühlt man sich mitunter ziemlich "elend". Ersetzen wir das Wort "Elend" durch "Gefahr", ergeben sich erfrischend neue Perspektiven. Wer schon mal in den sog. Vipassanā-ñāṇā, siehe "Nichts - für Anfänger", herum gestöbert hat, dem dürfte hier klar werden, was gemeint ist, worauf diese Übung hin zielt. Das Erkennen der Gefahr in jeglicher Form von Existenz. Egal als was oder wo man in eine neue Existenz tritt: man ist der Gefahr von Alter, Krankheit und Tod ausgeliefert - und niemand kann einen davor schützen. Dieses Stadium wird, gleichlautend wie diese Übung hier, ādīnavānupassanā-ñāṇa (Einsicht durch Kontemplation der Gefahr) genannt. Eine Einsichtserkenntnisstufe sozusagen. Das Einsehen, dass es Gefahr gibt, ist die eine Sache, aber wie geht man damit um? Das ist ein kniffligeres Ding. Gut, wenn man sich mit seinem Lehrer darüber aussprechen kann. Vor dieser Gefahr weg rennen, das nutzt nichts. Die Übungspraxis abbrechen, weil es unangenehm wird, ist ebenfalls der falsche Weg, wird aber oft von Anfängern in der Meditation gemacht. Es ist ratsam, sich der Gefahr bewusst zu werden und dass es keinen Ausweg aus dieser Gefahr gibt - solange man existiert. Die nächste Stufe der Einsichtswissen heißt "Einsicht durch Ernüchterung". Hat man sich also der Gefahren-Betrachtung lange genug hingegeben, so setzt Ernüchterung ein. Das sollte nicht mit Gleichgültigkeit verwechselt werden oder mit Fatalismus "da kann ich eh nix machen". Einsicht in das Wesen der Existenz ist, dass einem etwas ganz klar bewusst wird. Man kann es als "aha-Erlebnis" bezeichnen. Die Ernüchterung muss nicht sonderlich stark ausgeprägt sein, aber die nächste Stufe dürfte es werden: Der Wunsch nach einem Ausweg aus der Gefahr. Das führt uns direkt wieder zur Betrachtung unseres Daseins zurück.

Im Text werden anfänglich tatsächlich allerlei Krankheiten aufgezählt. Dann aber wird der kritisch Lesende stutzen: Was haben Kälte und Hitze hier zu suchen? Das sind doch keine Krankheiten. Das sind äußere Bedingungen, zugegeben, auch als Krankheitsauslöser tauglich. Aber Hunger und Durst kann man wiederum als "Krankheit" ansehen. Gänzlich verzweifeln kann man, wenn hier Kot und Urin als Krankheit gelistet werden. Mag sein, dass Kot eine Menge Krankheitserreger beinhaltet, aber Urin? Manche Menschen gurgeln sogar damit!

Ersetzt man einmal "Elend" durch "Gefahr", wird einem jetzt die drohenden Gefahren des Existierens, nämlich die Gefahr des Erkrankens, des krank Werdens, aufgezeigt. Die Gefahr, möglicherweise das "Elend" Hunger und Durst erleiden zu müssen. Das "Elend", das, was man zu sich genommen hat, wieder ausscheiden zu müssen. Aber ohne Nahrungszufuhr geht es auch nicht. Was für ein Elend! - Langsam aber sicher sollte sich der Wunsch manifestieren, da 'raus kommen zu wollen. Ohne den Willen einzusetzen, geht es jedenfalls nicht.

Dass es sich bei dieser Art Meditation wieder um eine intellektuelle, gedankliche Betrachtung/Kontemplation handelt, dürfte deutlich geworden sein. Dass es eine Übung ist, die man am besten alleine praktiziert, wird durch den standardisiert wirkenden Vorsatz verdeutlicht, der da lautet: "Da begibt sich der Mönch in den Wald, an den Fuß eines Baumes oder in eine einsame Behausung, und erwägt bei sich."

Man kann gerne die jeweiligen Erkrankungsmöglichkeiten im Einzelnen gedanklich durchspielen: 'Da gibt es den Augenarzt - auch ich habe mitunter Probleme beim Sehen. Der Optiker kostet auch einen Haufen Geld.' - 'Da gibt es den HNO-Arzt. Ich erinnere mich genau an meine letzte Mandelentzündung. Oh, was für eine üble Geschichte.' - 'Da gibt es den Zahnarzt. Ein ganz spezielles Thema.' Am besten wir denken gar nicht erst darüber nach. Dann hat die Welt noch diverse Spezialärzte zu bieten, um uns das Dasein zu "verschönen". Der Chirurg, der aus unserem Körper erkranktes Gewebe heraus schneiden kann. Für die Männer gibt es den Urologen. Und weil die Frauen gleichberechtigt sind, gibt es den Gynäkologen. Der Proktologe ist auch ein ernst zu nehmender Doktor. Aber egal zu welchem Arzt man gehen muss, freiwillig tut man das nicht. Oh, was für ein Elend! Aber man kann nichts dagegen machen. Man ist für Krankheiten anfällig. Das ist eben die Gefahr, wenn man einen Körper hat. So will ich mich nun anstrengen und alles daran setzen, um dieser Gefahr möglichst schnell nicht wieder ausgesetzt zu sein. Womit wir wieder bei den Einsichtsstufen wären.

Was sehr unterschätzt wird ist, dass aufsteigende Gefühle von Angst einem die weitere Praxis gründlich verleiden kann. Meiner Meinung nach steigt "nur" so lange Angst auf, wie Daseinstrieb vorhanden ist. Je stärker also jemand am Dasein anhaftet, um so heftiger dürfte dessen Angst sein. Ein gewaltiges Risiko ist beim Üben auch, dass existenzverneinende, ja regelrecht zerstörerische Gedanken (im Sinne von Suizid) aufsteigen können. Ein Problem, dessen sich nur sehr wenige Meditationslehrer bewusst sind.

Aufsteigende Angst wegen der Betrachtung der Gefahr ist aber nicht das, worum es hier geht. Wichtig ist, zu erkennen, dass man, solange man existiert, der Gefahr von Alter, Krankheit und Tod ausgesetzt ist, und dass man vor dem aufsteigenden Gefühl der Abneigung, denn Angst ist mit "Nichtmögen" verbunden, nicht davon läuft. Angst und Schrecken sind bedingt entstandene Gefühle und eben nur als solche zu betrachten. In Maßen - nicht in Massen. Es bedarf wirklich eines geschickten Lehrers, um dem Praktizierenden die "richtige Mischung" zu verordnen, um keinen Schaden anzurichten.

Vergegenwärtigt man sich wieder, dass "Freude" einer der sieben Faktoren des Erwachens ist, so kommt unweigerlich die Frage auf, wie das bei dieser Art Betrachtung funktionieren soll - ohne Masochist zu sein. Vermutlich steigt nicht während des Übens Freude auf, sondern mit wachsender "Gewöhnung", mit steigender Vertrautheit mit dem Thema. Zuerst muss Akzeptanz im Geist entstehen, etwa so: "Ja, so ist es! Na klar, wenn es den Körper gibt, dann gibt es auch unangenehme Erfahrungen." Aber der Körper ist ja nicht nur fähig unangenehme Erfahrungen zu machen, sondern im Prinzip sind alle unsere Sensoren darauf aus, angenehme Eindrücke zu bekommen bzw. unangenehme zu vermeiden. Haben wir das klar erkannt, können wir auch effektiv und sinnvoll damit umgehen. Es wird Freude über das Erreichte aufsteigen. Und mit der Freude, etwas erreicht zu haben, kommt auch der Wunsch auf, weiter zu üben. Der Sinn der Sache dürfte nun klar genug sein, dass sich eine Tendenz der Abwendung gegenüber allen Gestaltungen entwickelt, ein Wunsch nach Entkommen. Und das ist eben letztendlich Nibbāna.

Die Betrachtung der Reizlosigkeit der ganzen Welt (sabbaloke anabhiratasaññā) könnte man als eine Art rechnen, ähnlich sabbaloke aniccasaññā. Auch hier wieder die Erläuterungen aus dem Girimānanda-Sutta, wo es heißt: "Da überwindet der Mönch das krampfhafte Hängen an der Welt, diese beharrliche, hartnäckige Tendenz des Geistes, er wendet sich davon ab und haftet nicht daran."

Das war schon alles. So einfach ist das also! So einfach? Wirklich? Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Wie soll denn das gehen, dieses krampfhafte Hängen an der Welt "einfach so" überwinden? Diese beharrliche, hartnäckige Tendenz des Geistes ist nun aber wirklich nicht so einfach zu überwinden. Was wir im Lauf des Saṃsāra, also in der anfangslosen Reihe unserer Existenzen als eben diese Tendenz geschaffen haben, das lässt sich mit Sicherheit kaum wie auf Knopfdruck überwinden. Die Tendenz des Daseinsdranges zählt zu den drei zugrundeliegenden Einflüssen (āsavā), ist also sehr tief verwurzelt. Es muss sich also um eine Übung für sehr Fortgeschrittene handeln. Wenn man die Āsavā zu betrachten versucht, kann es sehr leicht sein, dass man des ganzen Daseins überdrüssig wird. Der Wunsch nach Weiterleben, geschweige denn auf eine neue Existenz, wird ausgerodet - gerade wie eine Wurzel. Für einen im Haus lebenden, der vielleicht sogar noch Verantwortung für andere zu tragen hat, eine fatale Sache. Für Ordinierte eine eher "finale" Sache. Aber nicht im Sinne von Sterben, sondern im Sinne des Erreichens des letztendlichen Zieles, dessen warum "ein edler Sohn (Tochter) aus dem Haus in die Hauslosigkeit zieht".

Diese Art der Praxis zählt unter die Geistzustandsbetrachtung (cittānupassanā). Den eigenen Geistzustand in all seiner Feinheit zu betrachten, das ist wahrlich nicht so leicht. Dazu bedarf es einer hohen Konzentration. Da verwundert es schon, wenn im Text nicht der Hinweis auf Abgeschiedenheit erscheint. Wie soll man eine derart hartnäckige Tendenz ausroden können, ohne sich völlig gesammelt zu haben? Das Thema der "Vollen Sammlung" gehört zur Samatha-Praxis, also zur meditativen Konzentrationsübung. Ohne ein Mindestmaß an Konzentration bzw. Sammlung (samādhi) ist Vipassanā nicht praktizierbar. Das Erreichen der sog. Vollen Sammlung, auch Jhāna genannt, ist nicht zwingend vorgeschrieben, aber sehr wohl als äußerst nützlich zu akzeptieren. Warum? Weil in den Versenkungs-stufen die geistigen Hemmnisse (nīvaraṇā) unterdrückt sind. Und mit einem derart "sauberen" Geistzustand lässt es sich sehr effektiv arbeiten. Natürlich erst, wenn man aus der Versenkung heraus tritt. Daher legen viele Meditationslehrer größten Wert auf das Erreichen von wenigstens dem ersten Jhāna. Laut kommentarieller Literatur genügt allerdings auch das Erreichen der "Angrenzenden Sammlung" für die Praxis der Einsichtsmeditation.

Wer Versenkungsstufen erreichen kann, und das vielleicht sogar ganz nach Belieben, der ist hier ganz klar im Vorteil. Dem dürfte es eben auch nicht schwer fallen, sich von allem Weltlichen abzuwenden. Warum? Weil in den Versenkungen - zumindest anfänglich - ein unbeschreibliches Freude- bzw. Glücksgefühl aufsteigt. Ein Gefühl, welches nicht aufgrund von Sinnenkontakt, also im normalen Alltag, erfahren werden kann. Es steigt von innen her auf. Und das ist derart schön, angenehm usw., dass man es am liebsten ständig genießen möchte. Darin liegt aber auch die Gefahr. Es ist nichts Schlechtes, Jhānas zu erreichen, diese Erreichungen zu pflegen. Der Buddha hat es selber oft genug empfohlen. Aber das daran Anhaften, das kann ein Problem werden. Auch sichert das Erreichen von Versenkungen, gleich welcher Tiefe, nicht vor Rückfall. Das heißt, die Tendenzen von Gier, Hass und Verblendung, eben auch der Daseinstrieb, werden nicht ausgemerzt. Aber eben das ist ja der Sinn der Einsichtsmeditation.

Es scheint also so zu sein, dass man erst einmal den Klarblick schulen sollte, um ganz deutlich die Drei Merkmale des Daseins (tilakkhaṇā) zu erkennen, zu verstehen. Hat man erkannt, dass alles was existiert unbeständig, unbeseelt und unzulänglich ist, dürfte es eigentlich auch ein Leichtes sein, sich von jeder Form von Dasein zu befreien.

Sich von einer Tendenz des Geistes abwenden, heißt es. Aber wie nur? Es ist ja schon schwer genug, diese zu erkennen, zu fixieren. Zu allererst muss akzeptiert werden, dass der Daseinstrieb zu unserer Natur gehört. Eben aus dem Grunde existieren wir doch. Es wäre falsch, dies zu leugnen oder als etwas Negatives zu verteufeln, sich vielleicht sogar noch Vorwürfe zu machen, deswegen depressiv zu werden. Das ist aber alles schon vorgekommen. So manche Anstalt könnte Bücher über fehlgeleitete Meditierende verfassen. Dass man sich über die eigenen "Fehler" ärgert, kann ja vorkommen. Aber beim Meditieren ist das sich Ärgern als negative Geisteshaltung zu entlarven und zu beheben. Bevor nicht die einfachsten Dinge, die sich im Geist vollziehen, klar erkannt und begriffen sind, sollte man sich auch nicht daran begeben, tiefer zu gehen. Auch hier also, doch noch viel dringlicher, ist es geraten, sich mit einem erfahrenen Lehrer auszutauschen. Die Geistbetrachtung ist wie eine Art Operation am offenen Herzen. Da kann man nicht einfach mal zwischendrin etwas anderes tun. Mal eben eine Rauchen gehen oder so. Daher eben auch der dringende Hinweis, sich intensiv mit der Theorie des Dhamma (der Buddhalehre) zu beschäftigen. Ohne grundlegende Kenntnisse der Gesetzmäßigkeiten dürfte das Ergebnis der Übungspraxis kein gutes sein. Es gibt, wie gesagt, reichlich abschreckende Beispiele.

Als Minimum sollte verstanden sein, was Körper und Geist sind (nāma-rūpa-pariccheda-ñāṈa), das ist die erste Stufe der Einsichtswissen. Auch das Verständnis, was Wahrnehmung ist, wie sie funktioniert, ist von großem Wert. Eigentlich sollten alle fünf Khandhā (Daseinsfaktoren) klar verstanden werden. Je besser das geistige Fundament, um so sicherer kann man dem im Geist entgegen treten, was da auftaucht. Und es wird eine Menge auftauchen, was unerklärlich erscheint. "Läuterung der Ansicht" wird es beim Ehrw. ÑāṈarāma genannt. Und dass die Rechte Ansicht der erste Schritt auf dem Achtspurigen Weg ist, das dürfte wohl bekannt sein. Es wird dringend empfohlen, sich mit dem Text der "Sieben Stufen der Läuterung - und die Einsichtserkenntnisse" zu befassen, bevor man an die Übung fortgeschrittener Praktiken geht. Und alleine, also ohne kompetente Begleitung, soll man das schon mal gar nicht.

Zuerst sollte man sich (mal wieder!) den Vorgang der Wahrnehmung vergegenwärtigen. Wie funktioniert das mit dem Reiz? Was macht den Reiz aus? Wie kommt es zum Entstehen von Reiz? Unsere "geistige Programmierung" lässt sich gut mit einem Kompass vergleichen. So, wie die Nadel vom Kompass sich nach Norden ausrichtet, so ist unser Geist darauf gerichtet (programmiert, konditioniert), angenehme Erfahrungen zu erlangen (und unangenehme zu vermeiden). Was wir als das am meisten positiv Bewertete registriert haben, dahin neigt sich unser Geist, das wollen wir immer wieder erfahren. Was uns zu dieser Erfahrung verhilft, hat für uns den größten Reiz.

Stellen wir uns mal vor, wir gingen shoppen. Die Geldbörse prall mit Scheinen und Kreditkarten gespickt. Die Schaufensterauslagen reizen ganz anders als letzte Woche, wo wir mal wieder völlig abgebrannt waren. Na jedenfalls kaufen wir mal wieder kräftig ein. Ein herrliches Gefühl! "Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein!" und "Ich kaufe, also bin ich!" sind recht passende Sprüche. So intensives Einkaufen erschöpft uns, und macht auch hungrig. Wir gelangen am Ende der Shopping-Mall an einen Platz, wo wir eine Entscheidung treffen müssen: entweder essen beim China-Mann oder speisen im Nobelrestaurant? Was reizt uns mehr? Nachdem wir uns an Weinbergschnecken mit Kräuterbutter gelabt oder anderenfalls mit Glutamat durchsetzten Bratnudeln gesättigt haben, stehen wir vor der Aufgabe, den Berg an Einkäufen nach Hause zu schleppen. Wir kommen aber auch an einem Reisebüro vorüber. Na klar! Woanders ist es (alles) VIEL besser. Gesagt, getan. Eine Reise gebucht und ab geht's. Am Zielort angekommen stellen wir fest, dass die Gegend irgendwie anders aussieht als im Katalog. Der Wunsch, woanders hin zu müssen/wollen keimt auf. Sicherlich ist es anderenorts noch schöner. Irgendwann haben wir das Reisen satt und sehnen uns nach hause. Aber eigentlich ist es doch woanders schöner als da. Uns fällt der Spruch ein "Zuhause ist es doch am schönsten!". Warum kam uns dieser Spruch nicht in den Sinn, als wir im Reisebüro waren? Sehr seltsam.

Was ist es, dass uns dazu reizt, Änderung zu wollen, zu suchen, einzugreifen, um zu verändern? Woher kommt Unzufriedenheit? Der Spruch von P. Debes passt mal wieder perfekt: "Je weniger der Mensch bedarf, um so größer ist seine Freiheit."

Um die geistige Kompassnadel dazu zu bringen, sich vom Weltlichen weg zu bewegen, gibt es zweierlei Wege: a) Das Ersetzen durch das Gegenteil. Man benennt Angenehmes also mit unangenehm und umgekehrt. Das Gewöhnungsmuster (Paradigma) wird also ins Wanken gebracht; oder b) Man sucht sich etwas "besseres". Zwar sagt man, das Bessere sei stets der Feind des Guten, aber in diesem Fall ist das wohl eher unpassend.

Wer Versenkungsstadien erfahren hat, bzw. sogar "Überweltliche" Erfahrungen gemacht hat, der weiß, dass es möglich ist, das geistige "Strickmuster" zu ändern. Das ist vergleichbar mit Änderungen am Betriebssystem bei einem Computer. Man versucht nicht länger, die installierte Software, d.h. die Programme umzuschreiben, sondern man begibt sich in die Tiefen der Systemeinstellungen. Für einen derart Praktizierenden ist das "normale" weltliche Dasein reizloser geworden. Wer das "Höchste" erfahren hat, dem wird die Welt vielleicht sogar als Geschmacklosigkeit vorkommen. Reizlosigkeit hat sich eingestellt.

Wer selber keine Erfahrungen gemacht hat, der mag dennoch seinen Geist umorientieren können, nämlich indem er auf anderer Menschen Erfahrung blickt, sich vergegenwärtigend: "Auch ich bin ein Übender. Warum sollte nicht auch ich diese Erfahrung machen können?"

Die Betrachtung der Wunschlosigkeit hinsichtlich aller Daseinsbildungen (sabba-saṅkhāresu anicchāsaññā) ist ebenfalls eine der zehn Betrachtungsarten aus dem Girimmānanda-Sutta (AN X,60). Und auch sie ist beinahe unbekannt. Im Text steht: "Da empfindet der Mönch Entsetzen, Ekel, Abscheu vor allen Daseinsbildungen."

Zehn Worte - Punkt. Fünfzehn Worte weniger als bei der vorigen Art der Betrachtung. Für eine Meditationsanweisung recht wenig. - Meint man.

Wer nicht ganz genau hinsieht, bzw. -hört, dem entgeht ein kleines, aber entscheidendes Detail in der Rechtschreibung: Im Pāli-Text steht jetzt nämlich an-icchā - statt wie bisher der viel gestresste Begriff a-nicca. Die Betrachtung der Vergänglichkeit kann zwar nicht oft genug wiederholt werden, aber hier geht es um etwas anderes, eben um das offensichtliche Erreichen bzw. Festigen von Begierdefreiheit. Also egal was wir über unsere Sinnesorgane auch wahrnehmen, egal, wie "reizvoll" es sein mag, ein diesbezügliches "Wünschen" soll nicht in uns aufkommen. Gleich, ob es der Wunsch sei, dass es so bleiben mag wie es ist (also schön oder angenehm) oder ob es das Habenwollen wäre. Diese Art der Betrachtung setzt das fort, was unter Punkt 8 bereits behandelt wurde, was ja auch logisch nachvollziehbar ist. Man kann sagen, dass "Reizlosigkeit" sowieso kein Wünschen aufkommen lässt. Das ist aber nicht ganz richtig. Es gibt schließlich nicht nur Begehren im Geist, sondern auch Abneigung. Auch Unangenehmes löst Reaktionen aus. Das wird dem Meditierenden spätestens beim Empfinden von Schmerzen klar. Auf der subtileren Ebene dürfte das Aufkommen von Langeweile den Wunsch nach mehr Sinneskontakt oder anderer Beschäftigung aufkeimen lassen. Das Wünschen ist also gar nicht so leicht zu überwinden.

Aber warum die Wunschlosigkeit entstehen soll, indem Abscheu, Entsetzen, Ekel vor allen Daseinserscheinungen empfunden werden, das bedarf nun wirklich der Nachforschung. Ist es ein Fehler in der Übertragung der Texte? Kann gut sein, denn schließlich gab es eine dreistellige Zeitspanne an Jahren, ehe die bis dahin mündlich tradierten Texte aufgeschrieben wurden.

Nehmen wir doch noch einmal den Text vom Ehrw. Ñāṇarāma (siehe "Nichts - für Anfänger") zur Hand. Da können wir lesen, dass das Empfinden von Entsetzen, Ekel und Abscheu vor dem Dasein am ehesten als sechste Stufe der Einsichtswissen bezeichnet werden kann: Die Kontemplation des Daseins als Schrecken (bhay' upaṭṭhāna-ñāṇa). Stufe sechs lässt sich nicht ohne die vorherigen Stufen erreichen. Aber es ist durchaus möglich, und auch schon vorgekommen, dass die vorherigen Stufen kaum deutlich hervor traten, sodass es den Anschein hatte, es gäbe sie nicht. Das Auftauchen von Angst und Schrecken im Geist bei Meditierenden ist eine recht bekannte Sache. Vorausgesetzt es sind fähige Lehrer am Werk, ist dieses Stadium auch gut zu meistern. Wenn nicht, sieht es für den Übenden schlecht aus. Allein gelassen mit seiner Angst kann er regelrecht daran zugrunde gehen. Es sind Fälle bekannt, die reichen vom einfachen Verstörtsein bis zur Einweisung in die Geschlossene, leider gab es auch Suizidfälle. Angst vor der Angst ist aber nicht das Mittel der Wahl, um auf dem spirituellen Pfad Fortschritte zu machen. Der Gefahr muss man entgegentreten, man muss sich ihr stellen. Sonst wird man sie nie überwinden.

Angst und Schrecken wollte auch Māra im gerade zum Buddha erwachten Siddhattha aufkommen lassen, doch er hatte keinen Erfolg. Warum wohl? Weil der Buddha ganz klar erkannt, also realisiert hatte, wie es zum Entstehen von solchen Geistzuständen kommt. Und mehr als ein Geistzustand ist Angst nun mal nicht. Also sind Angst und Schrecken bedingt entstandene Phänomene. Nichts real Existierendes. Vergänglich sind sie, und sie haben keine Substanz. Das Verständnis der Drei Merkmale muss tief im Geist verankert sein, dann hat Angst und Schrecken keine gravierende Auswirkung mehr.

Dass Ekel, Abscheu und Entsetzen keine positiven Geistzustände sind, dürfte klar sein. Wie aber negative Geistzustände beim Kontemplieren hilfreich sein sollen, das erfährt man nicht. Domanassa (Gemütsverstimmung) ist definitiv nicht förderlich. Ein mit Abneigung verbundener Geistzustand ist nicht heilsam. Und etwas, was nicht heilsam ist, wie soll das dem Fortschritt dienen? Gut möglich, dass diese Betrachtung den so genannten "heilsamen Schrecken" bewirken soll. Das Anhaften, das Identifizieren mit der Angst, das Aufschäumen, das ist es, was die Angst gefährlich macht, was den Fortschritt verhindert. Schließlich steht ja auch bei den Sieben Faktoren des Erwachens (bojjhaṅgā) resp. den 37 zur Erleuchtung dienlichen Dingen (bodhipakkhiyadhammā) auch keine Angst, sondern eher das Gegenteil, die Freude.

Wir erinnern uns, dass wir über das Dasein als ständig einer Gefährdung ausgesetzt zu sein, gelesen haben, was uns in der Reihe der Einsichtserkenntnisse zu Stufe 7, der Kontemplation der Gefahr brachte. Die Betrachtung der Wunschlosigkeit hinsichtlich alles Existierenden ist die Schlussfolgerung, die Einsichtsstufe acht, die Ernüchterung (nibbidānupassanañāṇa), dass alles Existierende vergänglich ist, dass alles keinerlei Sicherheit bieten kann usw. Dieses Aha-Erlebnis, was einen im christlichen Sinne "zur Umkehr" bewegt, die Ernüchterung (nibbidā), die lässt das Wünschen nach Sinnendingen schwinden. Der einzige Wunsch, der jetzt aufkommt, wird der der Befreiung sein. Dies wäre dann Stufe 9 der Einsichtserkenntnisse. Die darauf folgenden Erkenntnisstufen behandeln wir bei passender Gelegenheit.

Die Betrachtung der Unattraktivität (asubhasaññā) ist allerdings schon eher eine der bekannteren Kontemplationen. A-subha lautet das Pāli-Wort. Subha bedeutet: "schön, schmuck", aber auch "angenehm, erfreulich, günstig". Da aber ein a- als Vorsilbe hinzugefügt ist, bedeutet das die Verneinung davon, also: "un-schön, schmuck-los bzw. un-angenehm, un-erfreulich, un-günstig". Warum so oft "Unreinheit" übersetzt wird, bleibt im unklar. Von "Reinheit", das im Pāli visuddhi heißt, keine Andeutung. Alles im oben gegebenen Sinn ist zutreffend für diese Form der Meditation. Summasummarum also un-attraktiv, d.h. nicht anziehend (abstoßend). Mitunter findet man sogar das Wort "Ekelbetrachtung". Das ist völlig überzogen. Was soll denn an einem normalen Körper "eklig" sein? Dass da diverse Flüssigkeiten im Körper sind, welche, wenn sie austreten, als ekelhaft empfunden werden, steht eher nicht zur Debatte. Unattraktiv sieht es aber schon aus. ...

Zur eigentlichen Praxis: Wir betrachten mal unseren Körper als "völlig normal", ganz "natürlich", ganz neutral. Wir versuchen alle (Vor-)Urteile weg zu lassen. Wir schauen einfach ganz nüchtern unseren Körper an, wie in einem Spiegel. Wenn Gefühle aufsteigen von "Ekel", "Abscheu", also Gefühle der Abwendung, dann fragen wir uns nach dem "Warum?". Warum soll der Körper "eklig" sein? Er ist eben so, wie er ist. Punkt. Wenn Gefühle der Zuneigung entstehen, also man empfindet sich als "hübsch", "attraktiv", gar nicht so hässlich", dann fragen wir auch hier "Warum?" Was ist an diesem Körper dran, was man als "schön" bezeichnen könnte. Gibt es da etwas, was andere Körper vielleicht nicht haben? Was macht den eigenen Körper "schöner" oder "besser" als den eines anderen? Wir sollten versuchen, irgendwie die Balance zu bekommen zwischen Zu- und Abneigung, also Gleichmut. Haben wir das geschafft, so gehen wir in Gedanken nach innen, also in den Körper hinein. Manch einer zerlegt seinen Körper in Gedanken wie auf einem Seziertisch, manch anderer betrachtet sich von innen wie bei einem Spaziergang. Die Vorgehensweise spielt keine Rolle. Wichtig ist, dass man, egal was man "sieht" neutral bewertet. Es einfach so wahrnimmt, wie es eben ist. Weder etwas abstoßend bezeichnet, noch beschönigt. Für Selbstverliebte empfiehlt sich allerdings der Blick nach innen. Unsere Wertvorstellung betrifft doch zumeist das Äußere. Und was können wir rein äußerlich schon wahrnehmen? Fast nichts, denn es ist hierzulande nicht üblich, nackend herum zu laufen. Außerdem: nicht jeder menschliche Körper entspricht unserem Paradigma von "angenehm". Wie gut, dass es Kleidung gibt! Also nochmals: Was können wir wahrnehmen? Nur Form und Farbe. Der Rest wird im Geist zusammen gebastelt. So entstehen "schön" und "hässlich", "angenehm" und "eklig".

In der Lehrrede steht das selbe, was wir bereits bei der Körperbetrachtung unter dem Aspekt "Anatomie" gelesen haben, es werden also 32 Körperbestandteile aufgezählt, und damit genug. Dass unser menschlicher Körper ein paar Teile mehr hat, ist uns hoffentlich noch aus dem Biologie-Unterricht bekannt. Warum Gelenkschmiere als "unrein" gehandelt wird, ist nicht recht nachvollziehbar, sie ist doch steril. Am ehesten der Darminhalt kann noch als "unrein" bzw. "eklig" bezeichnet werden. Bemerkenswert an dieser Meditationsanweisung ist, dass nicht erwähnt wird, man solle in den Wald gehen, an den Fuß eines Baumes oder in eine leere Hütte. Man kann also durchaus diese Betrachtung da machen, wo man es für richtig hält: zuhause, unterwegs, alleine, gemeinsam usw.

Eine schöne Übung ist es, wenn man am Tisch sitzend ein Tuch über die Schulter legt, welches nur ein Stück Unterarm samt Hand unbedeckt lässt, so dass der optische Eindruck entsteht, die Hand gehöre nicht zum eigenen Körper. Es bedarf ein wenig Herumprobierens, das auch gefühlsmäßig hinzubekommen, aber es funktioniert. Der Arm muss nur völlig entspannt auf dem Tisch liegen. Betrachtet man dann diesen Arm, diese Hand, die irgendwie nicht zu einem gehört, so stellt sich das Gefühl der Abneigung, des Nichtmögens ein. Das ist schon seltsam. In der Badewanne, wenn schön viel Schaum auf dem Wasser schwimmt, geht das auch ganz gut. Ebenso kann man sich auf einem Stuhl sitzend seinen Fuß auf einen anderen Stuhl stellen, den Unterschenkel völlig entspannend. Wiederum ein Tuch benutzend, um die optische Verbindung zum Körper zu unterbrechend, sollte man sich nun völlig auf den Anblick der Wade konzentrieren. Jetzt fasse man locker an diese Wade und schlenkere diese hin und her. Es dürfte ebenfalls ein Gefühl der Abscheu entstehen. So gibt es allerlei Arten, sich den Körper als "ekelhaft", "un-attraktiv" usw. vorzustellen. Auch bezüglich der anderen Körper funktioniert das. Man ergreife im Geist den Körper, den man begehrt und frage sich "Was ist an diesem Körper, den ich begehre dran, was ich nicht selber habe?" und "Wozu brauche ich diesen anderen Körper, ich habe doch mit meinem eigenen schon genug zu tun?". Das alleine wird nicht helfen, wenn man von starkem Begehren erfüllt ist. Denn eins dürfte klar sein: Der Buddha gab diese Meditationsform an Übende, die mit der Sinneslust zu kämpfen hatten. Da hat ein Frollein tolle lange Haare, sogar die richtige Farbe. Nun, zum Mittagessen, da finden wir genau solch ein Haar auf dem Teller. Die meisten Menschen finden Haare im Essen ekelhaft. Dabei haben sie selber (meistens jedenfalls) Haare auf dem Kopf bzw. am Körper, da empfinden sie keinen Ekel.

Vorsicht ist jedoch auch bei dieser Meditation geboten. Sie sollte nicht von Personen geübt werden, die depressiv veranlagt sind, die suizidgefährdet sind oder sonstwie eine recht lebhafte Fantasie besitzen. Nur allzu leicht kann es passieren, dass man den Körper als Last, als Ballast, als Ekelpaket empfindet, das es abzulegen gilt. Eben das ist schon zu Buddhas Zeiten vorgekommen, wie man in BhuV 162 nachlesen kann. Und wahrscheinlich auch heutzutage. Daher auch hier wieder die dringende Empfehlung, sich einen kompetenten und vertrauenswürdigen Lehrer zu suchen, einen so genannten Kalyāṇamitta, einen "Edlen Freund".

Die Betrachtung des Aufgebens bzw. des Überwindens (pahānasaññā) ist ungewöhnlicher, als die vorige. Auch hier wird aus der Abhandlung zum Girimānanda-Sutta (AN X,60) zitiert.

Das Wort pahāna bedeutet "Aufgeben, Verlassen, Verzichten, Meiden". Als Form der Meditation eigentlich eher etwas, was den Ordinierten vorbehalten sein sollte. Warum sollte auch ein im Arbeitsalltag integrierter Mensch sich im Aufgeben üben? Soll er seinen Job aufgeben? Soll er seine Familie verlassen? Soll er auf alles, was er sich erarbeitet hat verzichten? Soll er alles "Weltliche" meiden? Das würde ihm bzw. seiner Familie nicht gut bekommen. Hier ist eine gute Menge an Weisheit gefragt. Für den im normalen Hausleben Stehenden ist es sicherlich gut, wenn er diese Betrachtung nur gelegentlich, nur "andeutungsweise" übt. Sie völlig ignorieren wäre das andere Extrem. Es besteht allerdings kein "Muss". So, wie für alle hier aufgeführten Übungsarten keine zwingende Notwendigkeit oder Reihenfolge vorgeschrieben ist. Wenn man aber den Text genau liest, da ergibt sich für den im Hause Lebenden sehr wohl gewisse zu übende Dinge. Wer kennt sie nicht, die Gedanken der Sinnlichkeit? Die des Hasses? Gedanken des Übelwollens? Und die anderen unheilsamen Dinge, die einem im Geist herum spuken? Also ersetzen wir mal den "Mönch" durch "Mensch". Und voilá, es ergibt Sinn!

  "Da lässt ein Mensch einen aufgestiegenen sinnlichen Gedanken nicht Fuß fassen, überwindet, vertreibt und vernichtet ihn, bringt ihn zum Schwinden. Er lässt einen aufgestiegenen Gedanken des Hasses ... der Schädigung sowie (andere) jeweils aufsteigende üble unheilsame Dinge nicht Fuß fassen, über-windet, vertreibt und vernichtet sie, bringt sie zum Schwinden."

Zwingend notwendig ist für diese Meditation die Unterscheidungsfähigkeit von "heilsam" und "unheilsam". Wie aber gelangt man zu einem solch gesunden Urteilsvermögen? Man sollte prüfen, ob das, was man tut anderen schadet, ob es einem selber schadet oder sogar beidseitig zum Schaden gereicht. Wenn man auch nur ein Mal "ja" dazu sagen kann, sollte man diese Tat unterlassen. Das selbe gilt für auszusprechende Worte - bis hin zu Gedanken. Wie schwer das ist, wird einem erst bei fortgesetztem Üben bewusst.

Bemerkenswert auch hier, dass man dazu nicht erst in den Wald gehen muss, an den Fuß eines Baumes oder in eine leere Hütte. Möglicherweise wäre das sogar kontraproduktiv. Denn gerade andere Menschen reizen uns, lassen Gedanken der Sinnesgier, der Abneigung, des Übelwollens und vielerlei anderes Unheilsames in unserem Geist aufsteigen. Oder etwa nicht? Wer da ganz alleine, abgeschieden von den Sinnendingen diese Meditation übt, der wird sich nur allzu schnell als "rein" empfinden. Dünkel wird aufsteigen. Und wer sonnt sich nicht gerne in seiner Vorstellung "Ich bin besser als..."? Wäre das nicht der Weg ins Abseits? Also muss auch bei dieser Meditation darauf hingewiesen werden, sich wenigstens ab und an mit einem fähigen Lehrer zu beraten.

Ganz wichtig, ja geradezu von entscheidender Bedeutung ist das Wissen um die Wahrnehmung. Wie funktioniert das? Wann kommt es zur Bewertung, was heilsam bzw. unheilsam ist? Das Aufsteigen von Gedanken an sich ist im Prinzip neutral und kann auch nur schwer gestoppt werden. Das ist aber hier nicht unser Ziel. Wenn aufgrund von Wahrnehmung dazu "passende" Gedanken aufkommen, wird es interessant. Gehen wir das anhand des Sehens und des Hörens mal durch. Da ist also das Auge offen und etwas Sichtbares davor. Es kommt zum Sehen. Der optische Eindruck ist noch völlig neutral. Erst durch das HIN-sehen, dem sog. Aufmerken am Sinnestor (manasikāra), erfolgt das, was wir üblicherweise mit sehen bezeichnen. Das Gesehene, das Objekt wird anhand früherer Erfahrungen benannt, beurteilt, bewertet. Jetzt erst kommt es zur entscheidenden Phase: die Bewertung, ob es ein angenehmer, unangenehmer oder neutraler Gegenstand ist. Und erst jetzt tritt etwas hinzu, was man karmische Bildekraft nennt: der Wille. Das Gesehene gefällt - Habenwollen. Ist das Gesehene aber hässlich, und wie das Wort schon sagt, hasst man es, Aversion steigt auf, Nichtmögen. Das alles geht in unglaublich schneller Weise vor sich.

Beim Hören ist das Prinzip ähnlich. Nicht das Hören ist also das Problem, sondern das HIN-hören. Man könnte das beschreiben, als würde aus dem Ohr "jemand" regelrecht nach Geräuschen angeln. Das Ohr hört nicht bloß, es kann auch die Richtung der Geräuschquelle orten. Dass im Ohr befindliche Gleichgewichtsorgan wird übrigens in den Texten nicht erwähnt.

Die Betrachtung der Entreizung, der "Entsüchtung", der Reizlosigkeit (virāga-saññā), erscheint ebenfalls aus dem Girimānanda-Sutta (AN X,10).

Diese Art Übung sollte man laut dem Text allein, also im Wald, am Fuß eines Baumes oder in einer einsamen Behausung üben. Es handelt sich hierbei einmal mehr um eine intellektuelle Betrachtung. Man soll bei sich erwägen: 'Das ist der Friede, das ist das Erhabene, nämlich der Stillstand aller Daseinsgebilde, die Entledigung von allen Daseinssubstraten, die Gierversiegung, die Ent-Leidenschaftlichung, das Nibbāna!' Eine Betrachtung dieser Art ist aller Wahrscheinlichkeit nach nur etwas für Ordinierte oder Hausleute im Ruhestand bzw. in deren Freizeit. Es ist eine Übung, die man als direkten Angriff auf das Existieren nennen könnte. Direkt heißt, ganz konkret das höchste Ziel anvisieren, nämlich das Nibbāna. Hier werden dem Nibbāna nicht die sonst üblichen Negationen als Beschreibung beigefügt, sondern es werden definitiv positive Synonyme benutzt. Kein Wunder also, wenn sich der Geist eines auf diese Weise Übenden unschwer in diese Richtung neigt. Für das Erreichen des höchsten Zieles sicherlich recht effektiv - aber für den ganz normalen Alltagswahnsinn erscheint es absolut unbrauchbar.

Warum überhaupt "Leidenschaftslosigkeit"? Den Spruch "Leidenschaft ist das was Leiden schafft" kennt wohl jeder. Schon aus diesem Grund sollte es eigentlich eine Übung nicht nur für Ordinierte sein. Unter den Hausleuten, den sog. "Weltlingen" herrschen doch schlimmere Leidenschaften als unter den Nonnen und Mönchen - möchte man meinen. Man sollte aber auch Leidenschaftslosigkeit nicht mit Apathie, Gleichgültigkeit gleichsetzen oder sie gutgläubig mit Upekkhā (Gleichmut) verwechseln. Es läuft also wiederum darauf hinaus, dass ein Lehrer, ein (spiritueller) Berater auch hier unabdinglich ist.

Das Schlüsselwort hier heißt virāga. Rāga ist eine der drei Töchter Māras, die Leidenschaft, die Lust bzw. die Sinnlichkeit. Merkwürdig, dass alle drei Worte genau wie im Pāli weiblich sind. Die Vorsilbe vi- macht etwas auseinander, zer-, weg-, ver-. Beim Übersetzen ist nun Vorsicht geboten. Wenn ein Ablativ, also von etwas weg, dabei steht, bedeutet es sehr wohl Gleichgültigkeit bzw. Abneigung. Ohne den Ablativ aber bedeutet virāga Entsagung oder eben Leidenschaftslosigkeit. Da im Text kein Fall "von etwas weg" vorkommt, dürfen wir also mit ruhigem Gewissen Leidenschaftslosigkeit bzw. Entsagung verwenden.

Die Betrachtung der Vernichtung bzw. Zerstörung (nirodhasaññā) ist noch eine weitere Form der Betrachtung aus dem Girimānanda-Sutta (AN X,10). Die destruktive Bedeutung bezieht sich nur auf die Negativität(en), also die geistigen Hemmnisse (nīvaraṇā), die zugrundeliegenden Einflüsse (āsavā) usw. Das Schlüsselwort lautet hier nirodha. Im Wörterbuch steht dazu: "Hinderung, Unterdrückung" als auch "Vernichtung (besonders im Buddhismus des Begehrens)". Das gibt der Meditation einen gänzlich unerwarteten Sinn. Bislang steht in den meisten Übersetzungen "Erlöschen". Üblich ist doch eigentlich, dass man Nibbāna mit (völligem) Erlöschen (wtl.: "Ausgewehtsein") übersetzt. Im Englischen wird man auch fündig. Dort steht: "Unterdrückung, Zügelung; Zerstörung; Beendigung, Vernichtung (der Sinne, Bewusstsein, Gefühl und wenn generell: saṅkhāra [Gestaltungen])".

Die Übersetzung macht, wenn man es zu wörtlich nimmt, die Übung zu etwas Nihilistischem, etwas wird zerstört. Da aber die voran gestellten Worte nicht Negatives, und das letzte Wort ganz und gar nichts Nihilistisches an sich haben, ist man gezwungen, tiefer zu schürfen, indem man den gesamten Text im Zusammenhang betrachtet, denn so ergibt es dann auch Sinn: "... erwägt bei sich also: 'Das ist der Friede, das ist das Erhabene, nämlich das Zurruhekommen von allem Gestalteten, die Entledigung von allen Daseinssubstraten, die Gierversiegung, die Vernichtung des Begehrens, das Nibbāna!'"

Ebenso wie die vorige Betrachtungsweise, so ist auch diese eine zum allein üben. Wie gehabt also im Wald, am Fuß eines Baumes oder in einer einsamen Behausung. Bis auf ein Wort ist auch der Text identisch. Eine direkte Aufforderung Richtung des letztendlichen, höchsten Zieles zu praktizieren. Was nutzt diese Meditationsweise dem im Haus lebenden, der sich um Familie und überhaupt den Lebenserwerb kümmern muss? Unter dem Druck der weltlichen Pflichten erscheint einem diese Übung eher als eine Art Träumerei. Wozu also diese Meditation üben? Um einen "Geschmack" von dem zu bekommen, was als das höchste Ziel im Buddhismus angesehen wird?

Das Wort "zur Ruhe kommen" verdient gewisse Beachtung. Praktisch gesehen dürfte das etwas mit "Lassen", "Loslassen" zu tun haben. Man "lässt" etwas zur Ruhe kommen. Ruhe lässt sich nicht erzwingen. Geistesruhe schon gar nicht.

Sind wir hier nun noch bei der Einsichtsmeditation oder haben wir zur Geistesruhe-Meditation gewechselt? Ist da etwas schief gelaufen? Mit fortschreitender Praxis stellt sich auch eine andere Qualität ein. Die Erkenntnis, dass effektive Einsichtsmeditation ein Mindestmaß an Geistesruhe erfordert, haben wir bereits behandelt. Kommen wir zu subtileren Formen der Betrachtung, so wird die Notwendigkeit klar, dass es ohne ausreichend Konzentration einfach unmöglich ist, den eigenen Geist zu erforschen, geschweige denn, dass Erkenntnisse entstehen. Aber es lauern diverse Gefahren am Wegesrand. Die widerlichste dürfte die so genannte "Störung" sein. Hierzu ein Text-Zitat aus "Das Reine Beobachten und die Hauptquellen seiner Wirkungskraft in der Satipaṭṭhāna-Übung" von Ñṇāapoṇika:

Die Anfangsschwierigkeiten und der Anfangserfolg.

Wenn während der Meditation oder der Achtsamkeitsübung innere oder äußere Störungen auftreten, so wird es einem Anfänger in der Geistesschulung nur selten gelingen, diese leichthin beiseite zu schieben. Ebensowenig dürfte er Erfolg haben, wenn er sich mit den aus seinem Inneren aufwallenden, machtvollen Gegenströmungen der Unruhe oder der Leidenschaft in direktem Kampf messen wollte. Seine ungeschulte Abwehr wird meist nur eine emotionell gefärbte Aufmerksamkeit auf diese inneren und äußeren Störungen verstärken und ihnen manchmal unnötige und vermeidbare Überbetonung geben.

Bei der Bewertung solcher Misserfolge für den Anfänger müssen wir bedenken, wie häufig es gerade die Anfangs-Schwierigkeiten sind, an denen, eben wie äußeres Werk, so auch die innere Arbeit der Geistesschulung und Meditation scheitert. Dabei ist es nicht nur der Kleinmut, der angesichts der Anfangsschwierigkeiten zu einem vorschnellen Aufgeben weiterer Bemühungen führt, sondern es kann auch ein entgegengesetztes Motiv sein: ein falscher Stolz, der es nicht wahrhaben will, dass der Misserfolg an der eigenen, noch unentwickelten Kraft oder an mangelnder Ausdauer lag, sondern sich lieber einredet, dass die Methode die Schuld habe oder gar das Ziel nicht das rechte oder erreichbare sei.

Das beste sowohl faktische, wie auch gefühlsmäßige Gegengewicht gegen die Anfangsschwierigkeiten ist natürlich der Anfangserfolg. Solchen Anfangserfolg ermöglicht die gewaltlose Methode des Reinen Beobachtens, der jedes Objekt, das sich ihr bietet, recht ist und mit jedem Objekt Ergebnisse zeitigen kann, die unmittelbare Befriedigung gewähren. Damit ermutigt sie den Beginner und gibt ihm einen Fußpunkt für seinen weiteren Fortschritt. Und wie wichtig ist solche Ermutigung zu Beginn dieses schwersten Werkes; der Beherrschung, Lenkung und Formung unseres Geistes! Wie wichtig ist es, dass Freude, Befriedigung, Selbstvertrauen und Zuversicht, die aus dem Anfangserfolg erwachsen, unserem Geist auf seinem hohen Flug kraftvolle Schwingen verleihen! Trefflich sagt ein altchinesisches Weisheitsbuch, das I-Ging: "... dass in dem Chaos der Anfangsschwierigkeiten die Ordnung schon angelegt ist. So muss der Edle in solchen Anfangszeiten die unübersichtliche Fülle gliedern und ordnen, wie man Seidenfäden aus einem Knäuel auseinanderliest und sie zu Strängen verbindet. ...Wenn man zu Anfang einer Untersuchung auf Hemmungen stößt, so darf man den Fortschritt nicht erzwingen wollen, sondern muss vorsichtig innehalten. Aber man darf sich nicht irremachen lassen, sondern muss dauernd und beharrlich sein Ziel im Auge behalten."

Die kleine Störung - eine der größten Anfangsschwierigkeiten in der Meditation - ist allerdings nicht bloß auf den Anfang beschränkt. Sie besteht entweder aus ablenkenden und unterbrechenden Außenreizen oder den eigenen schweifenden und unruhigen Gedanken. Die irritierenden Nadelstiche der "kleinen Störung" können empfindlicher sein und den Willen zur Fortführung der Übung entscheidender lähmen, als starke Widerstände von außen oder leidenschaftliche von innen, welche im Gegenteil die Anspannung aller Abwehrkräfte herausfordern mögen. Doch gerade ein Charakter, dem diese letzte Reaktion naheliegt, wird durch die fortgesetzte "kleine Störung" in besondere Gefahr kommen, die Übung aus dem zweiten, der oben genannten Gründe aufzugeben, weil es seinen Stolz verletzt, fortwährend einem so "geringen" Gegner zu unterliegen. Die "kleine Störung" spielt demnach eine so wichtige Rolle, dass es nicht ausreichend ist, sich mit ihr nur dann zu befassen, wenn sie gerade auftritt. Wie lästige Fliegen werden die "kleinen Störungen" wohl manchmal durch anhaltendes Wegscheuchen vertrieben, doch meist kehren sie beharrlich zurück. Und in jedem Falle hat man sich durch die fortgesetzte Bewegung des Verscheuchens eine zweite Störung und Beunruhigung geschaffen. Es bleibt also dem Jünger einer Geistesschulung nicht erspart, sich mit der "kleinen Störung" auseinanderzusetzen, ein wirksames Gegenmittel zu finden und es planmäßig anzuwenden.

Das in seiner Einfachheit so geniale Mittel ist das Akzeptieren der Meditationsstörung als Betrachtungsobjekt. Dies ist nichts anderes als eine Anwendung der Grundregel des Reinen Beobachtens, keinen inneren oder äußeren Eindruck unbemerkt zu entlassen. Diese Aufmerksamkeit beschränkt sich aber, wie schon wiederholt bemerkt, lediglich auf den betreffenden Vorgang selber, ohne sich mit ihm nachdenkend oder bewertend zu befassen. Wird man zum Beispiel durch ein Geräusch unterbrochen, so ist so lange wie dieses Geräusch andauert, der Gegenstand der Achtsamkeit lediglich dieser Ton - und sonst nichts anderes. Wenn aber, bevor man seine Achtsamkeit fest darauf einstellen konnte, ein Gedanke des Unwillens aufgetaucht war, so ist der Betrachtungsgegenstand weder die komplexe Vorgangsreihe "störendes Geräusch" noch der einfache, aber vergangene Vorgang "Ton", sondern der gegenwärtige einfache Vorgang "Unwillen", solange er andauert.

In dieser Weise hat man die in der Lehrrede gegebenen Übungen anzuwenden, die sich auf die An- und Abwesenheit der "Hemmungen" (nīvaraṇā) und auf die durch Wahrnehmung entstehenden "Fesseln" beziehen. Erwirbt man allmählich Fertigkeit in einer solchen Auseinandersetzung mit den "kleinen Störungen", so wird man, wenn sie auftreten, in der Lage sein, unmittelbar oder sehr bald zum ursprünglichen Betrachtungsgegenstand zurückkehren zu können, ohne an innerer Unruhe oder Sammlungsfähigkeit zu verlieren. Das reine unpersönliche Feststellen ohne näheres Eingehen auf den "störenden" Vorgang bewirkt seine Neutralisierung, seine "Entfärbung" (vi-rāga, Gierlosigkeit, wtl. 'Entfärbung'). Es wird eine Situation geschaffen, ähnlich einem Gespräch, das durch mangelndes Interesse des einen Gesprächspartners abstirbt. Eine beharrliche Anwendung dieser gewaltlosen Methode wird selbst gegenüber den Hauptbefleckungen des Geistes ihre Wirkung nicht verfehlen. Daher durfte ein burmesischer Satipaṭṭhāna-Lehrer die ermutigenden Worte sagen: "Denke nicht, dass es schwer ist, die geistigen Befleckungen (kilesa) zu überwinden! Dass es dem Strebenden leicht ist, so sollst du denken. Wenn Lässigkeit aufsteigt, so wisse: 'Lässigkeit ist da'. Wisse es, wenn sie schwächer und schwächer wird und schließlich (eben durch fortgesetzte Achtsamkeit) schwindet." Der entscheidende Punkt ist, auf sie nicht einzugehen, weder durch Nachgeben, noch durch Verstimmung. In diesem Sinne ist auch ein bedeutendes Buddha-Wort in der 18. Lehrrede der "Mittleren Sammlung" zu verstehen: "Wodurch bedingt einem Menschen die Wahrnehmungen der Vielheitswelt ankommen, wenn da kein Erfreuen, kein Bejahen, kein Anhalt ist, so ist dies eben das Ende der Gier-Neigungen, der Hass-Neigungen, der Neigungen zu Ansichten ..."

So wird also der "kleinen Störung", diesem großen Feind der geistigen Sammlung und sogar auch den stärkeren Befleckungen nicht nur die Waffe in gewaltloser Weise aus der Hand genommen, sondern sie werden sogar in ein Förderliches verwandelt, in den Dienst der gewaltlosen Geistesschulung gestellt und zur Überwindung der gewalttätigen Leidenschaften benutzt. Dies ist wahrlich der größte Sieg - Feinde in Helfer zu verwandeln. Ein Sieg, würdig jenes großen "Siegers" (jina), des Buddha, würdig jenes einzigartigen "Kenners der rechten Mittel"!

Nach diesem ziemlich langen Zitat bleibt nur noch eine als Ergänzung zu sehende weitere Lehrrede aus dem AN (V,160), worin fünf Dinge aufgelistet sind, die als schwer zu vertreiben gelten, wenn sie erst einmal aufgestiegen sind, nämlich Gier, Hass und Verblendung, Gesprächigkeit und unstete Gedanken. Dass letztere beiden irgendwie zusammen hängen, leuchtet schnell ein. Wer Probleme hat, dieses beinahe ständige Gequatsche und/oder Kommentieren im Geist abzustellen, denn eher kann man beim besten Willen nicht von "Sammlung" sprechen, der sollte bei der Atembetrachtung erst einmal besser nicht die Achtsamkeit auf den Berührungspunkt des Luftstromes richten, sondern, wie es die Burmesen lehren, sich auf das Heben und Senken der Bauchdecke konzentrieren. Warum? Weil Das Sprachzentrum in Höhe des Mund-Rachenraumes liegt, und man durchaus Energie in diese Region bringt, wenn man sich dorthin konzentriert. Wird die Atmung flacher, wird auch das Heben und Senken der Bauchdecke flacher. Bis dahin, dass sie nicht mehr wahrnehmbar ist. Aber dennoch ist da weiterhin Atmen. Dann ist es ratsam, (wieder) auf den Berührungspunkt des Luftstromes an oder in der Nase zu wechseln.

Dass alltäglich gepflegtes Geschnatter, Geplapper und Geschwätz der Geistesruhe extrem schadet, dürfte jedem klar sein. Deshalb sind ja auch die meisten Meditationskurse sogenannte "Schweige-Retreats". Im Prinzip ist es ganz einfach: weniger "Input", dann gibt es auch weniger "Ablenkung" bzw. "Störung".

Aber der allerheftigste "Störfaktor" dürfte heutigentages das allseits und stets präsente Smartphone sein. Dieses Ding steuert den gesamten Tagesablauf. Es gibt Applications für alles Mögliche und schier Unmögliche. Die Handy-Sucht ist mittlerweile eine anerkannte psychische Erkrankung.

Laut AN IV,41 gibt es als Betrachtung noch die Wahrnehmung des Lichts (āloka-saññā), die zur Entfaltung des Erkenntnisblickes führen kann. Im Prinzip entspricht das der Übung vom Feuer-Kasina und zählt von daher wohl eher zur Samatha- als zur Vipassanā-Meditation. Aber immerhin wird sie in AN VII,58 auch empfohlen, um Müdigkeit zu vertreiben.

In AN I,35 werden "Wege der Meditation" gelistet. Es sind die 4 Vertiefungen (jhānā), die 4 göttlichen Verweilungen (brahmavihāra), die 10 Kasina-Übungen, und die 37 dem Erwachen förderlichen Dinge (bodhipakkhiyadhammā), die dann einzeln nochmals erwähnt werden. Dann werden die im Girimānanda-Sutta bereits erwähnten 10 Vorstellungen genannt, dann weitere 10 "Vorstellungen" (saññā), nämlich die der Vergänglichkeit (anicca), der Unbeseeltheit (anatta), die des Sterbens (maraṇa), des Ekelhaften bei der Nahrung (āhāre paṭikūla), die der Reizlosigkeit des ganzen Daseins (sabbaloke anabhirati), die der Leichenknochen (aṭṭhika), die einer von Würmern bedeckten Leiche (puḷavaka), die einer blau-verfärbten Leiche (vinīlaka), die einer zerfallenden Leiche (vicchiddaka) und die einer aufgedunsenen Leiche (uddhumātaka). Dann folgt die Erwähnung der Betrachtung über den Erwachten (buddha), die Lehre (dhamma), die Gemeinde (saṅgha), die Sittlichkeit (sīla), die Freigebigkeit (cāga), die Himmelswesen (devatā), die Ein- und Ausatmung (ānāpana), das Sterben (maraṇa), den Körper (kāyagatā), das Zurruhekommen (upasamā), was Ñāṇapoṇika einfach mit Frieden übersetzt, obwohl es dafür das Pāli-Wort santa gibt. Zuletzt wird erwähnt, dass man die mit der ersten, zweiten, dritten oder vierten Vertiefung verbundenen Fähigkeiten und Kräfte entfaltet, nämlich Vertrauen, Willenskraft, Achtsamkeit, Sammlung und Weisheit, oder die mit Güte, Mitleid, Mitfreude oder Gleichmut verbundenen Fähigkeiten und Kräfte. Wenn man in solcher Weise auch nur für einen Augenblick übt, so sagt man, dass man sich nicht vergebens vertieft, dass man der Satzung des Meisters folgt, seiner Weisung gemäß handelt und nicht unwürdig die Almosenspeise des Landes verzehrt. Was soll man da erst von jenen sagen, die das häufig üben?

Doch damit nicht genug. In AN V,57 werden fünf Betrachtungen genannt, nämlich die vom Altern (jarā), die von der Krankheit (bhesajja/dukkha), die vom Sterben (maraṇa), die von der Trennung von Liebgewordenem/Angenehmen und dass man Eigner und Erbe seiner Taten (karma) ist.

Es sind laut AN V,69 zur Erlösung führende Betrachtungen, laut AN V,70 zur Versiegung der Triebe führende Betrachtungen, laut AN V,71 zur Gemütserlösung führende Betrachtungen, laut AN V,72 zur Weisheitserlösung führende Betrachtungen.

In den Texten verstreut werden immer wieder Auflistungen der bereits genannten Betrachtungen in verschiedener Kombination angeführt. In AN X,7 kommt als höchstes noch die "Wahrnehmung des Daseinserlöschens (bhavanirodho nibbāna) hinzu.

Laut AN X,48 gibt es zehn Betrachtungen für Ordinierte, nämlich (1)dass man in veränderte Verhältnisse eingetreten sei, (2)dass man abhängig von anderen ist, (3)dass man sich anders benehmen soll, (4)dass man selbstkritisch hinsichtlich der Tugend sein soll, (5)dass man sich fragen soll, ob andere einen kritisieren können, (6)dass man alles, was man mag, irgendwann aufgeben muss, (7)dass man Karma als Erbe hat, Eigner der eigenen Taten ist usw., (8)dass man sich fragt, wie bzw. womit man seine Zeit verbringt, (9)ob man wohl Einsamkeit mag und (10)ob man etwas in Sachen Erkenntnis erreicht hat oder Reue empfindet, wenn man dann auf dem Sterbebett von den Gefährten gefragt wird.

In AN X,51 wird erwähnt, dass man Selbstprüfung hinsichtlich heilsamer Eigenschaften üben möge, d.h. ob man gierig, gehässig, matt-müde, aufgeregt-unruhig, zweifelnd, zornig oder von Leidenschaft befleckt ist, ob man beklommene Spannung verspürt oder ob man träge oder gesammelt ist. In AN X,54 geht die Selbstprüfung dahin, dass man sich hinsichtlich heilsamer Eigenschaften fragt, ob man innere Geistesruhe besitzt, oder den hohen Erkenntnisblick bei den Daseinserscheinungen, und soll dann weiterhin nach Versiegung aller Triebe streben. AM Schluss steht dann die etwas deplatziert wirkende Aussage, nämlich dass der Buddha zweierlei Überlegung lehrt: Hinsichtlich der Kleidung, ob man sie tragen soll oder nicht; hinsichtlich der Speise, ob man sie genießen soll oder nicht; hinsichtlich der Wohnstätte, ob man sie bewohnen soll oder nicht; hinsichtlich Dorf und Stadt, ob man sie besuchen soll oder nicht; hinsichtlich eines Landes, ob man darin leben soll oder nicht; und hinsichtlich eines Menschen, ob man mit ihm verkehren soll oder nicht. Das bezieht sich auf die Reflektionen, die Ordinierte in Bezug auf deren Grunderfordernisse und Umgang zu machen haben, um Luxus als auch Belastung der Unterstützer zu vermeiden, sowie um einen untadeligen Ruf zu bewahren.

Aber auch für Hausleute gibt es laut AN XI,12+13 empfehlenswerte Betrachtungen, nämlich die bereits erwähnten über Buddha, Dhamma, Saṅgha, als auch über die Tugend (sīla), Freigebigkeit (cāga) und die Himmelswesen (devatā).

In XI,14 wird der Rat gegeben, Achtsamkeit hinsichtlich Buddha, Dhamma und edler Freunde zu vergegenwärtigen.

Wie ist im Prinzip bei allen diese vielen Arten von "Meditationstechniken" vorzugehen? Man übt sich nach der Methode, wie sie im Satipaṭṭhāna-Sutta, also bei der "Vergegenwärtigung der Achtsamkeit" geschildert wird:

innerlich / bei bzw. in sich (selber) / persönlich / subjektiv (ajjhatta) und
äußerlich / bei anderen / Gegebenheiten / Umstände / objektiv (bahiddhā).

 

Die Atembetrachtung als "Sonderfall"

Zu dieser Art der Meditation gibt es bereits tausende Seiten Papier. Es wäre müßig, hier nochmals alles aufzuwärmen. Daher nur ganz systematisch:

  1. es wird empfohlen, sich in die Abgeschiedenheit zu begeben,
  2. sich hinzusetzen,
  3. den Körper gerade aufgerichtet zu haben und
  4. die Achtsamkeit vor sich gegenwärtig zu halten. Das Pāli-Wort heißt pari-mukhaṃ und bedeutet "um den Mund herum", also in Höhe des Mundes - vor sich.

Das Sitzen hat also seinen Grund. Der Körper wird in eine stabile Position gebracht. Liegen ist zwar auch recht "stabil", aber die Gefahr des Einschlafens ist doch zu groß. Viele Übende haben sich noch nie Gedanken gemacht, was Sitzen eigentlich ist, wie das funktioniert, WAS da passiert - schon gar nicht, WARUM sie sitzen. Sitzt man auf einem Stapel Kissen oder zu weich, kommt man schnell ins Kippeln, also Unruhe kommt auf. Instabilität der Körperpositur zieht einen unruhigen, eben instabilen Geist nach sich. Wie wir bereits feststellen mussten, hängen (und wirken) Körper und Geist unmittelbar zusammen. Sitzt man zu tief, kann es sein, dass die Beine im "Schneidersitz" nicht entspannt sind, d.h. die Knie liegen nicht auf. Die Spannung in den Oberschenkeln wird so groß, dass sich unweigerlich Schmerz einstellt. Kniebeschwerden sind ebenfalls sehr bekannt und gefürchtet. Es ist keine Schande, sich die Sitzhöhe mittels Bänkchen anzupassen und die Knie mit Kissen zu unterbauen. Sieht es "doof" aus - na und? Wer sieht das denn? Und: sollen wir nicht alle auf unser eigenes Plätzchen schauen?

Was unter "Achtsamkeit" (sati) zu verstehen ist, kann hier nicht erschöpfend behandelt werden, ist aber hier bereits besprochen worden. Nur kurz: man richtet seine Aufmerksamkeit auf die Gegend "um den Mund herum", also am besten dahin, wo man den Atem in den Körper hinein und heraus strömen fühlt. Dieses Dahin-Spüren ist unglaublich wichtig. Es wird zum Gradmesser unserer Konzentration. Je größer diese ist, um so mehr Details erkennt man an dem Ort, an den die gesamte Aufmerksamkeit gerichtet ist. Man fokussiert und richtet also seine Geisteskraft. Zwei Faktoren, die bei ausreichend Übung klar voneinander erkennbar sind. Um es bildlich auszudrücken: Die Kontaktfläche der Luftströmung wird zum "Wetzstein" unseres "Messers" der Konzentration. Mithilfe eben jenes Messers schneiden wir immer tiefer, dringen immer tiefer in Details vor, die uns bislang völlig verborgen blieben.

Dieser Wetzstein ist unser Ausgangspunkt bei der Meditation, unser Zufluchtsort, wenn wir abgelenkt sind, unser Gradmesser, unser ständiger treuer Begleiter. Ānāpānasati ist der Kult, bei dem die üblen Einflüsse aus dem Herz heraus gerissen werden. Auf dem Altar der Achtsamkeit opfern wir die Unwissenheit. Auf dem Richtblock der Erkenntnis, werden unsere unheilsamen Tendenzen geköpft. Und die Kontaktfläche des Atems wird zum Friedhof unserer geistigen Unreinheiten.

Die Praxis der Atemachtsamkeit bewirkt, wie bereits unter dem Stichwort Geistesruhe-Meditation behandelt, beides: die Beruhigung und Sammlung des Geistes, als auch das Aufsteigen von Erkenntnissen - samatha und vipassanā.

Wohin wir tendieren, das wäre zu prüfen, abzuwägen. Was wollen wir erreichen? Das sollte die erste Frage sein. Wollen wir Versenkungsstufen erreichen oder lieber Einblickserkenntnisse? Sich ganz rigoros nur für das eine zu entscheiden und alles andere als überflüssig zu verwerfen ist sicherlich falsch, kommt aber leider vor. Wer die Fähigkeit, das Talent hat, den Geist zu sammeln, der möge das ruhig üben, bis er es beherrscht. Aber derjenige sollte nicht vernachlässigen, auch nach Erkenntnis zu streben. Denn wie bereits gesagt, mit einem durch Jhāna-Erreichung geklärten Geist lässt es sich ganz ausgezeichnet Vipassanāüben.

Der technische Ablauf ist relativ simpel: achtsam ein- und ausatmen.

a) zuerst ist zu unterscheiden, ob man kurz oder lang ein- und ausatmet. Es steht deutlich da: pajānāti, das heißt "verstehen", "wissen". Erst wenn man das klar verstanden hat, dann sollte man zum nächsten Schritt übergehen.
Manchen Übenden erscheint das derart primitiv, dass sie sich verächtlich ein anderes "lohnenswerteres" Objekt suchen. Wer sich derart überschätzend an die Praxis der Meditation begibt, wird sich bald eines Besseren belehren lassen müssen. Es nämlich gar nicht so leicht, ganz genau zu "verstehen", zu "wissen", ob man gerade JETZT lang (bzw. kurz) ein- oder ausatmet. Wie die Qualitäten des Luftstromes sind, wo und wie groß das Areal des Kontaktes ist und, und, und ... Es gibt da unglaublich viel zu "entdecken".
Dabei ist der Atem ist aber auf gar keinem Fall zu verfolgen. Weder ist darüber zu spekulieren, wo er herkommt, noch wo er hingeht. Interessant ist einzig und allein die Kontaktfläche des Körpers, wo der Luftstrom auftrifft, wo man ihn spürt. Dort "trennt sich die Spreu vom Weizen".
b) 'Den ganzen Körper klar empfindend, will ich ein- und ausatmen' so übt man sich. Der gravierende Unterschied zum vorherigen Teilschritt ist, dass hier ÜBEN (sikkhati) steht, statt "wissen" bzw. "erkennen". Man muss sich also darin üben, den Körper klar zu empfinden. Die Betonung liegt des weiteren auf "klar". Den (eigenen) Körper klar zu empfinden scheint demnach keine so leichte Aufgabe zu sein. Manche Lehrer meinen, es handle sich hier um den "Atemkörper". Sie beziehen sich auf das Empfinden des Atems hinsichtlich Anfang, Mitte und Ende der einzelnen Atemzüge. Davon steht aber nichts in der Lehrrede. Weder hier, noch im Ānāpānasati-Sutta (MN 118) selber. "Atemkörper" ergibt auch wenig Sinn, wenn man um Beschaffenheit und Ablauf des komplexen Vorganges "Atmen" weiß, ist doch der Atem weniger "grob" als der Körper selber. Und wurde nicht gesagt, dass die Entwicklung vom Groben zum Feineren hin vonstatten geht?
Den Körper in seiner Gesamtheit empfindend, als eine kompakte "Masse", ist anfangs gar nicht so einfach. Man reagiert zu schnell (gewohnheitsmäßig) auf einzelne Empfindungen. Mancher fragt sich, wie das sein kann, seine Konzentration auf den Atem gerichtet habend, den gesamten Körper zu empfinden. Bildlich ließe sich das so darstellen: Da steht der Fluglotse im Tower vor seinem Pult und betrachtet den Monitor mit den Positionen der Flugzeuge (= Kontaktfläche des Atemstromes). Jetzt macht er sein Gesichtsfeld weit, (öffnet den Fokus) und überblickt sein Pult, den Kontrollraum samt Flugfeld. Das geht nur bei ausreichender Konzentration. Gelingt es nicht, den Körper als Gesamtes wahrzunehmen, so kehrt man eben zum Ausgangspunkt zurück und schärft weiter die Konzentration - und probiert es wieder. Es geht nicht darum, sich etwas zu visualisieren! Dass man sich "ein Bild macht", kommt vor. Es kann sein, dass man den gesamten Körper da sitzen "sieht". Dass man einen Körper "sieht", der einer Buddhastatue ähnelt usw. Es geht aber nicht darum, sich ein Bild zu machen, sondern etwas zu empfinden. Keine Einzelheiten, sondern den gesamten Körper - so wie er eben ist. Reaktionslos, emotionslos. "Sehen ohne zu sehen" könnte man das bezeichnen. Wir erinnern uns an die Anweisung an den Asketen Bāhiya? Anfangs dürfte es sich nur um eine Art unklar umrissene Kontur handeln, was man "sieht" aufgrund der Empfindung. Man gibt aber diesem geistigen "Bild" keine Beachtung, sondern lernt zu verstehen, dass der Geist Bilder schaffen kann, Ab-bilder, künstliche Ge-bilde.
c) 'Die Körperfunktion beruhigend, ein- und ausatmen will', so übt man sich als nächstes. Es wird also der Atem beobachtet, als auch (in Maßen!) der Wille eingesetzt, den Körper zu beruhigen. Durch das Sitzen ist dazu schon eine gute Voraussetzung geschaffen. Wenn der Körper sich beruhigt, dann beruhigt sich auch der Geist. Der Atem beruhigt sich, das ist klar zu empfinden.
Hierzu heißt es im Paṭisambhid?-Magga: Was ist Körpertätigkeit? Die langen Ein- und Ausatmungen, die kurzen Ein- und Ausatmungen, die von Empfindung des ganzen Atemkörpers begleiteten Ein- und Ausatmungen, - dies sind körperliche Vorgänge. Diese Dinge sind, als sich am Körper vollziehend, Körpertätigkeiten. Bei diesen Körpertätigkeiten übt er sich in ihrer Beruhigung, Stillung und Besänftigung. Wenn nun bei diesen Körpertätigkeiten ein Hin- und Herneigen, Zusammenziehen und Strecken, Bewegung, Erregung, Vibrieren und Erzittern des Körpers vorkommt, so übt er: Die Körpertätigkeit beruhigend, will ich ein- und ausatmen.
d) 'Die Freude klar empfindend, will ich einatmen ... ausatmen', so übt man sich. Eine ganz bestimmte Gemütsstimmung empfinden zu wollen, dürfte nicht einfach sein. Denn gerade das Wollen wird dies verhindern. Aber wird der Geist beruhigt, steigt in den meisten Fällen "Verzückung", also Freude und Glücksgefühl auf. Und hier ist die Weggabelung für Samatha und Vipassanā. Ein erhebendes Gefühl der Freude (pīti) ist das Merkmal im ersten Jhāna.
e) 'Das Glück klar empfindend, will ich einatmen ... ausatmen', so übt man sich. Ruhiges durchdringendes Glücksgefühl ist das Merkmal im zweiten Jhāna. Der Vipassanā-Übende wird BEIDE Empfindungen als bedingt entstanden weiter beobachten, nicht daran anhaften. Das öffnet den Weg zu subtileren Ebenen. Nicht, dass dies bei Versenkungsübenden auch der Fall wäre. Das Glück wird durch Gleichmut ersetzt, was eine sehr hohe Qualität der Erreichung ist, aber mit Erkenntnis hat auch Upekkhā nicht viel zu tun.
Ein fähiger Meditationsbegleiter bzw. -lehrer ist in der Lage, Talent und Potential des Übenden einzuschätzen, um den größtmöglichen Fortschritt erzielen zu lassen.
Das Aufsteigen von "optischen" Effekten tritt auf dieser Ebene auf. Es sind, wie bereits gesagt, "nur" Abbilder (nimitta), Zeichen der geistigen Klarheit. Und eben jene Klarheit ist das Qualitäts-Merkmal der "Bilder". Man kann mit diesen Bildern arbeiten, sie also benutzen, man kann sie auch ignorieren. Sie zu etwas Schlechtem abzustempeln oder sogar zu bekämpfen, ist sicherlich falsch. Viele Praktizierende machen sich viele Gedanken um ihr "Nimitta", gerade so, als sei dies eine absolute Notwendigkeit, etwas unerhört Wichtiges, etwas zwingend Vorgeschriebenes. Wäre es vorgeschrieben, stünde davon etwas im Text.
f) 'Die Geistesfunktion klar empfindend, will ich einatmen ... ausatmen' so übt man sich. Es wird also das Funktionieren des Geistes beobachtet. Wie bereits gesagt, geht das nicht ohne ein Minimum an Konzentration. Da es sich um ein graduelles Wachstum handelt, sind die einzelnen Schritte eben so lange zu üben, bis sie völlig klar sind, wie der Text ja auch sagt.
g) 'Die Geistesfunktion beruhigend, will ich einatmen ... ausatmen' so übt man sich. Hat man also die Funktion des Geistes (wie man "tickt") verstanden, so ist es ein Leichtes, diesen zu beruhigen. Die Kenntnis von Ursache und Wirkung scheint unabdingbar zu sein. Ebenso die Kenntnis diverser Begriffe und deren Wechselbeziehung zu einander.
h) 'Den Geistzustand klar empfindend, will ich einatmen ... ausatmen' so übt man sich. Hinsichtlich des Geistzustandes, der Geistzustände, ist ebenfalls schon einiges gesagt worden. Dass es sich auf dieser Ebene nicht mehr um grobe Phänomene handeln kann, dürfte klar sein. Das Thema der Nīvaraṇā, der fünf gröberen geistigen Hemmnisse, haben wir bereits hinter uns. Jetzt geht es ans "Eingemachte", die feineren Befleckungen des Geistes, die Uppakilesā. Einerseits ist das Studieren eine geistige Fessel, andererseits kommt man ohne die Beschäftigung mit den speziellen Begriffen des Dhamma nicht aus. Ist doch Dhammavijāya, die Lehrergründung, eines der sieben Bojjhaṅgā. Es dürfte klar sein, dass es ein Balanceakt ist.
i) 'Den Geist erheiternd, will ich einatmen ... ausatmen' so übt man sich. Das ist ein bemerkenswerter Schritt. Zumal bereits unter d) und vor allem e) freudvolle Zustände im Geist erreicht wurden. Warum wohl ist der Geist "nochmals" zu erheitern? Man kann in den Lehrreden nachlesen, dass sich ein Geist, der erheitert ist, leichter sammelt. Und genau das ist nämlich der nächste Schritt.
j) 'Den Geist sammelnd, will ich einatmen ... ausatmen' so übt man sich. Dass sich ein erfreuter bzw. erheiterter Geist schneller bzw. besser sammelt, das ist uns bei ausreichend Übung hinreichend klar geworden. Vielleicht erfolgt dieser Schritt hier, um eine Art Schwung zu holen für den nächsten, den alles entscheidenden.
k) 'Den Geist befreiend, will ich einatmen ... ausatmen' so übt man sich. Denn das ist nun wirklich nicht so einfach zu bewerkstelligen. Zuerst einmal die Frage: "Wovon ist denn der Geist zu befreien? Die Nīvaraṇā sind weg, die Uppakilesā sind weg, die Bojjhaṅgā sind in aller Pracht entfaltet. Was gibt es noch zu tun?"
Die drei zugrundeliegenden Tendenzen (āsavā), die Wurzeln des Daseins also, DIE gilt es auszuroden, davon ist der Geist zu befreien. Ist das getan, so gibt es nichts mehr zu tun. Und genau das ist auch der Wortlaut in den Suttas, wen die sog. Heiligkeit erreicht wurde. "Dies ist meine letzte Existenz. Nichts gibt es mehr zu tun."
l) 'Die Vergänglichkeit betrachtend, will ich einatmen ... ausatmen' so übt man sich. "Schon wieder Vergänglichkeit!" stöhnen die Praktizierenden jetzt auf. Wie es scheint, ist die Betrachtung der Vergänglichkeit etwas essentiell Wichtiges, da dies so oft genannt wird.
m) 'Die Leidenschaftslosigkeit betrachtend, will ich einatmen ... ausatmen' so übt man sich. Das Thema Virāga wurde weiter oben schon beschrieben.
n) 'Die Erlöschung betrachtend will ich einatmen ... ausatmen' so übt man sich. Nirodha haben wir ebenfalls bereits behandelt. Warum aber das Erlöschen nicht als letzte Betrachtung erscheint, ist unklar.
o) 'Die Entledigung betrachtend, will ich einatmen ... ausatmen' so übt man sich. Paṭinissagga bedeutet Aufgeben, Entsagen, Verzicht. Wieder ein Stein des Anstoßes. Warum kommt Verzicht, Entsagen und Aufgeben nach dem Erlöschen?

Dass die Buddhalehre mitunter nicht logisch nachvollziehbar ist, dürfte spätestens jetzt klar sein. Aber das mag den Übenden nicht verwirren. Wichtig ist, dass die Achtsamkeit auf dem Atem eine Art Stufenweg darstellt, nämlich vom Groben zum Subtilen. Auch kann man Ānāpānasati als Übung einordnen, die alles andere an verschiedenen Praktiken mit einschließt. Eine Übung, die sowohl zu Geistesruhe (Konzentration) als auch zur Erkenntnis führen kann. Ob und wann diese Ergebnisse sich zeigen, das ist allerdings nicht berechenbar. Am Ende des Satipaṭṭhāna-Sutta (MN 10) steht allerdings, dass es zwischen sieben Jahren und sieben Tagen dauern kann. Dass man alle der zehn Übungen des Girimānanda-Sutta zu üben hat oder nur eine, das dürfte eine Art Geschmackssache sein. Sicher ist, dass Ānāpānasati das Potential hat, für alle Menschen tauglich zu sein, egal ob ordiniert oder nicht. Und: Egal wie weit man auf dem spirituellen Weg voran kommen möchte - Ānāpānasati ist nie die falsche Wahl.

Nochmals zur Erinnerung bzw. als Ansporn die Verheißung aus MN 10:
"Sollte jemand die vier Vergegenwärtigungen der Achtsamkeit auf solche Weise sieben Jahre lang entfalten, kann eine von zwei Früchten für ihn erwartet werden: entweder letztendliche Erkenntnis hier und jetzt, oder, wenn noch eine Spur von Anhaften übrig ist, Nichtwiederkehr."

Aber damit nicht genug! Der Buddha fährt fort, indem er von 7 Jahren bis auf sage und schreibe nur noch 7 Tage herunter zählt! Das scheint demnach das absolute Minimum zu sein, um die letztendliche Erkenntnis, d.h. die Heiligkeit nach buddhistischem Verständnis zu erlangen. Das bedeutet im Umkehrschluss allerdings nicht, dass jeder, der meditiert nach spätestens 7 Jahren das selbe erreicht. Es gibt schließlich Gründe und Umstände, die das verhindern können. Und die sollte man unbedingt kennen, um sie abstellen, zumindest aber eindämmen zu können.

Ein besonderes, wenn auch spätkanonisches Werk, ist der Paṭisambhidāmagga, d.i. "Der analytische Weg". Damit ist zwar keine Meditationsart gemeint, sondern es ist eine recht ausführliche, manchmal schwer verständliche kommentarielle Ausarbeitung einiger Lehrreden, unter anderem von MN 10.

 

Plus und Minus

Hinderliches

Schaut man sich mal die in den Texten (und demnach auch hier) aufgelisteten Hindernisse, Hemmnisse, Störfaktoren und dergleichen an, entsteht der Eindruck, dass es davon scheinbar mehr gibt, als Förderliches.

Die geistigen Hemmnisse (nīvaraṇā)

Damit werden die "normalen" 5 bzw. 7 Hindernisse bezeichnet, die man als "Geistobjekte" (dhammā), und zwar in der Reihenfolge wie in MN 10 angeführt, zu ergründen hat. Der heftigste Widerstand der Meditation ist die Boshaftigkeit, d.h. der Hass (vyāpāda), wo als Antidot die Entfaltung von Güte (mettā) genannt wird.

Dann kommt die Sinneslust bzw. die Sinnlichkeit (kāmacchanda). In AN VI,23 steht, dass jemand, der in Sinnengier entbrannt ist, der in seiner Begehrlichkeit verstrickt ist, nicht frei von den Gefahren gegenwärtigen als auch künftigen Daseins wird. Und in AN VIII,56 werden die Sinnenlüste, als Leiden, Krankheit, Geschwür, Stachel, Fessel, als Morast und als Brutstätte bezeichnet. Als Antidot werden hier Sterbebetrachtung (maraṇānussati) und die der Unattraktivität (asubhasaññā) genannt.

Drittes Hemmnis ist eine Doppelnennung, nämlich Mattigkeit und Müdigkeit (thīna-middha), mitunter auch als Schlaffheit und Trägheit bezeichnet. Als Antidot wird die Betrachtung von Buddha (buddhānussati), die Lehrergründung (dhammavijāya) usw. empfohlen. Zur Überwindung der Schläfrigkeit gab der Buddha laut AN VII,58 folgende Ratschläge: man möge das Meditationsobjekt, bzw. die Art der Betrachtung wechseln. Wenn das nicht hilft, möge man über die Lehre nachdenken, sie erforschen. Wenn das nicht hilft, möge man die Texte rezitieren. Hilft das auch nicht, möge man sich an beiden Ohren ziehen, sich schütteln, sich reiben. Wenn das auch nicht hilft, möge man aufstehen und sich (kalt) waschen (zumindest das Gesicht). Hilft das auch nicht, möge man die Vorstellung von Licht (ālokasaññā) entfalten. Hilft das auch nicht, möge man Gehmeditation mit nach innen gerichtetem Geist üben. Und als letztes Mittel, wenn also alles andere versagt, möge man sich achtsam hinlegen (auf die rechte Seite), und an das Aufstehen denkend, schlafen.

Auch das vierte Hemmnis ist ein doppeltes, nämlich Aufgeregtheit und Gewissensunruhe (uddhacca-kukkucca). Dieses Gefühl, aufgekratzt zu sein, innerlich aufgewühlt, besorgt usw. all das zählt hierzu. Als Antidot wird Tugendbetrachtung (sīlānussati), Gehmeditation, Chanting (d.i. Rezitieren) usw. empfohlen.

Fünftes Hemmnis ist dann der skeptische Zweifel (vicikicchā). Wichtig ist hierbei zu wissen, was den skeptischen vom "normalen" ("Gesunden") Zweifel unterscheidet. Skeptischer Zweifel wird zum Hemmnis, sobald man am Buddha oder an dessen Lehre zweifelt, wenn man bezweifelt, dass die Lehre bei irgendwem zu eben jenem gewünschten Erfolg geführt hat oder führen wird. Daher dient als Antidot ja auch die Lehrergründung (dhammavijjāya) bzw. der Lehrvortrag (dhammadesana). Auch die Rezitation grundlegender Lehrreden ist durchaus nützlich.

Weitere Hemmnisse sind laut Paṭisambidāmagga die Unwissenheit als solche und die Unzufriedenheit, sowie eben "alle" unheilsamen Dinge (in Gedanken, Worten und Werken.

Die geistigen Befleckungen (kilesā)

Da trifft man (mal wieder) auf die "üblichen Verdächtigen", wobei hier die Gier (lobha) als erstes genannt wird. Dazu rechnet man allerdings alle Arten, Formen, Ausprägungen von Mögen, (Haben)Wollen, Zuneigung usw. Das Begehren ist einer der zugrundeliegenden Einflüsse, bzw. Tendenzen. Gegenmittel zur Gier gibt es viele, je nachdem, worauf sich eben die Gier richtet.

An zweiter Stelle steht dann das Gegenteil davon, der Hass (dosa), mit all seinen Arten des Nichtmögens, der Abneigung bzw. Ablehnung. Auch er ist einer der zugrundeliegenden Einflüsse bzw. Tendenzen. Als Antidot gilt allgemeinhin die Übung von Güte bzw. Wohlwollen (mettā).

Als drittes wird die Verblendung (moha) genannt. Und die ist nicht so einfach zu überwinden. Hierzu zählt alles von Unwissenheit bis hin zur Ignoranz, d.h. das Nicht wissen wollen. Und das ist dann die schlimmste Form. Auch Denkweisen wider besseren Wissens kann man hinzurechnen. Auch die Verblendung gilt als zugrundeliegender Einfluss d.h. Tendenz. Ebenfalls zu bedenken ist "Dummheit" als karmisch gewirkter Umstand. Auch geistig behindert zu sein, kann durchaus als karmischer Umstand betrachtet werden, wie z.B. im Fall von übermäßigem Alkohol in der vorherigen Existenz. Dass Kinder von Alkoholikern bzw. Drogensüchtigen mit Behinderungen geboren werden, ist kein Geheimnis. Gegen Unwissenheit hilft Lernen, d.h. am besten die Lehrergründung, am effektivsten mit Lehrern.

Die Verdrehtheit (vipallāsa) ist als abgeschwächte Form der Verblendung zu sehen. Auch hier ist das Antidot die Lehrergründung (dhammavijjaya).

Das nächstwichtigere Hemmnis ist zweifellos der Dünkel (māna). Er basiert auf Persönlichkeitsansicht (sakkāya-diṭṭhi), was als falsche Ansicht (diṭṭhi) bekannt ist. Auch der auch, Überheblichkeit und/oder dieses Denken "ich bin", egal ob mit der Wertung "besser, schlechter oder gleich" verbunden, zählt zum Dünkel. Aber was hilft dagegen? Da muss man den Aufhänger eben jenes Dünkels ausfindig machen und dann die entsprechende Kontemplation entfalten bzw. üben. Beim Stolz wäre das die Übung von Mitgefühl (karuṇā). Oft gelingt die Überwindung des Dünkels auch mithilfe der Übung von Güte bzw. Wohlwollen (mettā). Ist man besonders stolz bzw. eingebildet auf Besitztümer, sollte man sich der Betrachtung der Vergänglichkeit (aniccasaññā) widmen.

Dass man Ansichten (diṭṭhi) hat, ist ja völlig normal. Sie werden erst zu Hemmnissen, wenn es falsche sind, und/oder wenn man daran anhaftet. Im Paṭisambhidāmagga gibt es eine Auflistung von Ansichten Da gibt es hedonistische Ansichten, die Ansicht von einer Seele, üble Ansichten, die Persönlichkeitsansicht, die Ewigkeitsansicht, die Vernichtungsansicht, extreme Ansichten usw., insgesamt 16 Arten werden da angeführt und auch die entsprechenden Erläuterungen dazu. Als Antidot ist zweifellos die Einsichtsmeditation (vipassanā) zu nennen.

Das nächste Hemmnis ist dann der Zweifel (kaṅkhā). Der skeptische wurde ja bereits unter den Nīvaraṇā genannt. Der Unterschied liegt "ganz einfach" im Ausmaß der Unwissenheit, was eine geistige Unsicherheit, also Instabilität bewirkt. Als Antidot ist natürlich die Lehrergründung, bzw. Lehrgespräch (dhammadesana) zu nennen

Geistige Starrheit ([ceta]khila, thambha) ist selbstverständlich auch ein geistiges Hemmnis. Der sprichwörtliche Sturkopf ist nicht zu Einsichten fähig. Übrigens gilt Starrheit als Variante von Stumpfheit (thīna), was bereits unter den Nīvaraṇā besprochen wurde. Das Gegenteil ist die geistige Beweglichkeit bzw. Geschmeidigkeit, d.h. Flexibilität (maddava/mudutā). Auch hier ist als Antidot die Lehrergründung zu nennen, als auch Rezitation und die Übung der Mitfreude (muditā).

Des Weiteren erscheint die Aufgeregtheit (uddhacca) erneut als einzelnes Hemmnis. Hierzu zählt jede Form von Stress, Kummer und Sorge. Als Antidot wäre die Gehmeditation (caṅkama), das Chanting usw. zu empfehlen.

Die Schamlosigkeit (ahirika) gilt insofern auch als Hemmnis, weil sie der Untugend Tür und Tor öffnet. Hierzu rechnet man die obszöne Rede bzw. Kleidung bzw. derlei Benehmen bzw. Verhalten. Auch Respektlosigkeit gegenüber anderen, vor allem aber gegenüber dem Buddha, Dhamma und Saṅgha sind gravierend. Als Antidot wird die Tugendbetrachtung (sīlānussati) empfohlen.

Die Gewissenlosigkeit (anottappa) ist wie die Schamlosigkeit eine Basis für allerlei Untugend bis hin zu Verfehlungen jeglicher Art, die sich aus dem eigenen Denken, Sprechen und Handeln ergeben. Das Nichteinsehen von Fehlern wird hier ganz besonders hervor gehoben. Üble Rede, Nachrede, Hintertragen, Petzen usw. sind alles Formen von Gewissenlosigkeit. Als Antidot gilt auch hier die Betrachtung der Tugend (sīlānussati).

Die feineren Hemmnisse (uppakilesā)

werden auch "Trübungen" oder Befleckungen genannt. Laut AN I,11 ist das Bewusstsein rein, und erst die hinzutretenden Befleckungen machen es unrein. In MN 7 wird gesagt, dass Habgier, Übelwollen, Zorn, Störrigkeit Befleckungen sind. Laut AN IV,128 sind es die bereits erwähnten 5 Nīvaraṇā.

Als Trübungen der Einsicht (vipassanā-uppakilesā) werden im Visuddhimagga Lichtglanz (d.i. das nimitta), Erkennen, Begeisterung, Frieden, Glücksgefühl, Entschlossenheit, Kraft, Besonnenheit, Gleichmut und geistige "Lust" genannt.

Weitere Hemmnisse

werden als solche a.a.O. genannt. Darunter zählen dann Familie bzw. Angehörige, das Studium als auch das Lehren, Ruhm und Ehre, d.h. Ansehen bzw. Berühmtheit, Schüler, ein fester Wohnsitz sowie gute Verpflegung. Man darf das aber nicht mit dem Anhaften daran verwechseln, auch wenn Anhaften als solches ebenfalls ein Hemmnis ist!

Laut AN V,89 ist Gefallen an körperlicher Arbeit, das Plaudern, Schlafen und die Geselligkeit ein Hemmnis, sowie das Nichtbedenken, inwieweit Befreiung erlangt wurde.

Laut AN V,90 gilt als Hemmnis, wenn man viel geschäftig ist, wenn man viel zu tun hat, in allerlei Arbeiten bewandert ist, wenn man Abgeschiedenheit meidet, sich nicht der inneren Ruhe widmet, wenn man den ganzen Tag einer nichtigen Arbeit nachgeht usw. Wenn man in Geselligkeit lebt, z.B. in unpassender Laiengesellschaft usw. Wenn man früh ins Dorf geht und erst spät zurückkommt usw. Wenn man förderliche Gespräche meidet usw.

Laut AN V,113 gilt als Hemmnis, wenn man nicht standhaft bei Formen, Tönen, Düften, Geschmack und Berührung ist, d.h. wenn man seine Sinnestore nicht bewacht.

Ähnlich gelagert der Fall, wenn man laut AN V,206 den Geistesumstrickungen (cetaso vinibandhā) erlegen ist, was auch in MN 16 erwähnt wird. Das bedeutet, wenn man hinsichtlich der Sinnesdinge nicht frei von Gier, Verlangen, Zuneigung, Durst, Leidenschaft und Begehren ist, wenn man hinsichtlich des Körpers nicht frei von Gier usw. ist, wenn man hinsichtlich der Formen (der Außenwelt) nicht frei von Gier usw. ist, wenn man nach Herzenslust gegessen hat, und dann dem Schlafen frönt, als auch, wenn man den Reinheitswandel nur in der Hoffnung auf himmlisches Dasein führt.

Laut AN V,264 kann man die Vertiefung nicht erreichen, wenn man eifersüchtig ist auf Wohnstatt, hinsichtlich der Unterstützerfamilie(n), hinsichtlich von Gaben und Geschenken (Zuwendungen), hinsichtlich des Ansehens aber auch, wenn man bezüglich Undank und Unerkenntlichkeit, sowie Anerkennung und Würdigung eifersüchtig [als auch neidisch] ist.

Laut AN VI,31 sind Gefallen an körperlicher Arbeit, am Plaudern, am Schlafen, an Geselligkeit, sowie unbewachte Sinnestore und Unmäßigkeit beim Essen schädliche Dinge.

Laut AN VI,72 gilt als Hemmnis, wenn man ungeschickt ist, in die Vertiefung einzutreten, wenn man ungeschickt ist, darin zu verweilen, sich daraus zu erheben, wenn man nicht eifrig [genug] übt, wenn man nicht beständig übt, wenn man Unzuträgliches tut [als auch sagt und sogar denkt].

Laut AN VI,74 kann man nicht die 1. Vertiefung (jhāna) erlangen, wenn man begehrliche, gehässige, schädigende Gedanken als auch Vorstellungen hat.

Laut AN VI,76 ist keine Heiligkeit zu erlangen, wenn da noch Dünkel, Minderwertigkeitsdünkel, Überlegenheitsdünkel oder Eigendünkel, sowie Störrigkeit und erniedrigende Unterwürfigkeit anzutreffen ist.

Laut AN VI,77 ist kein höchster Erkenntnisblick bei Unachtsamkeit, bei geistiger Unklarheit, bei unbewachten Sinnestoren, bei Unmäßigkeit beim Essen, bei Heuchelei und Prahlsucht möglich.

Laut AN VI,83 ist für die Heiligkeit hinderlich, wenn man vertrauenslos ist, schamlos, gewissenlos, träge, unweise als auch besorgt um Leib und Leben.

Laut AN VI,84 gibt es Rückschritt bei denen, die viele Wünsche haben, die verdrossen sind, die unzufrieden sind mit allem, was sie bekommen, die vertrauenslos sind, träge, unachtsam und unweise.

Laut AN VI,86 ist man außerstande, die Gewissheit zu erlangen, wenn man durch Karma, d.h. die Tatauswirkungen (vipāka) und Leidenschaft(en) behindert ist, wenn man kein Vertrauen, keine Willenskraft und keine Weisheit hat. Oder wenn man laut AN VI, 87 einst Muttermord, Vatermord oder Heiligenmord begangen hat, wenn man das Blut eines Buddha vergossen oder eine Ordensspaltung bewirkt hat, wenn man keine Weisheit besitzt, sondern Dummheit und Stumpfsinnigkeit.

Dann werden noch Lähmungen erwähnt, die dem Gegenteil der fünf Tugendregeln (sīla) entsprechen.

Dann werden in AN V,205 und AN X,14 die Geistesverhärtungen bzw. -umstrickungen (cetokhila) genannt, nämlich wenn man hinsichtlich des Meisters, der Lehre, der Gemeinschaft und/oder der geistigen Schulung schwankt bzw. zweifelt, wenn man ärgerlich bzw. unzufrieden ist, wenn man auf oder wegen der Gefährten aufgebracht bzw. verstockt ist, wenn man hinsichtlich der Sinnesdinge, des Körpers, der Formen (Außenwelt) mit Gier, Verlangen, Zuneigung, Durst, Leidenschaft und/oder Begehren reagiert, wenn man nicht maßhält beim Essen und dann dem Schlafen frönt, als auch, wenn man den Reinheitswandel nur in der Hoffnung auf himmlisches Dasein führt.

Es gibt laut AN X, 72 auch Störungen der Meditation. Als Nr. 1 gilt hier Geräusch(e). Wer die Betrachtung der Unattraktivität pflegen will, für den ist die Beschäftigung mit einer angenehmen Vorstellung eine Störung. Wer seine Sinnestore bewacht, für den ist Schauspiel eine Störung. Wer zölibatär leben will, für den sind Gedanken an das andere Geschlecht eine Störung. Geräusch (saddā) ist im 1. Jhāna eine Störung, Objekterfassen und Objektbefassen (vitakka-vicāra) im 2. Jhāna, Freude (pīti) im 3. Jhāna, Ein- und Ausatmen (ānāpana) im 4. Jhāna, für die Aufhebung von Wahrnehmung und Gefühl, d.h. für das Erlangen des Erlöschungszustandes (nirodhasamāpatti) ist eben Wahrnehmung und Gefühl eine Störung. Ganz pauschal sind Gier, Hass und Verblendung Störungen.

Angesichts derart vieler Hinderungen erscheint Meditation ein nahezu aussichtsloses Unterfangen zu sein. Wo soll man da anfangen?

Wie immer: vom Groben zum Feinen. Zuallererst muss man natürlich bei sich selber anfangen, also die äußeren Umstände, in denen man lebt, bzw. in denen man sich aufhält und die Kreise, in denen man sich bewegt. Dann sollte man seine ethischen Gegebenheiten prüfen, inwieweit diese verbesserungswürdig als auch verbesserungsfähig sind. Dann mag man versuchen, die Nīvaraṇā aufzuspüren, dann die Uppakilesa usw. usf. Das Prinzip ist, erst erkennen, dann beseitigen. Ärger über sich bzw. die Fehler verschafft einem zwar "Luft", bringt aber keinen Fortschritt. Ganz im Gegenteil. Auf einen Fehler noch einen draufsetzen, verschlechtert die Sache. Minus + Minus = noch mehr Minus!

 

Förderliches

Man muss es nicht extra erwähnen, aber als wertvollste Hilfe, um in Sachen Meditation bzw. Erlangung von wenigstens einer der Stufen des Erwachens zu erlangen, gilt die Entwicklung der Faktoren des Erwachens (bojjhaṅgā), die im nächsten Kapitel besprochen werden.

Günstige Lebensumstände sind sehr förderlich. Damit ist die Art des Lebenserwerbes gemeint, also die Arbeit. Diese darf nicht unheilsam sein. Demnach sind Soldaten, Polizisten, Jäger, Tierhändler, Alk-Verkäufer usw. von vornherein benachteiligt. Auch das Maß an Freizeit ist ein wichtiger Aspekt. Sie sollte ausgewogen sein, d.h. Arbeiten, Schlafen, Freizeit bzw. Urlaub sollten ein gesundes Verhältnis haben.

Wenn die vier Grunderfordernisse gesichert sind, man also ausreichend Nahrung hat, d.h. nicht zu wenig und nicht zu viel, wenn sie gesund bzw. geeignet ist usw. Wenn man vernünftige Kleidung hat, d.h. dass man nicht frieren oder schwitzen muss, die sittlich ist, aus geeigneten Stoffen gemacht ist usw. Wenn die Unterkunft gesichert ist, d.h. man ist nicht obdachlos, man wohnt an günstigem Ort, man kann da vielleicht sogar auch praktizieren usw. Wenn die medizinische Versorgung stimmt, d.h. man ist soweit gesund, schmerzfrei usw. Dabei beachte man, dass Krankheit viel Leiden ist, Gesundheit "nur" wenig Leiden.

Als besonders günstiger Umstand ist ein "guter" Lehrer zu betrachten, also einer, zu dem man Vertrauen hat, der reichlich Wissen und Erfahrung hat, der die Fähigkeit(en) zum Lehren hat.

Laut AN IV,246 sind vier förderliche Dinge, der Umgang mit guten Menschen, das Hören der Guten Lehre, weises Erwägen und lehrgemäßes Leben.

Des Weiteren sind begünstigende Faktoren, wenn man Achtung hat vor dem Meister, vor der Lehre, vor der Jüngerschaft, vor geistiger Schulung, vor ernstem Streben, vor freundlicher Hilfsbereitschaft, vor Schamgefühl, vor sittlicher Scheu, wenn man Zugänglichkeit hat, also zugänglich für Belehrung und Ermahnung ist, wenn man edle Freundschaft bzw. edlen Umgang pflegt und wenn man Geistessammlung übt bzw. üben kann.

Laut AN VI, 78 ist zur Triebversiegung förderlich die Freude an der Lehre, an der Geistesentfaltung, am Aufgeben, an Abgeschiedenheit, an der leidlosen Stätte und die am Weltentrücktsein.

Laut AN VI,83 ist für die Heiligkeit förderlich, wenn man Vertrauen, Scham, Scheu, Gewissenhaftigkeit, Willenskraft und Weisheit hat und wenn man unbesorgt um Leib und Leben ist bzw. sein kann.

Laut AN VI,84 hat man Fortschritt, wenn man wenig Wünsche hat, wenn man unverdrossen ist, wenn man zufrieden ist mit allem, was man bekommt, wenn man Vertrauen und Tugend besitzt, sowie Willenskraft, Achtsamkeit, Weisheit.

Laut AN X,11 gibt es als Hilfen für die Erlösung die fünf Eigenschaften Vertrauen, Gesundheit, Ehrlichkeit und Offenheit, voller Willenskraft sein und die Weisheit.

Des Weiteren gibt es förderliche Eigenschaften der Wohnstätte, nämlich wenn diese nicht zu nah oder fern liegt, also günstig zum Kommen und Gehen, wenn sie tagsüber wenig belebt und nachts ohne Geräusch bzw. Lärm ist, wenn es dort nur wenige Bremsen, Mücken, Wind, Sonne und Kriechtiere gibt, wenn man dort die vier Grunderfordernisse mühelos erlangen kann, wenn dort erfahrene Lehrer leben, die man besucht usw.

Dann werden noch zehn schützende Dinge genannt, nämlich wenn man sittenrein ist, wissensreich, wenn man einen edlen Freund, einen edlen Gefährten hat, wenn man der Belehrung zugänglich ist, tüchtig und eifrig in all den großen und kleinen Pflichten, wenn man Liebe zur Lehre hat, wenn man freundlich und umgänglich ist, wenn man Freude an der Lehre und den Vorschriften hat, wenn man Willenskraft aufbringen kann, wenn man mit jederart Grunderfordernis zufrieden ist, wenn man achtsam ist, bzw. mit höchster Achtsamkeit und Besonnenheit versehen ist und wenn man weise ist.

In AN I,35 steht unter der Überschrift "Wege der Meditation", dass wenn man auch nur für einen Augenblick die 1., 2., 3. oder 4. Vertiefung entfaltet, dass man dann nicht vergebens meditiert hat, dass man dann der Satzung des Meisters folgt. Was soll man da erst von jenen sagen, die das häufig üben? Das selbe wird dann hinsichtlich der vier Brahmavihāra, den Vergegenwärtigungen der Achtsamkeit, den vier rechten Kämpfen (d.h. der Willenskraft), den vier Machtfährten, den fünf Fähigkeiten, den fünf Kräften, den sieben Faktoren des Erwachens, dem achtfachen Pfad, den acht Überwindungsgebieten, den acht Freiungen, und den zehn Kasina gesagt.

 

Die Praxis

Wie soll dann die Übung aussehen? Am wichtigste scheint die "Selbstprüfung" zu sein. Dann sind Ursachen zu ergründen. Dann muss man sich eingestehen, nicht perfekt zu sein. Dazu ist Achtsamkeit ist zwingend notwendig. (Nach)Lässigkeit ist oft die erste Ursache, wenn kein Fortschritt erzielt wird. Es heißt nicht umsonst in Sn 334 "Lässigkeit ist Schmutz - und Schmutz auch, was aus Lässigkeit entsteht". Die vier "Rechten Kämpfe" sind das Antidot schlechthin.

"Appamadena, Bhikkhave, sampadethā!"
(Strebet unablässig!)


 


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